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12734 SSrI-»«I-tI i. ». Dqch». Suchh-M»r!. Nichtamtlicher Teil. 245, IS. Oktober 1912. Bezüglich der Frage der Sonntagsruhe wurde in der von G e r l e < Kaiserslaulern angeregten Besprechung warm sür die vollständige Durchführung der Sonntagsruhe ini Buchhandel eingetreten, und das Ergebnis der Aus- spräche auf Antrag Peth - Zweibrücken in folgender Resolu tion zusammengefatzt: »Die heutige pfälzische Buchhändlerversammlung spricht sich bezüglich der Frage der Sonntagsruhe dahin aus, es möge u. a. aus sanitären und ethischen Gründen die bevorstehende reichsgesetzliche Regelung jener in der Weise erfolgen, daß, falls sie aus wirtschaftlichen Ursachen nicht völlig durchgesührt werden könnte, mindestens die Verkaufszeit auf die Dauer von zwei Stunden beschränkt und, um die Sonntagsruhe zu einer wirklichen zu ge stalten, nicht über die Zeit von 1 Uhr nachmittags aus gedehnt wird.« Den Beschluß der anregenden, von 3 Uhr nachmittags bis !48 Uhr dauernden Versammlung bildete die Mitteilung schätzenswerter Erfahrungen im S ch u l b u ch h a n d e l, der sich in diesem Jahre in Bayern besonders mühevoll gestaltet Hai. Vorsitzender Lang schloß dann die Verhandlungen mit warmen Worten für das lebhafte Interesse, welches die heute hier Versammelten durch ihr Erscheinen und ihren freimütigen Meinungsaustausch an den beratenen Lebensfragen des Buch handels bekundet haben. Jacob Peth. Die Novelle als Aufsatz. Von Rechtsanwalt 0r. Marwitz, Berlin. Unter diesem Titel ist in Nr. 119 des Börsenblatts eine sür das Urheberrecht wichtige Entscheidung des Kammer gerichts abgedruckt und besprochen worden. Das Kammer gericht hatte — übrigens in Übereinstimmung mit der ersten Instanz, dem Landgericht II Berlin — die Aufnahme einer ganzen Novelle in eine zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmte Sammlung auch ohne Genehmigung des Verfassers bzw. des Verlegers für zulässig erklärt. War diese Entschei dung bedeutungsvoll, so stellte sie doch immer nur die Ansicht eines der vielen deutschen Oberlandesgerichte dar. Nunmehr aber hat das Reichsgericht am 18. September 1912 das zweit instanzliche Urteil - und zwar mit einer prinzipiellen Begrün dung — bestätigt und damit eine grundsätzliche, für die Ver- lagsbuchhändlcr bedeutungsvolle Frage einstweilen endgültig entschieden. Nach H 19,4 des Urheberrechtsgesetzes ist die Aufnahme »einzelner Aufsätze von geringem Umfange, einzelner Gedichte oder kleinerer Teile eines Schriftwerkes« in eine Sammlung zulässig, die Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt ist. Das Reichsgericht spricht aus, daß die Frage, ob ein Aufsatz »geringem Umfanges« ist oder nicht, nach seiner absoluten Länge, nicht etwa nach seinem Verhältnis zu dem übrigen Teile der Sammlung zu beantworten ist. Diesen Standpunkt hat das Reichsgericht auch früher schon eingenommen. Neu dagegen ist seine Ausführung, daß der Ausdruck »Aufsätze« auch belletristische Veröffentlichungen umfaßt. Es kommt auf den Inhalt der Ausarbeitung — ob sie beschreibenden, be lehrenden oder unterhaltenden Inhalts ist — überhaupt nicht an. Die Entscheidung meint, »es würde schwer zu verstehen sein, warum einerseits Gedichte, andererseits kleine wissen schaftliche Arbeiten von dem Nachdrucksverbot ausgenommen sein sollten, während von Novellen ohne Unterschied ihres Umfanges nur Bruchstücke veröffentlicht werden dürften«. Man wird dieser Begründung beipflichten müssen, auch wenn man nicht der Meinung des Reichsgerichts ist, daß es »gerade für Schulbücher, die in die Literatur einführen wollen, nahe liege, die Prosadichtung mit der gebundenen Rede zusammenzustellen und von beiden in sich abgerundete Proben zu geben«. Es gibt so viele abdruckssreie mustergültige No vellen, daß die Aufnahme an sich