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134, 12. Juni 1908. Nichtamtlicher Teil. vörlmdlatt s. d. Dtschn. kuchhandrl. 6511 Vom amerikanischen Buchhandel. Die Jahresversammlung der ^morioan Loollssllors' ^.ssoeiatiov — des Vereins der amerikanischen Sortiments- buchhändler —, die in der Woche nach Kantate stattfand, stand ganz im Zeichen der Rabattfrage. Amerika hat näm lich auch eine solche. Nominell werden die meisten Romane zu K 1.50 veröffentlicht; der höchste Preis aber, der von Kunden dafür bezahlt wird, ist S 1.20; in den meisten Fällen ist er nur K 1.08 und gar weniger. Einzelne Warenhäuser, die hier die Hauptkonkurrenten des regulären Buchhandels sind, verkaufen die Bände, für die sie dem Ver leger SO Cents bezahlen, zu 98 Cents, um das Publikum anzulocken. Bisher sind die Versuche, eine einheitliche Rege lung des Normal-Verkaufspreises herbeizuführen, gescheitert. Ein Prozeß, den der Verlegerverein gegen ein großes Waren haus geführt hat, um dieses zu zwingen, zum ortsüblichen Preise zu verkaufen, ist immer noch in Schwebe; es wird versucht, das Urheberrechtsgesetz zum Schutze anzurufen, bis her mit wechselseitigem Erfolg. Ein Vorschlag geht dahin, die Verleger zu veran lassen, in Zukunft die Bücher anstatt zu S 1.50 zu H 1.25 not zu veröffentlichen und die Abnehmer zur Einhaltung dieses Preises zu verpflichten; ein anderer fordert den Zusammenschluß der Buchhändler der einzelnen Städte und Staaten zur Festsetzung des ortsüblichen Ladenpreises. Die amerikanischen Gesetze bieten, wie es scheint, vorläufig noch keine Handhabe, um den Händler zu zwingen, den vom Verleger festgesetzten Preis einzuhalten, und wie weit private Abmachungen führen, muß erst die Zukunft lehren. Der amerikanische Sortimentsbuchhandel liegt infolge des geschmälerten Verdienstes sehr darnieder; das Warenhaus rst sein größter Feind, ist doch heute schon ein großes Warenhaus, das ein Haus in New Jork und Philadelphia besitzt, der größte Kunde des amerikanischen Verlags. Es soll tatsächlich mehr Bücher verkaufen, als die beiden größten Sortimentsfirmen Amerikas zusammen. Einen beträchtlichen Teil der Verhandlungen nahm ferner die Stellungnahme zu den Bibliotheken ein. Diese erhalten bei gewöhnlichen Büchern einen Minimalrabatt von 331/z Prozent auf den Ordinärpreis und bei den unter dem Net-System veröffentlichten Werken 10 Prozent, ziehen aber in vielen Fällen noch vor, die englischen Ausgaben zu importieren, die sie sich noch billiger ver schaffen können. Es wird dadurch dem amerikanischen Buchhandel jedes Jahr eine beträchtliche Summe entzogen, die sich die Buchhändler gern sichern möchten. Zu einem positiven Ergebnis haben die Verhandlungen allerdings nicht geführt, und es bleibt wohl bei den stillen Wünschen des notleidenden Sortimenterstandes. Erfreulich war der Beschluß, der gefaßt wurde, um der seichten Literatur, die sich in letzter Zeit breit machte, Ein halt zu gebieten. Besonders englische Schriftsteller haben im letzten Jahre Werke geliefert, die sehr zweifelhaften Charakters sind und gegen die die Amerikaner Front machen wollen. Es soll versucht werden, die Ausbreitung dieser Literatur, die ja allerdings leider oft mehr materiellen Gewinn bringt, als die gute, im Keime zu ersticken. Das am 20. Mai stattgefundene Bankett, das den Ab schluß der Versammlung bildete, gestaltete sich zu einer kleinen ^tzto littersirs. Der Held des Abends war Mark Twain, Amerikas beliebtester Erzähler, der die Gelegenheit