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^ 24S 19. Oktober 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. VuchhanbLl. 12735 ihrer Kenntnis öer Sachlage heraus bejaht. Durch die Tarif gemeinschaft ist bestimmt worden, daß alle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse durch besondere tarifliche Einrichtungen unter sucht und entschieden werden unter Ausschaltung des ordentlichen Rechtsweges. Diese tariflichen Einrichtungen sind zur Hälfte aus Vertretern öer Arbeitgeber, zur andern Hälfte aus Vertretern öer Gehilfen zusammengesetzt, und zwar bei letzteren nur aus Ver tretern, die vom Verband gewählt werden. Schon diese Tatsache bildet für viele Gehilfen einen starken Anreiz, dem Verband und der beim Verband allein ausschlaggebenden Parteirichtung beizntreten, denn sie sind dann einer wirksamen Vertretung ihrer Ansprüche durch die Gehilfeuvertretcr sicher, während sie umgekehrt als Nicht organisierte oder Mitglieder einer anderen Gewerkschaft mit der ausgesprochenen Feindschaft eben dieser Gehilfenvertreter zu rechnen haben würden. Man kann deshalb wohl sagen, daß die Hand habung der tariflichen Einrichtungen die Gehilfen in den Verband und damit in die sozialdemokratische Organisation treibt. In der vom König!. Ministerium angeführten Druckschrift .Buch druckertarif und öffentliches Interesse' wird dringend gefordert, dem Gutenbergbunde (öer christlichen Gewerkschaft im Buchdruckgewerbe) das Recht zu geben, stimmberechtigte Vertreter in die tariflichen Ein richtungen zu entsenden. Wir können diese Forderung des Gutenberg- bundes nur unterstützen und befinden uns hier in Übereinstimmung mit sämtlichen von uns befragten Buchdruckern mit Ausnahme eines. Zwar wollen wir damit nicht den allgemeinen Grundsatz aufstellen, daß jeder noch so kleinen Gruppe in allen Fällen eigene Vertreter zugebilligt werden müßten. Im vorliegenden Falle ist die Sache jedoch ganz besonders gelagert, und deshalb ist hier eine Vertretung des an sich wohl nicht schwachen Gutenbergbundes geboten. In den tariflichen Einrichtungen werden nämlich die wichtigsten wirt schaftlichen Fragen der Beteiligten entschieden, und hier liegt, wie oben ausgeftthrt wurde, die Wahrnehmung der Gehilfeninteressen ausschließlich bei den Verbandsmitgliedern, die in ausgesprochener Feindschaft mit dem Gutenbergbunde leben. Das Vertrauen zu einer Rechtsprechung ist jedoch äußerst gering, wo die Hälfte der Richter von vornherein im Gegensatz zu demjenigen steht, öer die Rechtsprechung in Anspruch nimmt. Aus Gerechtigkeitsgründen halten wir eine Vertretung des Gutenbergbundes, vielleicht auch der Nichtorganisierten, die in derselben Lage wie der Gutenbergbund sind, in den tariflichen Einrichtungen für durchaus notwendig und bitten das König!. Ministerium, gegebenenfalls seinen Einfluß da hin geltend zu machen.« Kleine Mitteilungen. Buchhandluugs-Gehilfcn-Verei» zu Leipzig — Drei Gruppen versammelten sich am 13. Oktober 1812 in der Sonntag-Morgen- stundc draußen bet den Kasernen zwischen Gohlis und Lindenthal: Wandervögel, Pfadfinder und Buchhändler. Eine große Anzahl Herren hatte sich eingcsunden, um an der vielversprechenden Be sichtigung der Lindcnthalcr Flugzeugwerke tcilzunchmen, denn wer im Zeitalter des Fluges nicht mitrcdcn kann über Flugzeuge, der ist doch einfach rückständig in der Kultur. Schon auf dem Wege zum Flugplatz hörte man von Eindeckern, Zweideckern, Propellern und anderem. Dort angelangt, entdeckten wir gleich einen offenen Schuppen und konnten Zusehen, wie einem Doppeldecker ein paar neue Rippen eingesetzt wurden. Das war außerhalb des Programms. Dann ging es ln den Schuppe» nebenan. Hier begrüßte uns der Fluglehrer Herr Ingenieur Manhardt im Namen des Flugplatz-Vereins und erklärte in einem längeren Vortrage die Konstruktion eines Flugzeuges, wobei sein lm Ban befindlicher Sachsen-Doppeldecker ein ganz prachtvolles Anschau ungsmaterial bot. Er machte auf den elgenartlgcn Ban der Trag flächen aufmerksam und zeigte die Konstruktion der »großen Zelle., die aus den beiden Flächen gebildet wird. Der Anbau und die Wirkungsweise des Schwanzes, der die Höhen- und Seitenstenerung trägt, wurden erläutert und die Bauart und der Zweck des Fahr gestells besprochen. Interessant war die Anbringung des Fiihrer- und Passagiersitzes, wo alle die Drähte der beweglichen Teile des Apparats zusammenlaufcn. Selbst der Bau des Motors wurde gezeigt und verständlich