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4048 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. — Sprechsaal. ^ 76, 5. April 1910 Am Firmament und niemals untergehn. Denn jenes Dichterwort ist nur ein Wahn, Der oft getrogen: wer genug getan Mit seinem Werk den Besten seiner Zeit, Der Hab' ein Anrecht auf Unsterblichkeit. Wie mancher große Name, dessen Klang, Gefeiert einst, weit durch die Lande drang, Ist längst verhallt! In der Geschichte nur Blieb seines Daseins schattenhafte Spur. Sei's drum! Der Lebende erwarte still, Wieviel von ihm ihn überleben will. Ist doch das Glück so überschwänglich schon, Wenn nah und fern, mit warmem Herzenston Glückwünschend zu den Patriarchenjahren, Eich liebevolle Freunde um uns scharen, Die treu dem alten Freundesbrauche blieben, Den Mann zu überschätzen, den sie lieben. München, März 1910. * Pastor vr. Friedrich von Bodelschwingh -j-. — Ein großer Wohltäter der Menschheit, deren Leidende er gepflegt, deren ver kommene, in sittlichem Halt bedrohte Elemente er durch unermüd liches zielbewußtes Tun dem Segen der Arbeit zugeführt und zu brauchbaren Menschen gemacht hat, Pastor vr. Friedrich von Bodelschwingh, der Gründer der Anstalt Bethel bei Biele feld und vieler anderer wohltätiger Anstalten für innere Mission, ist am 2. April in Bethel gestorben. Friedrich von Bodelschwingh war am 6. März 1831 in Haus Mark bei Tecklenburg in Westfalen geboren, ein Sohn des preußischen Staatsministers Ernst von Bodelschwingh-Velmede (1794—1854), stand also im achtzigsten Jahre seines arbeits- und segensreichen Lebens. Nach unruhigen Anfängen und Versuchen als Bergmann, als Landwirt, als Studierender der Philosophie und der Naturwissenschaften wandte er sich 1854 der Theologie zu und studierte diese in Basel, Erlangen und Berlin. 1858 wurde er Pfarrer der deutschen Gemeinde in Paris, 1864 Pfarrer in Dellwig bei Unna (Westfalen). Die Feldzüge von 1866 und 1870/71 machte er als Felddivisionspfarrer mit. 1872 begann er in Bielefeld sein in der Folge zu größter Bedeutung erwachsenes wohltätiges Wirken für die innere Mission. Der gegenwärtige Bestand der von ihm durch unablässige Mahnung und auf opferndste Arbeit ins Leben gerufenen Stiftungen ist folgender: Die »Anstalt Bethel bei Bielefeld (für Epileptiker; gegen 2000 Kranke), das Diakonissenhaus »Sarepta« mit 980 Schwestern auf 326 Arbeitsplätzen; das »Haus Nazareth« (Erziehungs anstalt für männliche Krankenpfleger, mit 350 Diakonen auf 120 Stationen); die Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf (400 Insassen); das Arbeiterheim (164 Häuser mit 400 Wohnungen); das Missionsseminar für Kandidaten der Theo logie; die Schriftenniederlage Bethel in Gadderbaum bei Bielefeld; die Arbeiterkolonien »Hoffnungstal«, »Lobetal«, Gnadental« bei Bernau unweit Berlin. 1884 verlieh ihm die theologische Fakultät in Halle den Ehrendoktorgrad. Der König und Kaiser zeichnete ihn durch Verleihung des Wilhelmsordens aus. — Vor Jahresfrist betraf ihn ein Schlaganfall. Seitdem hatte er sich vom öffentlichen Wirken zurückgezogen. Ein sanfter Tod endete dieses taten- und fegensvolle Leben. ' Gestorben: am 2. April in Nervi, wo er zu seiner Erholung weilte, unerwartet infolge Schlaganfalls, der Buchhändler Herr Waldemar Hoffmann, Inhaber der hochangesehenen Firma Robert Hoffmann in Leipzig. Der vorzeitig im 59. Lebensjahre dem Leben und seiner Arbeit entrissene hochgeachtete Kollege war der einzige Sohn Robert Hofsmanns, der am 1. Juni 1852 in seiner Vaterstadt Leipzig die Buchhandlung Robert Hoffmann eröffnet hatte. Nach Besuch des Gymnasiums bis zur Reife hatte er zunächst in einjähriger buchdruckerischer Lehre die dem Buchhändler unent behrlichen Kenntnisse in diesem eng verbündeten Geschäftsbetriebe sich angeeignet und darauf im Geschäfte seines Vaters den Buch handel