Volltext Seite (XML)
1915 73 1916 kein Mittel, denn in der Hoffnung mehr Geschäfte als sein College zu machen, wird der Eine den Andern im Rabatt geben stets übecbieten, besonders bei den Classikern, deren Preise dadurch so heruntergedrückt werden, daß man kaum be greifen kann, wie sic noch Vortheile gewahren können. Hatte ein Verleger einmal einen glücklichen Gedanken, dessen Ausführung einen anständigen Erfolg seiner Bemü hungen versprach, so bereiten ihm gleich zwanzig Andere eine Concurrenz und erschöpfen den Stoff bis zur Neige. Man könnte vielleicht glauben, daß diese Verleger ihren Vorgänger übertreffen wollen, allein dieß ist nicht der Fall. Anstatt die Idee ihres Collegen, die unter geschickten Händen zu einer nachhaltigen Erwerbsquelle werden könnte, zu beleben, beuten sie nur dieselben aus, erschöpfen sie und richten sie durch Veröffentlichung der geringfügigsten und von jedem Werthe entblößten Bücher zu Grunde. — Sic beschäftigen sich nur damit, mehr oder weniger auffallende Titel zu erfinden, um die Neugier des Publikums rege zu machen. Das wird so bleiben, so lange diese Verleger kein anderes Ziel als das Geld kennen und nicht zugleich von dem Streben beseelt sind, ihren Mitbürgern durch gute Bücher nützlich zu werden. Ich weiß nicht, wie ich das nachfolgende Verfahren be zeichnen soll. Ein Verleger kündigt ein Werk für 3 Francs 50 C. an, den andern Tag verkauft er cs selbst und alle anderen Buchhändler zu 2 Fr. 75 C. Ein anderer kündigt ein Buch zu 10 Francs an und verkauft es wie seine Eollc- gcn zu 6 bis 7 Francs. Warum nun ein Werk zu 3 Fr. 50 E. oder zu 10 Fr. ankündigen, wenn man schon vorher entschlossen ist, es zu 2 Fr. 75 C. oder zu 6 bis 7 Fr. zu verkaufen? Warum wird nicht gleich der wahre Preis an gezeigt, zu dem man verkaufen will? Die Folge davon ist, daß die Buchhändler in den Departements welcheKostcn haben, die den Parisern nicht erwachsen, und deshalb nicht unter dem festgesetzten Preise verkaufen können, nichts absetzen; da die Verbindung mit Paris so sehr erleichtert ist, so lassen sich alle die, welche das Buch zu kaufen wünschen, dasselbe von dort Herkommen, nm nicht 3 Fr- 50 E. zahlen zu müssen, während sie für 2 Fr. 75 E. ihren Zweck erreichen können. Seit einigen Jahren hat man sich viel damit beschäf tigt, dem fremden Nachdruck zu steuern und dennoch es ru hig gestattet, daß in Frankreich selbst ohne Weiteres franzö sische Bücher nachgedcuckt werden. Noch zu keiner Zeit hatte diese Räuberei eine so große Ausdehnung, nie wurde sie so lebhaft betrieben, als heut zu Tage. Es wird so weit kommen, daß diejenigen, welche sich diesem unehrlichen Gewerbe hingebcn, bald die Unverschämtheit haben werden, ganz frei und offen die Erzeugnisse ihrer Industrie seil zu bieten. Wem soll dieser Unfug zur Last gelegt werden? Ist es die Gleichgültigkeit der verletzten Parthei? Liegt der Grund vielleicht in der Schwierigkeit, den Nachdruckern aus die Spur zu kommen? Muß man ihn in der Nachlässigkeit der Administration suchen? Erwächst er endlich aus der Un achtsamkeit der Buchhändler, denen diese Bücher angebotcn werden? Alle diese einzelnen Ursachen tragen viel dazu bei, die Frechheit und Unverschämtheit dieser Gauner, die man > nicht genug brandmarken kann, noch zu vermehren. Und wirklich, ein Verleger, der sein Werk in einer großen Anzahl von Exemplaren verkauft, bekümmert sich wenig dar um, ob noch einige Tausende Exemplare des Nachdrucks ver kauft werden, besonders da er auf wenig Beistand rechnen darf, indem die Behörden sich selten darinmischen. Ich habe gesehen, daß die Polizei Nachdrücke mit Beschlag belegte und die erforderliche Anzeige davon machte, allein die Sache blieb liegen, man dachte an keine Art von Ver folgung. Andererseits erfüllt cs den ehrliebenden Buch händler, dem nachgedcuckte Werke angebotcn werden, fast immer mit Widerwillen, wenn er daran denkt, den Angeber machen zu sollen, umsomehr wenn er gar nicht dabei interessirt ist. Noch andere Ursachen können die verletzte Parthei ab halten, die Nachdrucker ihres Werkes zu verfolgen, denn wenn sie es sich viel Geld hat kosten lassen, den Schuldigen aufzu finden und ihn auf frischer That zu ertappen, dann wird ihr von den Gerichten eine Entschädigung zucrkannt, die vielleicht nicht die Hälfte ihrer Kosten deckt und die außerdem noch sehr zweifelhaft ist, da dergleichen Subjecte in der Regel so weise Vorkehrungen treffen, daß sie nicht mehr zahlungs fähig sind. Aus dem Allen geht hervor, daß das Gesetz ohnmächtig ist, daß dieser Thcil unserer Gesetzgebung neu bearbeitet und allen Nachdruckern Strafen und bedeutende Entschädigungen auferlegt werden müßen, um ihnen die Lust zu benehmen, noch ferner nachzudrucken. Es ist gewiß, daß ein Buchhänd ler, dem ein Werk nachgedruckt wurde, alles aufbieten wird, seinem Nachdrucker auf die Spur zu kommen, sobald er nur auf eine hinlängliche und angemessene Entschädigung rechnen darf. Meiner Meinung nach wäre das beste Mittel gegen den Nachdruck, die Bücher wohlfeil zu verkaufen. Man kann nicht läugnen, die Preise sind in Frankreich sehr hoch. Es giebt nur eine Gattung von Büchern, die dem Nach druck unterliegen, diejenigen, die in großer Anzahl verkauft werden und folglich einen beträchtlichen Gewinn abwerfen. Gebt also die Bücher, welche großen Absatz haben, zu bil ligen Preisen, so daß es unmöglich ist, darunter zu gehen und ihr werdet bald erfahren, daß die Nachdrucker davon ab- lassen- Die Nachdrucker können ihre Bücher nur zu dem halben Preise der Originalausgaben verkaufen und da diese Art Leute nur darauf ausgeht, Geld zu verdienen, so wer den sie in keine fernere Versuchung gerathen sobald sie nichts mehr zu verdienen hoffen dürfen. Ihr werdet dabei eure Rechnung finden, weil ihr alsdann die einzigen seid, die eure Werke verkaufen und euer Absatz sich verdoppeln wird — denn gegenwärtig verkauft der Nachdrucker eben so viel als ihr. Die Buchhändler können gar nicht vorsichtig genug in der Wahl der Bücher sein, die sie einkaufen, sie sollten nur im mer auf die correctesten und solidesten Ausgaben Rück sicht nehmen, ihre Käufer auf die fehlerhaften Wecke aufmerksam machen und ihnen dagegen die empfehlen, welche, wenn auch nicht ganz fehlerfrei, so doch besser als jene sind- Dies System, welches ich seit langer Zeit befolge, hat mir immer gute Früchte getragen; leider findet es aber nur bei wenigen Buchhändlern Anklang, denn der größere Thcil derselben denkt nur daran, viele Geschäfte zu machen