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7580 VSrsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 142, 21. Juni 191-. und Straßen oder des Äußern einzelner öffentlicher Bauten als unrechtmäßige Wiedergabe angesehen werden sollen. Endlich sei der Vollständigkeit halber beigefügt, daß mit Ausnahme der Vorbehalte betreffend Vortragsrecht und Wiedergabe von Preßartikeln das dänische Gesetz keine Be dingungen mehr kennt, an welche die Ausübung des Urheber rechts geknüpft wäre. Auch die Förmlichkeiten sind in Däne mark gänzlich abgeschafst und nur noch durch das Spezial gesetz betreffend das ausschließliche Recht an photographischen Arbeiten vom 13. Mai 1911 für derartige Erzeugnisse bei behalten. Die frühere Bestimmung über gutgläubige Eingriffe in das Urheberrecht ist dahin präzisiert worden, daß die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verschuldeten Handlungen mit Strafe bedroht werden, während bei Fehlen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der Schuldige die durch die ungesetz liche Handlung erzielte Bereicherung dem Geschädigten auszu liefern hat. Hat die neueste dänische Urheberrechtsreform auch nicht alle vorgeschlagenen Fortschritte verwirklicht, so ist sie doch mit so großer Sorgfalt durchgeführt worden, daß das Gesetz vom 1. April 1912 wohl auf einen längeren Zeitraum seine unveränderliche Gültigkeit beinhalten und eine gewiß segens reiche Wirksamkeit entfalten wird. Kleine Mitteilungen. Zentralstelle zur Bekämpfung der Lchundliteratur. — Die im Oktober vorigen Jahres gegründete Zentralstelle zur Be kämpfung der Schundliteratur trat am 18. Juni in Danzig unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeisters vr. Weinreich.Neukölln zu ihrer ersten Hauptversammlung zusammen. Herr vr. v. Erd- berg-Berlin berichtete über die Tätigkeit der Zentralstelle seit ihrem Bestehen. Die Wirksamkeit während des ersten Geschäfts- jahres galt in der Hauptsache dem Ausbau der Organisation. Es sind bereits erfreuliche Erfolge zu verzeichnen, namentlich bei. den Kommunalverwaltungen haben die Bestrebungen der Zentral- stelle großes Entgegenkommen gefunden. 32 kommunale Ver waltungen haben sich ihr als Mitglied angeschlossen, dazu traten noch 18 Vereine und 6 Private. Der Redner berichtete dann noch über die Schritte, die von der Zentralstelle unternommen worden sind, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen. Sodann hielt der Vorsitzende, Bürgermeister vr. Weinreich- Neukölln, einen Vortrag über das Thema: »Was kann Gemeinde und Schulverwaltung zur Bekämpfung der Schund literatur tun?« Der Redner gab an der Hand des von der Zentrale ge- sammelten Materials einen Überblick über die Maßnahmen, wesche die Stadtverwaltungen bisher in dem Kampf gegen den Schund in Wort und Bild unternommen haben und schilderte ins besondere den interessanten Verlauf, den dieser von der Schul- Verwaltung und der Lehrerschaft in Neukölln aufgenommene Kampf genommen hat. Das von der Schule ausgehende Verbot, bei solchen Händlern zu kaufen, welche auch weiter Schundliteratur führten, wurde in einem gerichtlichen Verfahren für zulässig erklärt und dadurch erreicht, daß die Buch- und Schreibmaterialienhändler sich bei der Ein führung und Feilhaltung von Jugendbüchern der Zensur eines von Lehrern gebildeten Ausschusses dauernd unterwarfen. Von größerer Bedeutung ist nach der Ansicht des Vortragenden indessen der positive Kampf gegen den Schund, dessen wichtigster Teil in der Sorge für die Verbreitung guter Volks- und Jugendliteratur und der Bildung des Geschmacks in den breiten Schichten der Bevölkerung besteht. Die bisher von den Ver waltungen gesammelten Erfahrungen auf diesem Gebiete, ins besondere mit den Volksbibliotheken, Kinderlesehallen, Verteilung guter Bücher in der Schule, sowie Veranstaltung von literarischen und künstlerischen Unterhaltungsabenden, wurden im Anschluß hieran dargestellt und weitere Anregungen gegeben. Der Redner wies zum Schluffe darauf hin, daß es eine Ehrenpflicht der Gemeinden sei, mehr Mittel als bisher für die Geisteskultur der Bevölkerung und vor allem der Jugend aufzu- wenden, und wies nach, wieviel auf diesem Gebiete schon mit geringen Mitteln geleistet werden könne, wenn die