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Redaktioneller Teil. ,v 124, 30. Mai 1016. In der Herberge zum festen Ladenpreis. Eine Kantate-Fabel. Es war einmal ein Hausherr, dem die Not und di« Unzu friedenheit seiner Mieter naheging. Da baute er ein großes Haus mit vielen Wohnungen und nannte es »Herberge zum festen Ladenpreis«. In den ersten Stock, der sich durch schöne, Helle Räume auszeichnete, setzte er die seinem Herzen am nächsten Stehenden, das waren die großen Verleger; in den zweiten Stock mußte sich der Rest der Verleger mit einer Anzahl erlesener Sor timenter teilen, während das ganze übrige Sortiment den Dach stock zugewiesen erhielt, der aus zahlreichen kleinen Gelassen be stand. Das Erdgeschoß gab der kluge Hausherr den Reise- und Versandbuchhändlern, die wegen ihres starken Verkehrs eine un genierte Wohnung brauchten. So war alles aufs beste geordnet, und selbst die Bewohner des Dachstocks fanden sich in ihren engen, aber immer noch zur Not ausreichenden Räumen zurecht. Nur in einem Punkt hatte sich der kluge Hausherr nicht weit blickend genug gezeigt; dieser Punkt betraf das Dach. Sei es, daß, wie das so manchmal beim Bauen geht, die Freude am Bau gegen den Schluß hin geringer wurde, sei es, daß der Hausherr mehr Wert auf eine schöne Fassade legte — das Dach war von An fang an recht dürftig und nicht aus dem besten Material herge stellt. Das merkte schließlich auch der Hausherr, darum schuf er eine Hausordnung, in der er die Fürsorge für das Dach und seine Unterhaltung den glücklicheren Bewohnern des ersten und zweiten Stockes überließ; er selbst hielt sein Werk mit der Voll endung des Baues und der Niederlegung seiner Hausordnung im wesentlichen für erledigt. Das war aber wohl ein Fehler, denn es dauerte nicht lange, da beklagten sich die Insassen des Dachstockes, daß es ihnen schon in ihre Buden regne, und sie ersuchten ihre Mitgenossen vom ersten Stock, für rasche und gründliche Reparatur des Daches zu sorgen. Damit berührten sie aber eine Wunde Stelle, denn Dach- reparaturen kosten Geld, besonders wenn das Dach schon von Anfang an schlecht ist; auch empfand der erste Stock die Repa ratur nicht so dringlich, denn ihm regnete es ja noch nicht in die Stuben. Am schwerhörigsten zeigten sich diejenigen aus dem ersten Stock, die Bücher für Schulkinder, für Gelehrte und für Eisenbahn-Reisende herstellten; dagegen fand der Dachstock mehr Entgegenkommen bei den Erzeugern von schönen und all gemein bildenden Büchern. Diese ließen sich schließlich immer wieder bereden, halb aus Menschenfreundlichkeit, halb weil sie es doch nicht mit dem Dachstock verderben wollten, die größten Lücken auszubessern und dafür zu sorgen, daß das Dach in halb wegs brauchbarem Zustand blieb. Mit der Zeit traten aber auch unter ihnen kluge Leute auf, die darüber murrten, daß sie allein die Lasten für den ganzen ersten Stock tragen sollten. So zog sich der Streit Jahr um Jahr hin. Gegenüber den immer dringender werdenden Klagen des Dachstocks mußte schließlich auch der unzugängliche Teil des ersten Stocks aus seiner vornehmen Zurückhaltung heraustreten; er tat es aber zunächst nur, um den Insassen des Dachstocks zu empfehlen, erst einmal selbst für Ordnung in ihren Gelassen zu sorgen und das verschiedene Viehzeug, das sich im Laufe der Jahre eingenistet habe, und 5—10 7» des ganzen Raumes für sich in Anspruch nehme, hinauszuwerfen. Das war nun leichter gesagt als getan, denn auch das Tier fühlt Schmerz, und die Bewohner des Dach- stocks hatten von jeher ein gutes Herz bewiesen, ja sogar mit ver schiedenen ihrer Mitbewohner längere Verträge abgeschlossen Damit war also wieder nicht geholfen. Der Hausherr hörte Wohl von dem Streit seiner Mieter; er berief auch jedes Jahr eine Mieterversammlung ein, doch hatte er so viel Vertrauen zu seinem Haus und der von ihm geschaffenen Hausordnung, daß er es in der Hauptsache den Mietern überließ, sich auseinanderzusetzen und zu einigen; außerdem baute er gerade ein neues großes Haus, auch plagten ihn manche andere Sorgen. Da kam plötzlich eine schwere Zeit über das ganze Land und mit ihr der Geist