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^k 35. 12. Februar 1812. Nichtamtlicher Teil. ÄbrseLblatt s. 2. Ktjchn. emchhanbet. 1847 folgenden Schriftstellern in seinem Organ an den Pranger gestellt hat, und daß sich in so und so vielen Redaktionen die Neigung offenbart, diese Schriftsteller zu boykottieren. Ich bin der letzte, der sich weigert, hier Milderungs gründe anzunehmen. Die ganze alte Verkehrspraxis, die sich auf der Unzulänglichkeit der älteren Gesetzgebung ausgebaut hatte, arbeitet sich nicht auf einmal nach dem neuen Verlags und Autorrecht um. und die Selbstherrlichkeit des Verleger kapitalismus beansprucht mit ihrer Begreiflichkeit gegenüber dem schriftstellerischen Arbeitsapparat eine gewisse Nachsicht. Zudem läßt die neue Gesetzsammlung so viele Ungewißheiten bestehen, daß man noch nicht aus bösen Willen immer zu schließen berechtigt ist, wenn sich in Spezialfällen die An sichten gegenüberstehen. Ich konstatiere sogar als meine Erfahrung mit Vergnügen, daß die Notwendigkeit, zur Klage zu schreiten, sich für uns in weitaus den meisten Fällen er übrigte, in sehr viel mehr z. B. als beim Berliner Schutz- verbande. Immerhin gibt es da eine reichbesetzte schwarze Liste räudiger Schafe, welche auf die unter uns spekulieren, die nicht alle werden. Verleger, die grundsätzlich von der Übervorteilung der Schriftsteller und Räuberkontrakten leben oder nur zahlen, wenn sie verklagt werden, nachdem sie schriftstellerische Arbeit durch falsche Vorspiegelungen ein gefangen, um ihr mangelndes Betriebskapital zu verschleiern. Und was die Redaktionen der Zeitungen und Zeitschriften betrifft, so hat der Reichsoerband der deutschen Presse — und das gereicht ihm zur Ehre — Verkehrsgrundsätze nach den Autoren hin aufgestellt, die den schlimmsten Übeln abzuhelfen geeignet sind. Aber wir machen alle zwei bis drei Wochen die Erfahrung, wie langsam sich diese Grund sätze in die Praxis Umsetzen. Sicherlich, der Nach druck hat nachgelassen; aber wir sind uns vollkommen klar, daß wir dies in der Hauptsache nicht dem guten Willen, sondern der Furcht vor dem Staatsanwalt ver danken. So sehen wir auf Grund reichlicher Erfahrung die Dinge an. Was folgt daraus für das Projekt einer Autoren- und Verlegerkammer? Zunächst steht die Differenz zwischen Autoren und Verlegern offensichtlich und erwiesen so. daß die gesetzwidrig Geschädigte» so gut wie ausschließlich die Schriftsteller find. Man wird danach den Schriftstellern nicht verübeln können, wenn sie sich wie die Lämmer Vorkommen, denen die Wölfe eine Lamm- und Wolsskammer zwecks gegenseitiger Verständigung Vorschlägen. Gleichwohl verkenne ich nicht, daß eine auf gegenseitige Zu- stimmung gestellte Zusammensetzung da gute Garantien bieten könnte. Allein: soll nun diese Kammer die Aufgabe der bestehenden Rechtsabteilungen auf sich nehmen und die mehr als 1000 Beschwerdefälle in Abhilfe behandeln? Das ist eine Ortsfrage. eine Personen frage und — eine Geldfrage. Das wird — siehe Sach verständigenkammern — verwünscht viel teurer, als jetzt, wo wesentlich freiwillige Arbeit geleistet wird. Und welche Rolle spielen die Verleger dabei, ausgenommen Laß sie Ge legenheit erhalten, mit eigenen Augen zu sehen, wie es zu geht, und vom Börsenverein und vom Verlegeroerein aus Ursach nehmen, zum reinigenden Besen zu greifen? Denn zu »verständigen» ist da nichts — die schriftstellerischen Rechtsvertretungen verfechten, wie der Erfolg lehrt, nur berechtigte Ansprüche, von denen abhandeln zu lassen nicht der geringste Grund besteht. Man kann nichts Gescheiteres tun. als unsere für berechtigt erachteten Ansprüche, die zu- nächst immer erst eine Mahnung zur Folge haben, glattweg autoritativ zu unterstützen, — die minimale Anzahl Fälle, in denen wir uns »vielleicht« irren, würde für eine umständliche