Volltext Seite (XML)
7076 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Amtlicher Teil. 134. 13. Juni ISI1. Kleine Mitteilungen. Zur Überproduktion. — Die »Neue Freie Presse« (Wien) vom 10. Juni bringt eine längere Notiz aus der Feder unseres Kollegen und Mitarbeiters Herrn Friedrich Schiller in Wien, betitelt »Von alten und neuen Büchern«, der wir folgendes Bruchstück entnehmen: Der Deutsche Verlegerverein stellt in seinem kürzlich erschienenen Jahresbericht die ihn tief be trübende Tatsache fest, daß die Bücherproduktion im abgelaufe nen Jahre abermals, und zwar auf 31 000 Bücher gestiegen ist. Wenn die Fabrikanten von Zucker, Leinwand, Seide erhöhte bei den Fabrikanten, nicht minder bei den Volkswirten, Steuer ämtern usw., denn so viel Zucker, Leinwand oder Seide erzeugt wurde, so viel wurde auch konsumiert. Bei Büchern stimmt dies nicht, denn erfahrungsgemäß wird oft nach Jahren ein nicht ge ringer Teil der Verlagsvorräte makuliert, vernichtet. Ueber die stetig wachsende Anzahl der neu erscheinenden Werke klagen in erster Linie die Verleger und Sortimenter, weil es immer schwieriger wird, die Aufmerksamkeit des Publikums zu fesseln, denn auch dem Publikum wäre weniger meistens mehr. Aber es ist keine Aussicht vorhanden, daß der Wunsch der Verleger, Zuzug fernzuhalten, in Erfüllung geht. In der Fachliteratur ist bei den Handbüchern, Kompendien ein Wett bewerb um die bessere Darstellung; es gilt, dem Studierenden ein wissenschaftliches Gebiet in abgerundeter, klarer Form zu zeigen. Im Reiche der sogenannten schönen Literatur hofft jeder Autor, jeder Verleger — da der Grad des Erfolges so wenig wie bei einem Theaterstück sicher vorauszusagen ist — einen »Schlager« zu bringen. Die Vorschläge, die die Überproduktion auf dem Verlagsgebiete eindämmen sollen, sind sämtlich unausführbar. Jeder Verleger wird sagen: Ich trage ja meine Haut zu Markte, ich riskiere mein Geld, also verschont mich mit euren Enthaltsam- keitspredigten. Als Paul Lindau vor Jahrzehnten eine neue Monatsschrift begründete, hielt man ihm vor, daß es überflüssig sei, neben der bereits bestehenden eine neue herauszugeben (heute erscheinen wohl mehr als zehn derartige Monatshefte). Der schlagfertige Lindau entgegnete: »Es fragt sich nur, welche über flüssig ist, die neue oder die alte. Er meine: die alte.« ... Post. — Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Kontoinhaber im Postscheckverkehr Ende Mai 1911 auf 66 100 gestiegen. (Zu gang im Monat Mai über 1000.) Auf diesen Postscheckkonten wurden im Mai gebucht über 1,098 Milliarden Mark Gutschriften und 1,094 Milliarden Mark Lastschriften. Das Gesamtguthaben der Kontoinhaber betrug Ende Mai 110 Millionen Mark, ihr durchschnittliches Gesamtguthaben während desselben Monats 123^/z Millionen Mark. Im Verkehr der Reichspostscheckämter mit dem Postsparkassenamt in Wien, der Postsparkasse in Budapest, den schweizerischen Postscheckbureaus und der belgischen Post verwaltung wurden 6'/« Millionen Mark umgesetzt, und zwar auf 2340 Übertragungen in der Richtung nach und auf 9670 Über tragungen in der Richtung aus dem Auslande. Das graphische Kabinett, Berlin am Kurfürstendamm 33, bringt als Eröffnungsausstellung neuere graphische Arbeiten der unter dem Protektorate des Erzherzogs Leopold Salvator stehenden Wiener Gesellschaft f. vervielfältigende Kunst, sowie Arbeiten von Boehle, A. von Bülow, Fritz Lederer, Munch, Struck und Holz schnitte von Melzer und Schmidt-Rottluff. Landwirtschaftsausstellung in Kassel. — Vom 22 bis 27. Juni findet in Kassel die »Große landwirtschaftliche Jubiläums- Wanderausstellung 1911« statt. Mit der landwirtschaftlichen Aus stellung ist gleichzeitig auf demselben Gelände eine Kolonialwirt schaftliche Ausstellung verbunden. Deutsche Kunsthändler-Gilde. — Der provisorische Vor stand einer Vereinigung der deutschen Kunsthändler, deren Schaffung bei Gelegenheit der Hauptversammlung der Ver einigung der Kunstverleger Ende April d. I. in Berlin beschlossen worden war, hatte für den 7. Juni eine Einladung an die deutschen Kunstsortimenter zu einer konstituierenden Ver sammlung nach Frankfurt a/M. erlassen (vgl. die Notiz in Nr. 124 d. Bl.) Etwa 20 Herren aus den ver- Punkt 2 der Tagesordnung »Feststellung der Mitgliederliste« be kannt wurde, daß bis zu diesem Zeitpunkte sich schon ungefähr 60 Firmen schriftlich als Mitglieder der zu schaffenden Ver einigung angemeldet hatten. Einen Überblick über den Verlauf der Verhandlungen und über die gefaßten Beschlüsse gewährt wohl am besten das darüber aufgenommene und nachstehend zum Abdruck gebrachte: Protokoll über die am 7. Juni in Frankfurt am Main (Hotel Frankfurter Hof) nachmittags 3 Uhr stattgehabte Versammlung Deutscher Kunsthändler. Tagesordnung: 1. Bericht über die Verhandlung in Berlin. 