Volltext Seite (XML)
6496 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Amtlicher Teil. ^ 134, 12. Juni 1908. Herr Prager-Berlin: Meine Herren, so dankenswert diese Aktion des Vorstandes ist, so sürchte ich doch, wenn diese Menge Fragen an die Leute gestellt werden, daß der Erfolg ein sehr spärlicher sein wird. Jeder, der schon mit statistischen Ermittelungen zu tun gehabt hat, weiß, wie schwierig es ist selbst für gebildete Leute, derartige Fragen richtig zu beantworten. Gleich die erste Frage bezüglich des Hauptbetriebes klingt ungeheuer einfach, ist aber doch nicht so einfach zu beantworten, namentlich für Betriebe in der Provinz, die alles mögliche nebenher führen. Was heißt Hauptbetrieb? Da bekommen die Leute schon einen Schreck und beantworten die Frage nicht. Dann die große Reihe Unterfragen, das ist auch unzweckmäßig. Wenn die Sache nicht klipp und klar wird, sodaß die Leute nur ein oder zwei Fragen zu beantworten haben, woraus wir uns dann heraussuchen, was das rechte ist, allenfalls unter Rückfrage an die Kreis- und Ortsvereine, so werden wir brauchbares Material nicht bekommen. Ich habe einigermaßen Erfahrung darin, da ich bei vielen Zählungen mitgewirkt habe; wenn die Zeit nicht zu kostbar wäre, könnte ich Ihnen Sachen erzählen, Antworten, die man da erhält, die Sie vielleicht nicht für möglich halten würden. Ich will davon absehen, möchte aber bitten, soweit angängig, die Fragen zu vereinfachen. Herr Sellicr-München: Ich möchte auf diese Ausführungen des Herrn Prager zunächst erwidern, daß ich über diesen Vorwurf im höchsten Grade erstaunt bin, und ich glaube, daß es den anderen Vorstandsmitgliedern ebenso geht. Herr Prager gehört ja dem Vereinsausschuß an, diese Fragen haben uns gemeinsam Vorgelegen, ich begreife nicht, warum Herr Prager erst jetzt kommt mit der Beanstandung von Fragen, die er selbst mitbeschlossen hat. Herr G. A. Seraphin-Hermannstadt: Geehrte Herren, ich möchte im Anschluß an das Referat des geehrten Herrn Vor redners nur den folgenden Wunsch hier aussprechen: wenn man schon in Österreich, wo infolge des Konzessionszwanges die Dinge anders liegen, von der Versendung der Fragckarten Abstand nehmen will, wolle man nicht Abstand nehmen in bezug auf die ungarische Reichshälfte. In Ungarn haben wir dieselbe Gewerbefreiheit wie hier in Deutschland, und die Blüte dieser Gewcrbcfreiheit besteht speziell in bezug auf den Buchhandel auch darin, daß jemand, der vor 4 Wochen noch mit Hasen fellen und dergleichen schönen Artikeln gehandelt hat, sich plötzlich als Buchhändler geriert und sich in Budapest oder in dem schönen Leipzig einen jener bekannten Wunder-Kommissionäre engagiert. Ich möchte die Bitte aussprechen, daß diese Karten in der ungarischen Rcichshälste jedenfalls versandt werden; in der österreichischen Reichshälfte sie zu verschicken halte auch ich für unnötig, weil dort der Konzessionszwang besteht und die österreichische Regierung, wenn sie eine Konzession zu verleihen hat, meist auch die ortsansässigen Buchhändler fragt, ob der Konzessionsbewerbcr ein wirklicher Buchhändler und berufen ist, dieses Gewerbe auszuübcn, und dann nützen in den meisten Fällen Protektion und andere Mittelchen nichts, um eine solche Konzession widerrechtlich zu erwerben. Ich bitte also, in Ungarn die Karten jedenfalls zu versenden. Vorsitzender Herr vr. Bollert: Ich danke sehr für diese Anregung, sie wird jedenfalls berücksichtigt werden. Wir kommen zu dem Abschnitt über den Außerordentlichen Ausschuß für Urheber- und Verlagsrecht. Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht der Fall. Dann zu dem Außerordentlichen Ausschuß zur Revision der Restbuchhandelsordnung. — Zu dem Außerordentlichen Ausschuß für die Beratung einer Verkaufsordnung. Erster Schriftführer des Börsenvereins Herr Karl Siegismund-Berlin: Meine Herren, eine allgemeine Besprechung über den Inhalt der Verkaufsvrdnung hat von seiten des Ausschusses zweimal stattgefunden. In diesen Besprechungen sind eine Anzahl strittiger Fragen vorläufig erledigt worden mit der Maßgabe, daß die in diesen Beratungen gefaßten Be schlüsse in die Verkaufsordnung ausgenommen werden sollen. Der Ausschuß hat sich nachher in verschiedene Subkommissionen geteilt. Es ist eingesetzt worden eine Kommission für das Sortiment, eine für den Verlag und eine für das Antiquariat, welche ihre Arbeiten einzusenden hatten an die sogenannte Redaktionskommission. Die Redaktionskommission hat einen vor läufigen Entwurf feststcllen können, der vor einigen Tagen an die Mitglieder des Ausschusses zur Versendung gelangt ist. Es wird nunmehr dieser erste Entwurf im Laufe des Juni oder Juli in einer Plenarsitzung beraten werden; es werden dann die aus dieser Beratung hervorgcgangencn Unterlagen weiter in einer gemeinsamen Besprechung des Vorstands des Ver einsausschusses und des Verkau'fsordnungsausschusses gefördert werde», und es wird danach der durch die Beratung dieser drei Körperschaften gewonnene Entwurf der buchhändlerischen Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Wir hoffen bestimmt, daß wir, wenn wir so Vorgehen, zur nächsten Östermesse Ihnen den endgiltigen Entwurf zur Annahme vorlegcn können. Vorsitzender Herr vr. Vollcrt: Wünscht hierzu jemand das Wort? Es scheint nicht der Fall. Wir kommen zum nächsten Abschnitt: Kommission zur Beratung eines buchhändlerischen Lehrbuchs. Ich bitte Herrn Voerster, hierüber Bericht zu erstatten. Erster Schatzmeister des Börscnvereins Herr Alfred Voerster-Leipzig: Meine Herren, ich freue mich sehr. Ihnen im Auftrag des Vorstands das erste Exemplar des buchhändlerischen Lehrbuchs vorlegen zu können. (Bravo.) Gestatten Sie, daß ich bei dieser Gelegenheit einige wenige Worte über die Geschichte dieses Lehrbuchs zu Ihnen spreche. Das Bedürfnis nach einer besseren Ausbildung unseres bnchhändlerischen Nachwuchses ist sehr alt. Bereits in den 90er Jahren hat Herr Hermes in Tübingen im dortigen Buchhandlungsgehilfenverein »Insel«, hat Herr Siegismund in Berlin, hat der Buchhandlungsgehilfenvercin »Krebs« in Berlin Anstrengungen gemacht, durch Vortragskurse den jungen Buch händlern eine bessere Ausbildung zu verschaffen als bisher. Im Jahre 1899 wurde von seiten des Börscnvereins ein Ausschuß ernannt, der sich mit dieser Frage beschäftigen sollte. Demselben gehörten an die Herren Zwißler-Wolfenbüttel, Pape-Hamburg, Siegismund-Berlin. Der Ausschuß legte im Jahre 1900 der Hauptversammlung des Börsenvereins einen Plan vor zur Ausbildung von Lehrlingen. Der Plan wurde in der damaligen Hauptversammlung angenommen. Außer dem beschäftigte sich der Ausschuß mit dem Gedanken der Lehrlingsprüsung. Der viel erörterte Gedanke wurde schließlich als undurchführbar abgelehnt; dagegen wurde ein Preisausschreiben erlassen, um auf diesem Wege zu einem Lehrbuch für den deutschen Buchhandel zu gelangen, das allen Ansprüchen genügte. Aber auch dieser Weg führte nicht zum Ziel; im Jahre 1903 trat ein neuer Ausschuß zusammen, bestehend aus den Herren Kommerzienrat Nauhardt-Letpzig, Titze-Leipzig und Hermes-Tübingen. Inzwischen hatten sich unabhängig von den Bestrebungen des Börsenvereins drei Berliner Herren, Max Paschke, Philipp Rath und Paul Kersten eingehend mit der Frage der Schaffung eines buchhändlerischen Lehrbuches, und zwar in der Art wie das alte Rottner'sche Lehrbuch, beschäftigt. Die Herren legten im Jahre 1904 dem Vorstand