Volltext Seite (XML)
5048 Börsenblatt f. d. Dtfchn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 107, 13. Mai 1013. Gesandte, wenn auch mit Verzögerung, gewöhnlich in die Hände des Adressaten, denn die Postämter der Städte haben sich schon dareingefunden, Unbestellbares vor Rücksendung erst nach der Hauptstadt des benachbarten Reiches zu senden, da in vielen Fällen der Irrtum am Namen des Adressaten erkannt wird. Der Fehler ist infolge des festeingcprägten Begriffs Skandinavien vielleicht erklärlich, aber kaum entschuldbar. Wie eine Vernach lässigung des Anzugs Geringschätzung der Gesellschaft verrät, in die man tritt, so ist zweifellos eine nachlässig abgefaszte Adresse ein beleidigendes Geringschätzen des auswärtigen Geschäfts freundes, mit dem man ein Geschäft abwickeln oder in Ver bindung treten will. Doch der Kaufmann ist es nicht allein, der sich die Nachlässigkeiten zu schulden kommen läßt. Auch der Schriftsteller und Gelehrte macht sich dieser Rücksichtslosigkeit schuldig, so daß dem Buchhandel dadurch oft beträchtlicher Scha den erwächst. Es ist nämlich Sitte, oder besser gesagt Un sitte der hiesigen Zeitungen, sich über Nachlässigkeiten und Jrr- tllmer recht laut zu entrüsten, und da, wie ich schon früher er wähnte, die Sympathie für Deutschland nicht hoch im Kurse steht, so geht es ohne einige Lästerungen und Geistreicheleien auf deutsche Genauigkeit nie ab. Was jedoch das Schlimmste ist: die Zeitungen haben in jedem Falle großen Einfluß aus das bücherkausende Publikum. Von den Fehlern und Jrrtümern seien hier nur einige typische genannt: In einer unserer an erkannt besten deutschen Literaturgeschichten wird von dem bizarr genialen Norweger (?) und an anderer Stelle von den beiden Norwegern Ibsen und Strindberg gesprochen. In einer guten, sogar einer der besten Sammlungen, die Deutschland hat, erscheint ein schwedisch-deutsches Gesprächsbuch, versaßt von einem Do zenten, der seine Sätze halb dänisch, halb schwedisch zusammen gebaut hat. In der Künstlermonographie über Zorn schreibt Franz Scrvaes gelegentlich einer Besprechung des Bildes Toast: Dahinter blickt uns mit breitem, vergnügtem Schmunzeln der Med.-Pros. Axel Key — Wohl ein Bruder der Ellen Key — offen herzig an. Daß in Schweden mehr als eine Familie mit dem Namen Key existiert, davon hätte sich Herr Servaes überzeugen sollen, ehe er die Bemerkung: »Wohl ein Bruder der Ellen Key« niederschrieb. Beim Versenden des Prospekts über das Ende vorigen Jahres erschienene Werk: Lemberger, Die Bildnis-Minia tur in Skandinavien, erhielt ich einen Prospekt mit der Be merkung zurück: Eine Bildnis-Miniatur in Skandinavien gibt es nicht, es gibt nur eine solche in Schweden, Norwegen und Dänemark. Derselbe Kritiker schrieb später in einer Zeitung eine Besprechung, die den Verlauf des Buches entschieden beeinträch tigte. Für den Uneingeweihten wird es kaum verständlich sein, wo der Unterschied liegt, aber der ernste Kunstfreund hier stößt sich an einem derartigen Titel, da sich tatsächlich die Kunst eines jeden der drei Länder so selbständig entwickelt hat, daß von einer »skandinavischen Kunst« nicht die Rede sein kann, überhaupt wird jeder, der sich längere Zeit hier aufhält, die Erfahrung machen, daß der Skandinavismus überwunden ist. War das Gefühl einer Zusammengehörigkeit von jeher schwach, so möchte man sagen, daß es jetzt, wahrscheinlich durch die veröffentlichte Schrift des schwedischen Professors Sundbärg: Det svenska Folklynnet, vollständig verschwunden