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M 141, 18. Juni 1924. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 8493 Fortschritte erzielt werden. Die Ausgestaltung des reinen Druck» Vorganges hat im großen und ganzen «inen Abschluß erreicht, über den hinauszugehen im Augenblick kein Anlaß vorliegt. Aber in einer anderen Hinsicht ist vielleicht auch in der Organi sation der Druckereibetrlede noch eine Verbesserung möglich. Pustet hebt mit Recht hervor, daß die Druckereigroßbetriede in ihrer heu tigen Gestalt lediglich Multiplikationen, nicht aber Potenzierungen von Kleinbetrieben darstcllen. In der übrigen Industrie ist das Kennzeichen des Großbetriebes Vervielfältigte Arbeitsteilung und Verteilung des gesamten Arbeitsprozesses aus das gesaust« Unter nehmen. In Druckcreibetrieben unterscheiden sich die Großunter- nehmen von den Kleinuniernehmen dem Wesen nach gar nicht. Es wird im großen und ganzen in der Großdruckeiei nichts Anderes und nicht anders gearbeitet als im kleinen Betriebe, sondern nur mehr, wobei selbstverständlich ist, daß gewisse Spezialarbeiten und Qualitätsleistungen naturgemäß nur in besonders dafür ausgestat teten Betrieben ausgeführt werden können. Für die Beziehungen des Verlags zur Druckerei ergibt sich aber daraus, daß der Verlag normalerweise auf große Betriebe nur in beschränktem Umfange angewiesen ist. Er kann an sich auch mit mittleren und kleineren Betrieben arbeiten. Umgekehrt aber kann der Druckeieigroßbetrieb gerade aus di? Aufträge des Verlags schwer verzichten, muß viel- mehr in ihnen sein Rückgrat suchen. Denn der Verlag ist der Auf traggeber, der am ehesten imstande ist, einer Druckerei laufende Be schäftigung von entsprechendem Umfange zu sichern. Nur diese Auf träge gestatten vor allem die wirtschaftlich beste Ausnutzung der vorhandenen Betriebsmittel, namentlich auch des Schriftmaterials. Akzidenzdruck ist auch für den Druckereigrotzbetrieb zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit unentbehrlich. Aber diese Arbeiten sind, wie schon der Name sagt, dem Zufall und vor allem auch der Mode weit stärker unterworfen. Eine Rationalisierung ist hier bei weitem nicht in dem Umfange möglich wie beim Werkdruck. Interessant ist im übrigen auch dabei, daß sich hier wieder zeigt, wie das Kern problem in der Sayabteilung, nicht aber in der Druckmaschinen abteilung liegt. Im Zusammenhang damit weist Pustet darauf hin, daß der Drucker gerade im Verkehr mit dem Verleger immer auch mit Saisonarbeit zu rechnen haben wird und deswegen auf Ergänzring durch Akzidenzaufträge bedacht bleiben muß. Aus dieser Betrachtung ergibt sich aber für die wirtschaftliche Organisation der Druckerei, daß sie in erster Linie auf regelmäßige Periodisierung ihrer Arbeiten bedacht sein mutz. Es läßt sich vermuten, daß der Verleger, der aus dieses Bedürfnis seiner Druckereien einzugehen vermag und entsprechende Abmachungen mit ihnen trifft, davon auch für sich wirtschaftliche Vorteile erlangen kann, wie die Praxis bereits gezeigt hat. Won besonderem Jntpress« für den Buchhandel ist dann der nächste Hauptabschnitt der Pustetschcn Arbeit, mit der Überschrift: »Der Kampfumden Preis«. Sehr richtig betont der Ver fasser, daß der Verleger für seine Erzeugnisse trotz ihres Monopol charakters nicht jeden Preis zu fordern in der Lag« ist. Die Kauf kraft der Konsumenten zeigt unüberschreitbare Grenzen, und nur der Preis ist richtig und möglich, der den genauesten »Widerschein der Wertung des Konsumenten- darstellt. Aus diesem Grunde kann dem Verleger die Entwicklung der Druckpreise nicht gleichgültig sein. Dankbar kann man dem Verfasser auch dafür sein, daß er anerkennt, welche Opfer der Verlag in der Inflationszeit auf Kosten seines Gewinnanteiles gebracht hat, um die Bücherpreise der Kauf- kraft der Abnehmer angepaßt zu halten. Man wird dem Verfasser dann auch recht geben in seiner Schilderung der Lage des Druckers. Der Drucker ist eingezwängt zwischen seinen Selbstkosten und der Bewilligungsmöglichkeit des Verlegers. Er ist aber auch gezwun gen, auf bestmögliche Ausnutzung seiner bestehenden Anlagen be dacht zu sein, um eine Verzinsung seines investierten Kapitals zu erreichen. Nach Ansicht von vr. Pustet ist infolgedessen der Drucker dem Verleger wirtschaftlich unterlegen. Abhilfe sollte die Grün dung des Deutschen Buchdrucker-Vereins bringen, der anfänglich zlvar Schutz gegen die Organisation und di« Tarifpolitik der Arbeit nehmerschaft im Druckgewerbe bezweckte, seit dem 1896 zwischen Prinzipalen und Gehilfen geschlossenen Frieden aber in zunehmende Spannung gerade zur Verlegerschaft trat, vr. Pustet sucht jedoch den Verleger zu beruhigen. Einmal betont er, daß