2. Feststellung der Mitgliederliste. 3. Wahl des Wortlautes für die Benennung der Vereinigung. 4. Beratung und Genehmigung der Satzungen. 6. Wahl der Mitglieder des Vorstandes für das Geschäfsjahr 1911/12. 6. Bestimmung des Ortes der nächstjährigen Hauptversammlung. 7. Diskussion ohne Beschlußfassung etwaiger aus der Versammlung gestellter Anträge. Herr Spieckermann (Cöln) begrüßt als I. Vorsitzender des provisorischen Vorstandes die Erschienenen und bringt ein Schreiben des Vorstandes der Vereinigung der Kunstverleger zur Kenntnis der Versammlung, worin das Interesse der Vereinigung der Verleger für den Zusammenschluß des Sortiments und der Wunsch be züglich eines guten Resultats der Verhandlungen zum Ausdruck gebracht wird. Sodann erteilt er zu Punkt 1 der Tagesordnung Herrn Vonderbank (Aachen) das Wort, der über die in Berlin stattgehabten Verhandlungen berichtet und Zwecke und Ziele der zu gründenden Vereinigung der Sortimenter erläutert unter ausdrücklicher Betonung des von Anfang an festgelegten Stand punktes, daß eine Wahrung der Interessen des Kunsthandels nur durch ein Hand-in-Hand-gehen mit der Vereinigung der Kunst verleger gesucht werden solle. — Zu Punkt 2 der Tagesordnung verliest Herr Spieckermann die Liste derjenigen Firmen, die sich als Mitglied der Vereinigung angemeldet und, soweit sie nicht persönlich vertreten waren, Stimmvollmacht erteilt hatten. Die Feststellung ergab das erfreuliche Resultat von 59 angemel deten Mitgliedern. (Das Verzeichnis der Mitglieder siehe am Schluß des Protokolls.) — Bei Punkt 3 der Tagesordnung »Wahl des Wortlautes für die Benennung der Vereinigung« wurde auf Vorschlag des Vorstandes einstimmig die Bezeichnung »Deutsche Kunsthändler-Gilde« gewählt. Die Gilde soll in das Vereinsregister eingetragen werden mit dem Sitz in Frankfurt a. M. — Punkt 4 der Tagesordnung »Beratung und Genehmigung der Satzungen« nahm einen sehr breiten Raum in der Verhand lung ein. Die Satzungen sowie die damit verbundene Verkehrs ordnung wurden mit einigen Abänderungen in der vom Vorstande vorgeschlagenen Fassung angenommen. — Punkt 6 der Tages ordnung »Wahl des Vorstandes« ergab folgendes Resultat: 1. Vorsitzender Herr Arnold Spieckermann (in Firma von Elsner L Spieckermann), Cöln a. Nh., 2. Vorsitzender Herr Rudolf Rath, Berlin, 1. Schriftführer Herr Eduard Gießen (in Firma Julius Gießen), Frankfurt a. M., 2. Schriftführer Herr Jacob Vonder bank, Aachen, 1. Schatzmeister Herr Hofkunsthändler August Koelsch (in Firma Theodor Lichtenberg), Breslau, 2. Schatzmeister Herr Wilhelm Suhr 86n. (in Firma Commetersche Kunsthandlung), Hamburg. Mit Ausnahme des nicht anwesenden Herrn Rath erklärten sich die Herren zur Annahme der Wahl bereit. — Zu Punkt 6 der Tagesordnung wurde als Ort für die nächst jährige Hauptversammlung unter großem Beifall München be- stimmt. — Punkt 7 der Tagesordnung: »Diskussion ohne Be schlußfassung etwaiger aus der Versammlung gestellter Anträge« ergab eine Fülle von Anregungen für die zunächst in Angriff zu nehmenden Arbeiten des Vorstandes. — Schluß der Versamm lung um 8^/z Uhr. gez. Arn. Spieckermann. Ed. Gießen. Jak. Vonderbank. So ist denn mit der Bildung der Deutschen Kunsthändler- Gilde der Zusammenschluß des Kunstsortiments zur Tatsache geworden. Die ersten Tage nach der Versammlung brachten noch weitere Anmeldungen, so daß die Mitgliederzahl der Gilde schon heute über 80 Firmen beträgt. Die Einschreibegebühr ist auf 25 der jährliche Mitgliedsbeitrag auf 20 ^ festgesetzt worden. Das Arbeitsfeld der Gilde ist bei der heutigen Lage des