und kostspielige Nachprüfung zuvor nicht entfernt lohnen. Wir prüfen unter juristischem Beistand so unparteiisch und gewissenhaft wie nur möglich und können uns von einer Erweiterung der Prüfung nur Zeitverlust, bei der ohnehin schon zeitraubenden Widerhaarigkeit auf der Gegenseite und der ungeheuerlichen Langsamkeit unseres Gerichtsverfahrens, versprechen. Was wir im Punkt der aktuellen Rechtsverfolgung er wünscht finden müßten, wäre allerdings je ein Ausschuß in der Verlegerzentrale wie im Reichsoerbande, die mit den schriftstellerischen Rechtsausschüffen Verbindung unterhielten, guten Willens, sie zu unterstützen und die Rechtserlangung abzukürzen. Nichts würde zur Schaffung gesunder Verhält nisse nützlicher sein, als auf der Gegenseite der genaue Ein blick in Zustände, vor denen die Augen zu verschließen man nur solange das Recht in Anspruch nehmen kann, als man sie bloß mit dem Rücken kennt. Erscheint eine Autoren- und Verlegerkammer für aktuelle Rechtsoerfolgung überflüssig, so liegt die Sache anders, wenn man das Wünschenswerte einer Verständigung über Rechts und Verkehrsprinzipien ins Auge faßt. Hierfür wäre eine gemeinsame Kammer, paritätisch aus ruhigen Köpfen — nicht Parteiexaltados — gebildet, ent schieden am Platze und hätte reichlich Arbeit. Sie würde vorweg alle Sachverständigenkammern, deren Zusammen setzung ohnehin zu berechtigten Klagen Anlaß gibt, überflüssig machen und deren Tätigkeit in ihr Arbeitsfeld einbeziehen, sie auf gutachtlichen Privatbedarf hin zu erweitern haben. Sie hätte die Vorarbeiten für die dringend erwünschte Verbesserung des Verlags- und Autorrechts zu schaffen. Nicht einmal die Klarstellung dieser beiden Begriffe ist bisher zum Austrag gebracht worden. Es fehlt an einem einheitlichen Kommentar angesichts der Widersprüche in den vorhandenen Kommentaren; voll Widersprüche sind auch die Urteile der Sachverständigenkammern und die gerichtlichen Entscheidungen bis zum Reichsgericht hinauf. Die jetzigen Gesetze lassen Fragezeichen in Fülle ohne Antwort und haben nicht un bedingt normativen, sondern nur subsidiären Charakter, gelten, »falls nichts andres vereinbart ist«, d. h. die geschäftliche Ge rissenheit ist jederzeit in der Lage, sie in Ausbeutung der ge schäftlichen Unerfahrenheit und Vertrauensseligkeit wie der Notlage der Autoren kontraktlich illusorisch zu machen. Eine ebenso dringende Ausgabe für die Kammer wäre es. der juristischen Praxis auf unserem Gebiete auf die Beine zu helfen. Nicht den Staatsanwalt auszuschalten, der ohnehin mehr als Popanz für die faulen Elemente günstig wirkt, als daß er in Anspruch genommen wird — ich kann mich kaum auf 3—4 Fälle besinnen, wo dies seitens der durch mich vertretenen Rechtsabteilung geschehen ist. Die Kammer wird helfen müssen, ihn zuvor überflüssig zu machen. Aber sie muß streben, daß wir Spezialinstanzen bekommen, entsprechend der Tatsache, daß wir eine Spezial gesetzgebung haben, wie der Handel seinen Handelsrichter hat. Vielleicht eben im Bereich der Handelsgerichte. Unsere Rechtshändel können unmöglich auf die Dauer der Ahnungs losigkeit ländlicher Schöffen und Amtsrichter ausgeliefert bleiben. In Berlin ist uns ja schon ein spezieller Straskammersenat beim Landgericht I zugewiesen, ebenso eine besondere Ab teilung am Kammergericht, zum Zeichen, daß man oben die Sachlage begreift. Endlich würde der Kammer obliegen, das Gewohnheits recht im verlegerischen Betrieb zu reformieren, soweit der Autor daran interessiert ist. So müßte die Verschleierung der Höhe der Druckexemplare und des Absatzes unmöglich gemacht werden, während jetzt eine richterliche Verfügung nötig ist, um da Aufschlüsse zu gewinnen, deren Durchführung meist für die Katze ist. Die Druckexemplare müßten künftig nach dem Tausend auf dem Titel numeriert werden, statt 241'