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halte ich noch keineswegs für ausreichend. Es ist nachgewiesen, das; im Laufe eines Menschenalters die Rabattverhältnisse sich um 10 A verschlechtert haben, und der Verlegerverein will diese Verschlechterung dadurch gut machen, daß er uns jetzt für einen kleinen Teil unseres Bedarfs eine Verbesserung von 5A anbietet. Gewiß habe ich ja das Gefühl, daran werden wir nichts mehr ändern, jetzt ist es zu spät, denn es liegen feste Beschlüsse vor. Aber ich habe es doch nicht unausgesprochen lassen sein wollen, daß ich die innere Überzeugung habe, daß dem Sortiment damit allein noch nicht gedient ist. Ich denke z. B. an die sicher kommende Versicherung der Privatangestellten. Wer trägt die? Jede Branche wälzt die steigenden Spesen aus den Konsumenten ab, im Sortimentsbuchhandel ist das aber ausgeschlossen. Ich habe das Gefühl, mit dem. was uns hier geboten wird, ist nichts erreicht, und ich hätte gewünscht, wir hätten freudigere Nachrichten zu hören be kommen. (Vereinzelte Bravorufe.) Herr Justus Pape-Hamburg: Meine sehr geehrten Herren, daß eine Erhöhung des Rabatts um 5^ nicht alle Wünsche und Hoffnungen erfüllen kann, diese Empfindung werden wir alle mehr oder weniger teilen, daß aber von seiten des Sorti ments doch auch das, was hier geboten wird, schon Anerkennung verdient, möchte ich hier nicht unausgesprochen lassen. Wir müssen uns doch auch vergegenwärtigen, daß diese Frage nicht durch Mehrheitsbeschlüsse zu lösen ist, sonst wäre sie ja sehr leicht und einfach; wir müssen bedenken, daß jegliche Entwickelung vorwärts wie rückwärts immer nur schrittweise zu machen ist. Deswegen wollte ich nach den Worten des Herrn Paetsch als deutscher Sortimenter es aussprechen, daß ich zwar nicht in höchsten Jubilate- und in hellsten Kantatetönen von Leipzig nach Hamburg zurückkehre, daß ich aber zurück kehre voll Befriedigung darüber, daß die Not des Sortiments anerkannt wird vom Vorstand des Verlegervereins und von dem Vorstand des Börsenvereins, und wenn nur einmal der erste Schritt vorwärts getan ist, dann werden auch noch weitere Schritte auf dieser Bahn folgen. (Vielfaches Bravo.) Vorsitzender Herr vr. Vollert: Wünscht noch jemand das Wort? Das ist nicht der Fall; dann können wir weitergehen. Wir kommen zu der: Gehilfenbewegung und der Eingabe der Allgemeinen Vereinigung deutscher Buchhandlungsgehilfen. Ich bitte Herrn vr. Ehlermann dazu das Wort zu nehmen. Zweiter Vorsteher des Börsenvereins Herr vr. Erich Ehlermann-Dresden: Meine Herren, zu diesem Gegenstand ist ein Brief des Zentralvorstandes der Allgemeinen Vereinigung deutscher Buchhandlungsgehilfen eingegangen, adressiert an den ersten Vorsteher des Börsenvereins, Herrn Or. Vollert. Den Brief bringe ich hiermit zum Vortrag: Sehr geehrter Herr vr. Vollert! Die Äußerung des Vorstandes des Börsenvereins in seinem Geschäftsbericht für das Vereinsjahr 1907/08 über unsere Mindcstgehaltstabelle gibt uns Anlaß, uns noch einmal an Sie zu wenden und die höfliche Bitte auszusprechcn, unsere Ausführungen, wenn irgend möglich, noch zur Kenntnis der Hauptversammlung des Börsen vereins der Deutschen Buchhändler zu bringen. Der Vorstand des Börsenvereins betont in seinem Geschäftsbericht, er habe sich nicht in der Lage gesehen, unserem Wunsche nach