Verwaltungen und der für Volksbildung interessierte Teil der Bevölkerung, vor allem die Lehrerschaft, in dieser Frage Hand in Hand gingen. An den mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag knüpfte sich eine eingehende Diskussion, aus der wir nach dem Bericht der »Danziger Neuesten Nachrichten« folgendes mitteilenr Herr vr. v. Erdberg-Berlin warnte vor einer Unter-, aber auch vor einer Überschätzung der Schundliteratur. Dem in der letzten Zeit konstatierten Rückgang der Schundliteratur steht der große Aufschwung der Kinematographen gegenüber. Durch geeignete positive Maßnahmen werde man bestrebt sein müssen, dem Be dürfnis nach Befriedigung solcher Genüsse, wie sie in der Schund literatur zutage treten, entgegenzuwirken. — Professor Brunner als Vertreter des Kgl. Polizeipräsidiums in Berlin bekundete die Sympathie seiner Behörde den Bestrebungen der Zentralstelle gegenüber. Er berichtete über die von dem Berliner Polizei präsidium geschaffenen Einrichtungen zur Bekämpfung des Schundes und Schmutzes und empfahl enges Zusammenarbeiten der freien Vereinigungen mit der amtlichen Zentrale, schon deshalb, um eine genauere Feststellung zu ermöglichen, was eigentlich Schund ist. Zur gesetzlichen Erfassung des Handels mit Schund und Schmutz werde dem Reichstag in nächster Zeit eine Vorlage zugehen, nachdem derselbe sich bereits durch einen Initiativantrag mit der Frage befaßt habe. Es sei aber äußerst schwer, den Schmutzhandel gesetzlich zu erfassen. Der Redner lenkte im weiteren die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die Gefahr der Kinematographen. In der Zensurstelle des Berliner Polizeipräsidiums würden täglich 7000 Kinofilms geprüft. Die Hälfte von ihnen werde zurückgewiesen. Hätte man hierzu keine gesetzliche Handhabe, so würde man staunen, mit welchen Auswüchsen niederster Art das Volk dann beglückt werden würde. Zum Schluß wies der Redner auf die Notwendigkeit hin, die vaterländische Lektüre in den Dienst der Jugendpflege zu stellen. — Schulinspektor Japp-Hamburg betonte die Zweckmäßigkeit der Heranziehung der Jugendlichen selbst zur Bekämpfung der Schundliteratur durch Bildung von Ver einigungen usw. — Frl. Paula Müller-Hannover wünschte die Hineinbeziehung des Kampfes gegen die Schundkinos in das Programm der Zentralstelle. Die in den Verkaufsbuden bereit gehaltene Literatur müsse frei von jeder Tendenz sein. Nur das künstlerisch Wertvolle dürfe der Jugend und dem Volke geboten werden. — Der Vorsitzende erwiderte, daß die Kinofrage bereits seit längerer Zeit von der Zentralstelle ernstlich ins Auge gefaßt sei. — Frl. Margarete Behm-Berlin betonte die Notwendigkeit der Bekämpfung der schlechten durch gute und billige Literatur und der Jnteressierung aller Kreise für den guten Büchermarkt, besonders vor Weihnachten. — Herr Buchhändler vr. Leh mann-Danzig wies darauf hin, daß der organisierte deutsche Buchhandel seit Jahren auf die Ausmerzung von Schundliteratur mit Erfolg bedacht sei. Die Nachfrage nach guten Büchern sei heute geringer geworden. Eine wirksame Bekämpfung des Schundes und des Schmutzes bestehe in der Schaffung von Buch händlerorganisationen in allen Orten, deren Mitgliedern die Pflicht auferlegt werde, keine Schundliteratur zu verbreiten. Die eigent liche Schmutzliteratur könne nur durch den Sortimentsbuchhandel eingedämmt werden. Im weiteren Verlauf der Debatte wurde angeregt, daß die Zentralstelle alljährlich ein Verzeichnis der neu erschienenen, von ihr als Schundliteratur angesprochenen Bücher herausgeben und den Leitern der Jugendorganisationen, den Vereinen und Gewerk schaften zustellen möge. Wenn praktische Arbeit dort getan werden solle, wo es am nötigsten sei, dann müsse die Tagespresse zur Mit arbeit herangezogen und müßten Pressevertreter in die Zentral stelle und die Ortsausschüsse abgeordnet werden. — Herr Gewerbe inspektor vr. Kröker-Danzig warnte vor der einseitigen Be trauung der Behörden mit dem Kampf gegen den Schund. Den freien Vereinigungen müsse freie Hand gelassen und ihren Ansichten und Beschlüssen Rechnung getragen werden. Die Einführung einer Konzessionspflicht der Kinematographen erscheine geboten. — Herr Hofbuchhändler Kommerzienrat Siegismund-Berlin nahm den regulären Buchhandel