ordnungsgemäß erlernt. Weitere berufliche Ausbildung fand er in den Häusern C. Helf's Sortiment (Lehmann L Mentzel) in Wien, C. Muquardt's Hofbuchhandlung in Brüssel, G. W. F. Müller in Berlin und B. Benda in Vevey. Am Gedenktage fünfundzwanzigjährigen Bestehens seines Geschäfts, 1. Juni 1877, nahm ihn der Vater als Teilhaber in seine Firma Robert Hoffmann auf, am 1. Januar 1879 zog er sich ins Privatleben zurück und überließ dem Sohne das blühende Geschäft zu eige nem Besitz. In treuer, verständnisvoller Arbeit hat Waldemar Hoffmann nicht nur den alten guten Ruf des Hauses treulich gewahrt, sondern den schon bei der Übernahme bedeutenden Um fang des angesehenen Kommissionsgeschäfts um ein Vielfaches vermehrt; die 79 Kommittenten, die das Geschäft bei seiner Be sitzübernahme bediente, haben sich unter seiner umsichtigen Leitung auf gegen 300 vermehrt, ein Beweis des großen Vertrauens, das ihm im Kollegenkreise entgegengebracht wurde. In Waldemar Hoffmann ist ein im Buchhandel allgemein geachteter Kollege unerwartet dahingeschieden, ein Mann von vornehmen, liebenswürdigen Umgangsformen, ein tüchtiger, hoch ehrenwerter Geschäftsmann. Sein Andenken wird im Leipziger und im weiten deutschen Buchhandel unvergessen sein und in Ehren gepflegt werden. Gestorben: »Marie Flegel, Inhaberin einer xylographischen Anstalt 1-.. Diese kurze Notiz las man vor einigen Tagen in den Leip ziger Tageszeitungen. Die xylographische Anstalt war sehr unbedeutend, und es lohnte sich kaum, sie an dieser Stelle zu erwähnen. Aber auf einem anderen Gebiete, das ins besondere den Antiquariatshandel angeht, war die Ver storbene eine hochbedeutende Persönlichkeit. Die Dame be faßte sich mit Restaurierung von Stichen und Büchern, und hierin war sie eine weithin anerkannte Autorität. Wer das Glück hatte, Fräulein Flegel näherzutreten, hat gefunden, daß die Ver storbene eine hochgebildete, schöngeistig veranlagte, kenntnisreiche Dame war. Wohl mit den meisten bekannten Größen Leipzigs stand sie in persönlichen Beziehungen; ihr musikalisches Talent, ihre große Belesenheit machte sie zum Mittelpunkte eines aus erwählten Kreises, dem anzugehören für jeden eine hohe Aus zeichnung war. Hatte man gar Gelegenheit, öfter mit ihr zu verkehren, so bewunderte man ihre bezaubernde Liebenswürdig keit und ihren sonnigen Humor. Ihre Kunst, Bücher und Stiche zu restaurieren, geht leider mit ihr zu Grabe. Es sind keinerlei Aufzeichnungen, wenigstens bis jetzt nicht, aufgefunden worden, und dies bleibt sehr zu be dauern, da nur wenige es verstehen, diese Kunst wirklich gut aus zuüben. Sprechsaal. Vorsicht bei der Bestellung von Zeitschriften! Am 16. Dezember 1909 bestellte ich zur Fortsetzung eine Botanische Zeitung (Verlag Arthur Felix, Leipzig) für 1910, da der bisherige Abonnent bis dahin nicht abbestellte und ich eine Unterbrechung des Abonnements vermeiden wollte, wie dies meines Wissens auch allgemein im Sortiment üblich ist. Anfang Januar, aber wenige Tage vor Eintreffen der Doppelnummer 1-2 bestellte der Abonnent ab. Der Verleger war nun trotz sofortiger Abbestellung nicht zu bewegen, das Abonnement zu sistieren und die Zeitschrift (19 ^ 20 bar) zurückzunehmen. Meine Berufung auf § 10 der Verkehrsordnung erklärte er als nicht zutreffend, da damit nur unverlangt expedierte Fortsetzungen gemeint seien. Ich bitte um Meinungsäußerung, ob der Verleger zur Rück nahme verpflichtet ist. Basel, 31. März 1910. E. Finckh, Akadem. Buchhandlung. Erwidern n Die vorstehende Einsendung dient vielleicht dazu, die unklare Fassung des § 10 der Verkehrsordnung zu beseitigen, die nach meiner Ansicht niemals die gesetzliche Bestimmung alterieren kann, daß Bestelltes auch abgenommen werden muß. Besondere Umstände veranlassen mich in diesem Falle, darauf zu bestehen. Leipzig, 2. April 1910. Arthur Felix.