gemacht. Nach diesem mehr theoretischen Teile unseres Besuchs kam dann die große Frage: „Wird geflogen"? Und siehe da, an einem andern Gebäude rollten mächtige Schiebetüren zur Sette, ein großer Doppel decker zeigte sich, und der Pilot, Herr Schirrmeister, erklärte sich in liebenswürdiger Weise zu einem Kluge bereit. Vorher aber be nutzte Herr Ingenieur Manhardt noch diese Gelegenheit, in er gänzender Weise diesen Mars-Doppeldecker der Deutschen Flug zeugwerke zu erklären, vor allen Dinge» die Handhabung, wobei der Führer vom Sitz aus die Steuerflächen bewegte. Dann schob man den Apparat ans der Halle. Noch eine Gieß kanne voll Wasser bekam der Motor in den Kühler, dann wurde der Motor mit der Schraube angeworfen. Deutlich sah man die Schrau benflügel schwingen, und langsam rückte das Flugzeug auf seinen Rädern mit eigener Kraft bis an das Flugfeld. Dann knatterte der Motor los. 1588 Umdrehungen in der Minute, und die Schrau ben slügel wurden zur flirrenden Scheibe. Der mächtige, 13 Meter breite Apparat raste über das Feld. Plötzlich waren die Räber nicht mehr auf dem Boden — mehr als 488 üg schwebten in der Lust. Ruhig flog der Apparat dahin. Dann wendete der Führer und kehrte im Kluge zurück. Er landete, und zwei Passagiere, ebenfalls Flugtechniker, stiegen mit ein, und wieder ging die Fahrt durch die Lust. Mit bcwunderswerter Sicherheit schwebte der Apparat bald hoch, bald niedrig dahin, und staunend standen wir vor diesem Wunderwerk der Technik, das damit begann, baß vor ein paar Jahrzehnten der Berliner Ingenieur Lilienthal sich ei» Paar Flügel auf die Schultern legte und damit den Berg Herabsiel. —vk. Verlagsbuchhandel und — Kleischnot. — Ein komisches Miß verständnis hat zur Verzögerung des Erscheinens der neuen volks tümlichen Ausgabe der bekannten R i n d s l e i s ch'scheu Keld- briefe geführt, die der Verlag Vandenhocck Sr Ruprecht in Göt tingen angekündigt hat. Die Leipziger Buchbinderei meldete dem Verlage am 18. Oktober, baß »ein findiger Beamter, die Sendung, die als »Druckbogen Rindfleisch Feldbriefe« auf dem Fracht briefe deklariert war, als Kontrebande angehalten habe und daß sie erst am 12. Oktober fretgegeben worden sei. 8it omsn! Hoffent lich wird die neue Ausgabe trotz ihres nichts weniger als materiellen Inhalts wenigstens ein »Brot.-Arttkel für den Buchhandel. 8. k. Schulbücheroerlag in Wien. — In der »Wiener Zeitung, vom 17. Oktbr. lesen wir: Der k. k. Schulbücherverlag hat nun mehr eine eigene Verschleißstelle insbesondere für Gesetze, Erlasse und Normalien, die anderwärts nicht erhältlich sind, eingerichtet, wodurch dem interessierten Publikum die Möglichkeit geboten sein wird, in die im Schulbücherverlag ansliegcnden Vorschriften Ein sicht zu nehmen und sich die erforderlichen Behelfe an Ort und Stelle zu beschaffen. Hier wird auch über alle im k. k. Schnl- bücherverlag erscheinenden Lehrterte die gewünschte Auskunft er teilt. Diese kaufmännisch organisierte Einrichtung ist geeignet, den Wünschen der in Betracht kommenden Kreise nach rascher Abferti gung sowie verläßlicher Anskunstertcilung in vollem Maße zu ent sprechen. Verband der Schreibmaschincnbureaus. — Eine Anzahl von Inhabern größerer Bureaus für Schrcibmaschinen-Arbciten und Vervielfältigungen, deren Zahl in Deutschland auf 1888 geschäht wird, hatte sich am 15. Oktober in Berlin im Restaurant »Zum Fürsten BUlow« zusammcngesunden, um nach mehrstündigen Vor besprechungen den Verband der Bureaus für Schreibmaschinen- Arbeiten und Vervielfältigungen zu gründen. In den Vorstand wurden gewählt: Herr Max Mantcy, Friedenau, als 1. und Herr Paul Hermann, Schöneberg, als 2. Vorsitzender. Der 3. internationale Kongreß der periodischen Presse sindet vom 28.-38. Oktober inParis statt. Die französischen Eisenbahn- Gesellschaften befördern die Teilnehmer zum halben Fahrpreis. Auskünfte erteilt der Generalsekretär des Kongresses G. Kabius de Champotlle, 78 Rue Taitbout, Paris. Das Seminar für orientalische Sprachen an der Universität Berlin hat in diesem Wintersemester eine neue Bereicherung seines Lehrplans erfahren. Aus der erfreulichen Ausbreitung und Entwicklung des deutschen Schulwesens in fremden, meist über seeischen Ländern hat sich das Bedürfnis ergeben, daß die für diesen Dienst designierten Lehrkräfte durch Studium in der Heimat sich möglichst für ihre Tätigkeit in der Fremde vorbcreiten. So sind im Laufe der letzten Jahre solche Lehrer an Auslandsschnlcn im 18S7»