der Buchdrucker-Verein kein Kartell sei und daß er selbst darauf verzichtete, seinem Tarif zwangsläufig durchzusetzen. Zum anderen unterstreicht er^ daß di« durch den Tarif angestrebt« Einheitlichkeit der Preise und ihr« Festlegung für längere Dauer auch für den Verlag von Vor teil sei. Daneben weist er aber doch auch selbst darauf hin, daß das Druckgewerbc seiner ganzen Eigenart nach zu einheitlichen Preisen Überhaupt nicht kommen könne. Er spricht es selbst aus, Laß die zahlenmäßige Begründung des Deutschen Buchdrucker-Vereins für seine Tarifpreis« bei näherem Zusehen fehl an Beweiskraft ver liere. Sehr richtig betont vr. Pustet auch den Gegensatz der Inter essen der Zeitunzsdruckereicn und der Werkdruckercien in der Be handlung der LohnsraH«, die ja aus den Preistarif wiederum zurück wirk«. Aus all diesen Gründen verdient aber die Haltung der Ver legerschaft, die eben den Schematismus des Druckpreistariss be kämpft, mehr Anerkennung, als es in der Pustetschen Arbeit ge schehen ist. Um so weniger wird man die Haltung der Verleger- schaft auch von Druckerseite aus irgendwie mißbilligen können, als,, nach dem ausdrücklichen Zugeständnis von vr. Pustet, sie ihre Or ganisation nicht in den Dienst eines geschlossenen Kampfes gegen den Druckpreistarif stellt. Sie hätte dazu vielleicht Anlaß, nament lich im Hinblick auf die Kundenschutzabkommen in Druckereikreisen der Großstädte, die bekanntlich durch ein Landesgerichtsurieil in Berlin für unzulässig erklärt worden sind, was freilich vr. Pustet nur in einer Fußnote mitteilt. Letzten Endes scheinen uns aber di« Interessen von Verlag und Druckerei selbst in der Preisfrage durchaus nicht so gegensätzlich, daß ein Kainpf überhaupt nötig und möglich sein sollte. Es ist jedenfalls besser, durch gegenseitige Ver ständigung und entsprechende organisatorische Maßnahmen das ge deihliche Zusammenarbeiten zu sichern, das jeden auf seine Kosten kommen läßt und dem Wohl der Allgemeinheit am besten dient. Die Frage dieses Zusammenarbeiten? und einer organisa torischen Verbindung von Verlag und Druckerei erörtert vr. Pustet in dem dritten Abschnitt. Er untersucht dabei in erster Linie und in der Hauptsache die volle Betriebskombination. Die Führer der Entwicklung im Anfang« des 19. Jahrhunderts gerade aus verlegerlscher Seite sind für solche Kombinationen ge wesen. Es darf nur an Brockhaus erinnert werden, der sich zur Durchführung seines Lexikonunternehmens einen eigenen Druckerei betrieb angliederte. Aus den damaligen Zuständen dürfen aber keine zu weit gehenden Schlüsse gezogen werden. Die Dinge lagen damals ganz besonders, sowohl nach der technischen wie nach der geschäftlichen Seite. Scheinbar zeigen die statistischen Ziffern in den letzten Jahrzehnten eine Zunahme der kombinierten Betriebe. Es ist aber fraglich, ob eine genauere Untersuchung diesen äußeren Eindruck wirklich bestätigen würde, vr. Pustet kommt im weiteren Verlauf seiner Ausführung auch dazu, daß die volle Kombina tion nicht das Ideal darstellt und daß es andere Wege des Zusam- menarbeitens gibt, die viel vorteilhafter sind. Interessant ist, daß von Len 121 größten Verlegern nur 50 eigene Druckereien haben, daß aber von den 66 größten Druckereibetrieben 57 sich auch Verlag angegliedert haben. In der Tat besteht auf seiten des Verlags wenigstens unter den heutigen Verhältnissen «in besonderer Antrieb, sich eine eigene Druckerei anzugliedern, kaum noch. Der Verleger kommt ohne eigenen technischen Betrieb ganz gut aus, vielleicht sogar besser auf seine Kosten. Anders liegen die Dinge beim Drucker. Namentlich di« in Druckereibetrieben immer wieder fest- stellbare überkapitalisation legt es dem Drucker nahe, sich auch aus das angeblich rentablere Verlagsgeschäft zu werfen, indem er Auf träge, di« ausbleiben, gewissermaßen selbst schasst. Wie die Er- ... sahrung zeigt, kann das von Vorteil sein. Freilich übernimmt dabei auch der Drucker ein neues beträchtliches Risiko und muß sich in seiner ganzen wirtschaftlichen Struktur als Unternehmer wesentlich umstellen. Daß so die Entwicklung zu Kombinationsbetrieben mehr von der Drucker- als von der Verlegersette ausgeht, erklärt sich -auch daraus, daß der Verleger zu einer solchen Erweiterung nicht unbeträchtliche Kapitalsaufwendungen nötig hat, der Drucker aber nicht in gleichem Umfange. Da aber immerhin die beiden zusammen- gespannten Betriebe, wie früher schon betont war, ihrem ganzen Wesen nach doch nicht übereinstimmen, hat di« Erfahrung gezeigt, daß auch in den kombinierten Unternehmungen eine organisatorische Trennung nach verhältnismäßig selbstständigen Abteilungen das Vorteilhafteste ist. Dabei behält die Vcrlagsabteilung die für sie-