Anerkennung der Mindestgehälter Folge zu geben. Es heißt dann weiter: Die Festsetzung eines Mindestlohns erscheint allenfalls bei solchen Arbeiten möglich, die nach ganz bestimmten äußeren Merkmalen kontrolliert werden können; dagegen schwanken die Leistungen des Buch handlungsgehilfen je nach den Anforderungen, die an Kenntnisse und Einsicht, sowie an persönliche Leistungs fähigkeit gestellt werden, innerhalb so weiter Grenzen, daß auch das Mindestgehalt nicht nach der Schab lone bemessen werden kayn. Dieses würde vielfach nickits anderes als eine Prämie auf unzulängliche geschäftliche Leistungen bedeuten und zudem die Folge haben, daß die Aufbesserungen, welche andernfalls dem tüchtigen Gehilfen zu gute kämen, für die weniger tüchtigen verbraucht werden. Manche Geschäfte würden außerdem genötigt werden, die Gehilfen mehr und mehr durch billigere Hilfskräfte zu ersetzen. Die Einführung fester Mindestgehälter würde zudem die Folge haben, daß Gehilfen, deren Leistungen dem Mindestgehalt nicht entsprechen, eine Anstellung im Buchhandel nur noch sehr schwer fänden. Die von einzelnen Kreisen der Gehilfenschaft angestrebte Festsetzung von Mindestgehältern kann daher, auch im wohl verstandenen Interesse der Gehilfen selbst, nicht empfohlen werden. Wir glauben, daß mit diesen Ausführungen das nicht getroffen wird, was wir mit unseren Mindest gehältern beabsichtigen. Wir haben in unserm Anschreiben an den Vorstand des Börsenvereins ausdrücklich betont, daß unsere Mindestgehälter das Lebensminimum für jede einzelne Stadt bedeuten, d. h. jenen Betrag, den der Gehilfe unerläßlich beanspruchen muß, wenn er nach den Ansprüchen, die betreffs Kleidung usw. an ihn gestellt werden, auf ehrliche Weise durchkommcn will. Unsere Mindestgehälter bewegen sich für das Deutsche Reich zwischen 90 und 125 Mk.; das ist kaum mehr als heute durchschnittlich junge Handwerker und Arbeiter, selbst ungelernte, beziehen, die pro Tag auch mit 3,50 Mk. bis 4 Mk. in fast allen größeren Städten bezahlt werden. Eine schlechtere Bezahlung der Buchhandlungsgehilfen müßte also »ein kulturelles Versinken dieser Kreise unter die Klasse der Handarbeiter« (vergl vr. Brunhuber) zur Folge haben, eine Erscheinung, über die auch unteu tatsächlich schon geklagt wird. Von Qualitätsleistungen kann bei den Mindestgehältern, wie wir uns in unserem ersten Auschreibcn bereits zu bemerken erlaubten, füglich nicht wohl die Rede sein. Eine gewisse Garantie für ein Mindestmaß an Leistungen ist doch aber durch die Lehrzeit schon geboten, wie wir denn bei unfern Mindestgehältern wesentlich nur gelernte Gehilfen, bezw. solche nichtgelernte Angestellte im Auge gehabt haben, die durch praktische Bewährung ihre Leistungsfähigkeit schon erwiesen haben. Und da das Handelsgesetz buch dem Lehrherrn die Pflicht auferlegt, den Lehrling in allen in seinem kaufmännischen Betriebe vorkommenden Arbeiten zu unterweisen, so wird man doch wohl annehmen dürfen, daß alle ausgelernten Gehilfen wenigstens über ein gewisses Mindestmaß an Kenntnissen verfügen, für welches eben unsere Mindestgehälter gedacht sind. Eine gegenteilige Annahme würde auf die Gewissenhaftigkeit der buchhändlerischen Lehrchefs einen Rückschluß gestatten, wie wir ihn nicht machen möchten. Der Verein der Buchhändler zu Köln scheint das freilich tun zu