der Rot und der Unzufriedenheit. Der Dachstock fühlte sich immer mehr bedrückt und Wind und Wetter preisgegeben. Er scharte sich drohend zusammen und forderte auf der nächsten großen Mieterversammlung dringend, daß um das 682 ganz« Haus «in Erweiterungsbau im Ausmaß von etwa 10 7° der Grundfläche errichtet werde. Das klang zunächst ganz ein leuchtend, denn davon wären ja alle Wohnungen des Hauses im gleichen Verhältnis größer geworden. Aber auch hier bewies der erste Stock, daß es immer leichter ist zu wünschen, als zu er füllen. Er schickte einen seiner Besten auf die Tribüne, der in einer Rede, die so lang und wohlgepflegt war wie sein Bart, auseinandersetzte, auch die Wohnungen des ersten Stocks seien mit der Zeit recht eng und unmodern geworden, sodaß sie alle eine Erweiterung sehr wohl wünschen möchten. Das gehe aber leider nicht so leicht, denn bei der Festsetzung der Bauordnung seien damals auch die Dichter, Künstler und Schriftgelehrten dabei gewesen, und bei dem stark ausgeprägten Schönheitssinn dieser Leute sei zu befürchten, daß manche unter ihnen einen Erweiterungsbau ganz abscheulich finden und sich bei der Baupolizei beschweren würden. Nach seiner Überzeugung könne höchstens da und dort der Anbau eines Erkers oder einer Balkons in Erwägung gezogen, aber auch da müsse der einzelne Fall vorher genau untersucht werden. Dieser Bescheid klang den Antragstellern nicht sehr erfreulich ins Ohr, »m so weniger, als sich tatsächlich nicht viel Gescheites da gegen sagen ließ. Das merkte auch bald ein besonders tatkräf tiger Anwalt der Nöte des Dachstocks, der geltend machte, es handle sich ja garnicht um einen definitiven Erweiterungsbau, sondern nur um einen Notbau, der später wieder abgetragen wer- den könnte. Diese Bemerkung rief indes einen Sachverstän digen in Bauangelegenheiten auf den Plan, der mit der schönen Überlegenheit des Baukundigen bewies, Bau sei Bau, an dem einmal genehmigten Bauplan dürfe ohne Zustimmung der Bau polizei nichts verändert werden, und wo ein Richter fei, werde sich bald auch ein Kläger finden. Vergebens protestierten die be währtesten Kämpen des Dachstocks, vergebens erklärten sic stür misch, sie brauchten unbedingt Lust und Licht zum Leben, und wenn sie alle ausziehen oder das ganze Haus in die Luft sprengen müßten. — Das Spiel war verloren, zumal da auch mancher In sasse des Dachstocks sich im stillen sagen mochte, daß seine Woh nung bei einer Sprengung des Hauses Wohl luftiger, aber kaum besser werden könnte. So kam eine Entschließung zustande, die sich darauf beschränkte, den Anbau einzelner Erker, Balkone und dergl. zu empfehlen und dem ersten Stock nochmals eine baldige Reparatur des Daches ans Herz zu legen. — Unfroh ging die Mieterversammlung der Herberge zum festen Ladenpreis aus einander. Wie wird aber nun unsere Geschichte weilergehen? Wird der erste Stock in seiner Gesamtheit einsehen, daß man auch im Dachstock Luft und Licht zum Leben und ein solides Dach über sich gegen Wind und Wetter braucht? Wird der Dachstock einsehen, daß man eine Wohnung nicht eher verlassen oder zerstören soll, ehe man eine bessere gefunden hat? Wird er begreifen, daß man Wohl auf einen ersten und zweiten Stock mit einigen Opfern wieder einen neuen Dachstock mit neuen Mietern bauen, daß man aber einen Dachstock nicht ohne Unterbau in die Luft setzen kann? Wird der Hausherr merken, daß es um den B« st and seines Hauses geht? Wird er daraus den Schluß ziehen, daß er sich mit den Klügsten seiner Mieter zusammensetzt und überlegt, ob und wie die alte Herberge neu fundiert, ausgestattet und gedeckt werden kann, oder ob der Plan zu einem neuen Hause entworfen werden muß? Wer kann das wissen? Unsere Berufsgenossen tm Felde. I. Deutsche Armee. Dritte Folge IV <vgl. zuletzt Nr. SSj. Name und Vorname: Firma: Dienstgradu.TruppentelI: Althaus, Brunost Mitlnh. d. Fa. Victor Leutnant i. Res.-Jns.- Zimmer in Breslau Rgt. Nr. 10. Bautzmann, Erich i.H. C. Höckner's Buchh. 1. Jnf.-Ngt. Nr. 1S2. Rachs. in Dresden Clement, Hans Hel- i. Fa. ill. Hieronymus i. e. Feldrekrutendep. muth tn Neumünster st Siehe auch Bbl. ISIS, Nr. 258.