geschützter Novellen in die Unterrichtssammlungen nicht unbedingt notwendig erscheint. Immerhin ist vom Standpunkte des Urheberrechts zwischen Gedichten, Novellen und wissenschaftlichen Aufsätzen ein grund legender Unterschied nicht zu finden, und somit entspricht das Urteil dem geltenden Rechte. Es muß ins Gewicht fallen, daß alle drei mit dem Rechts streite betrauten Gerichte in gleichem Sinne entschieden haben. Dies verleiht der Entscheidung besonderes Gewicht, zumal im Lause des Prozesses der Standpunkt beider Parteien in den Schriftsätzen eine eingehende Begründung gefunden hat. Da für, daß das Reichsgericht sich in absehbarer Zeit zu einer an deren Ansicht bekennt, besieht kaum Aussicht. In diesem Zusammenhänge wird noch zu erwähnen sein, daß das Reichsgericht bereits in einer Entscheidung vom 29. November 1880 unter der Herrschaft des alten Gesetzes vom 11. Juni 1870 ausgesprochen hatte, daß »nach der Wort- fafsung wie auch nach den Motiven kein Zweifel darüber be stehen kann, daß selbst die Aufnahme ganzer Werke unter Um ständen hat gestattet werden sollen«. Wenn das Reichsgericht in dieser Entscheidung auch eine nähere Begründung für seine Ansicht nicht gegeben hat, so zeigt die Entscheidung doch, daß es bereits damals die Ansicht vertrat, die es jetzt wohl end gültig festgelegt hat. .Buchdruckertarif und öffentliches Interesse.« Die unter dem vorstehenden Titel vom Generalsekretariat des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften herausgegebene Schrift hat das Sächsische Ministerium veranlaßt, die Dresdner- Handelskammer um eine gutachtliche Äußerung über den Inhalt der Broschüre zu ersuchen. In dem Schriftchen, das sich eingehend mit der im Bnchdruckgewerbe bestehenden Tarifgemeinschaft be faßt, wird im einzelnen darauf hingewiesen, daß die Einrichtungen der Tarifgemeinschaft auf Seite der Gehilfen dem sozialdemo kratischen Verbände der deutschen Buchdrucker überantwortet seien und in dessen Hand zur Bedrängung der nicht sozialdemokratisch, namentlich der christlich-national organisierten Gehilfenschaft miß braucht würden. Dieser Zustand habe zur Folge, daß die nicht oder nicht sozialdemokratisch organisierten tariftreuen Minderheiten von den durch die Tarifgemeinschaft gebotenen Rechten ausgeschlossen oder doch in ihnen beschränkt würden, und die Tarifgemeinschaft sich mehr und mehr zu einer Monopolisierung des sozialdemo kratischen Buchdruckerverbandes entwickele. Namentlich wünschte das Ministerium einen gutachtlichen Be richt über die Fragen, ob erhebliche Gefahr vorliege, daß die Ge hilfenschaft durch die Handhabung der tariflichen Einrichtungen in die sozialdemokratische Organisation gedrängt werbe, und ob die Buchdrucker in eine schwierige Lage gerieten, wenn sie nicht aus schließlich sozialdemokratisch organisierte Gehilfen beschäftigen wollten. Wie die Handelskammer mitteilt, hat sie bei zahlreichen Drucke reien ihres Bezirks Erörterungen angestellt, als deren Ergebnis sie dem Ministerium mitteilte, daß alle von ihr befragten Firmen grundsätzlich das Bestehen von Tarifverträgen im Bnchdruckgewerbe für durchaus wünschenswert und notwendig hielten, weil hierdurch der dem Gewerbe so notwendige Friede gewahrt bleibe. In der Beurteilung der geltenden Tarifgemeinschaft gingen jedoch die An sichten auseinander. Eine vom Ministerium gestellte Frage beantwortete die Kammer dahin, daß zurzeit etwa 90°/» aller Gehilfen im Verbände deutscher Buchdrucker vereinigt seien. In den in ihren Bezirken bestehenden Druckereien seien fast nur Verbandsmitglicder beschäftigt. »Die Frage, ob eine Gefahr vorliegt«, so führt die Kammer weiter aus, »daß die Gehilfenschaft durch die Handhabung der tarif lichen Einrichtungen in die sozialdemokratische Organisation ge drängt werde, wird von den meisten unserer Berichterstatter aus