benutzte, um dem Buchhandel für seine Verwendung für seine Werke zu danken. Im traditionellen weißen Flanell-Anzug, der zu seinem Silberhaar ausgezeichnet paßt, hielt der Humorist eine äußerst launige Rede. Hochinteressant waren die Absatz ziffern für seine einzelnen Werke, die erst seit fünf Jahren in einer Gesamtausgabe bei einem Verleger erscheinen. Nach einem Kontrakt mit dem Verleger sollte dieser während 5 Jahren je 50000 Bände absetzen; anstatt dessen wurden in den ersten 4 Jahren schon 490 000 Bände verkauft bei steigendem Absatz jedes Jahr. Sein bestgehendes Buch ist sein Erstlingswerk »lös Innoosnts abroaä«, von dem 46 000 Exemplare in der neuen Ausgabe verkauft wurden; dann folgt llow Lacv^sr mit 41 000 Exemplaren und Rougbing it mit 40 334 Exemplaren rc. Wenn man in Betracht zieht, in wieviel Hunderttausenden von Exemplaren die früheren Aus gaben — 'llbs Innoosnts abroaä ist schon vor 40 Jahren erschienen — verbreitet worden sind, so darf man ruhig be haupten, daß seine Werke in Millionen von Bänden Absatz gefunden haben. Ganz besondere Freude bereitete es dem Humoristen jedoch, wie er sagte, daß das Publikum das einzige ernste Buch, das er geschrieben habe, die »korsonnl Rooollsottons ot,IoLii ot L.rer auch gern gelesen und gekauft habe, denn davon seien seit Erscheinen schon über 16 125 Exemplare abgesetzt worden. Die Versammlung zollte dem Autor stürmischen Beifall, als er endete, und stimmte Herrn S. Brentano, dem Vorstand des New Parker Buchhändler- Vereins lebhaft zu, als er sich erhob und Herrn Mark Twain im Namen der amerikanischen Buchhändler dafür dankte, daß er durch seine Werke für lange Jahre eine gute Einnahme quelle für sie gewesen sei und hoffentlich noch recht lange bleiben werde. Ein seltenes Jubiläum begingen zugleich zwei Männer deutscher Abkunft, die sich um das Wohl des amerikanischen Buchhandels verdient gemacht haben. Der eine, Herr A. Growoll, Herausgeber der bekannten Fachzeitschrift »Lnblisbsrs' Wssltt^« feierte sein fünfzigjähriges Berufs jubiläum. Es wurden ihm bei dieser Gelegenheit eine von seinen Fachgenossen gestiftete goldene Uhr und ein Album, in dem alle Anerkennungsschreiben über seine Tätigkeit ein geheftet waren, überreicht. Der andere Jubilar, Herr CH. A. Burkhardt, hat sich speziell um die Organisation des New Porker Buchhandels während der letzten 20 Jahre verdient gemacht. Ihm wurde als äußeres Anerkennungs zeichen für seine langen Dienste ein schönes silbernes Service überreicht. New Park, 27. Mai 1908. Ernest Eisele. Kleine Mitteilungen. AuktiovKpreise. — Von der Versteigerung von Hand zeichnungen und Aquarellen am 25.-27. Mqi bei Amsler L Ruthardt in Berlin sind wir in der Lage folgende Preise anzuführen: Kat.-Nr. Titel. ^ H,. Alte Meister bis Anfang 1800. 7 Albrecht Altdorfer (1480—1538), Kopf e. alten Mannes. 52.— 8 Jost Amman (1539—1591), Römischer Feldherr. 60.— 34 Claas Pieterß Berchem (1620 — 1683), Baumreiche Uferlandschaft. 100.— 35 — Hügelige Landschaft. 50.— 60 Franyois Boucher (1703—1770), Alter bärtiger Mann. 64.— 67 Jan de Brar>, Vor einem Hause werden Kinder ge kleidet und gespeist. 90.— 76 Paul Bril (1554—1626), Von einer felsigen Anhöhe blickt man in ein weites Flußtal. 105.— 81 Hans Brosamer (1485—1552), Junge Frau i. Jagdkostüm. 56.—7 114 Daniel Chodowiecki (1726—1801), Ein Mann im Morgen- rock und Schlafmütze. 52.— 119 — Großes Sommerzelt in einem Park. 210.-U^ 124 Gonzales de Coques (1618—1684), Ein Edelmann. llvM' 848*