ist. Das Buch, das eine kolossale Verbreitung hatte, erregte die Gemüter seinerzeit ziem lich stark. Viele Schriften für und Wider erschienen, und mag in dem Buche der Däne vielleicht auch zu sehr als Prttgeljunge benutzt worden sein, das endlich offen ausgesprochene Wort, daß hier oben drei ganz verschiedene, ungleichgeartete Völker leben, hat an seiner Wahrheit nichts eingebützt. An dieser Stelle zu zeigen, in welcher Beziehung sich nach den Angaben Sundbärgs die Völker von einander scheiden, würde zu weitführen. In meinen späteren Briefen werde ich mit vereinzelten Angaben dar auf zurückkommen. Boghandcl eller Kinematographer, das sind zwei Begriffe, die auch im Norden lange Auseinandersetzungen brachten. In einem Falle war es ein erklärlicher Protest der Norweger gegen die dänische Verlagsbuchhandlung, die Jonas Lies Komman- dörens dötre zwecks Filmbcarbeitung verkauft hatte. Die nor wegischen Zeitungen fordern eifrig die norwegischen Verfasser aus, gegen ein derartiges Verfahren zu protestieren, und mahnen energisch, nichts mehr in Dänemark zu verlegen. Alle Artikel zeugen davon, daß nach und nach eine gänzlicheScheidung des nor wegischen Buchhandels vom dänischen zu erwarten ist. Im andern Falle handelt es sich um einen Aussatz des Schriftstellers Hans M. Thomsen in der Nordisk Boghandlertidende, der den Unter gang des Buchhandels voraussagt. Wie der Buchhandel seinen Anfang habe, so könnte er auch sein Ende haben, und das um so schneller, wenn der Buchhändler es nicht verstehe, den ange fachten Brand, der im Buchhandel entstanden ist, zu löschen. Dem Vorhaben Edisons, die Schulbücher durch das lebende Bild auszurotten, wird hier anscheinend zu viel Bedeutung beigelegt. Ob der Kinematograph zum Vorteil des Buchhandels ist, möchte ich nach den hier gemachten Erfahrungen bezweifeln. Stockholm hat bei einer Einwohnerzahl von zirka 400 000 13 Theater und zirka 80 Kinematographen. Trotzdem Hugos dlisörablos usw. im Film aufgefllhrt wurden, hat sich die Nachfrage nach diesen Büchern nicht im geringsten erhöht, während die Theater texte noch fortwährend verkauft werden. Die schwedische Buchhändlerschule bereitet ihren siebenten Kursus für den kommenden Sommer vor. Die Kurse finden jedes zweite Jahr statt und sollen in diesem Jahre, Anfang Juni beginnend, wie 1909 zehn Wochen dauern. Über den letzten Unterrichtskursus erschien vor kurzem der Bericht, nach dem die Schule 1009 von 22 Schülern besucht wurde. Die Zahl der Stunden war 304, die der unterrichtenden Lehrer acht. Seit Stiftung der Schule wurde der Kursus insgesamt pon 82 Schü lern, 73 männlichen und 9 weiblichen, absolviert. Der Unterricht lehnt sich an den der Leipziger Buchhändlerlehranstalt an, und zwar wird er in folgenden Fächern erteilt: schwedische Sprache, Literaturgeschichte, deutsche Sprache, Geschichte der Schrift und des Buchwesens, Enzyklopädie, Kartenkunde, Buchhandelstechnik, Buchhaltung, Rechnen, Handelsrecht, Französisch, Englisch, allge meine Sprachenkunde, Papierkunde, Buch- und Lichtdruck und Buchbinderei. Zum Schluß sei noch das Erscheinen des norwegischen und schwedischen Jahrcskatalogs für 1912, sowie die Ausgabe des schwedischen Fünsjahrkatalogs 1906-1910 erwähnt. Die Kata loge sind sorgfältig bearbeitet und enthalten ein lückenloses Ver zeichnis der in den genannten Jahren erschienenen Bücher. Stockholm. Alfried Tie tz. Zur neuen Vertriebsart der preußischen Generalstabskarten. (Vgl. Nr. 86, 88, 81, 84, 87 u. 88.) Erfreulicherweise hat auch eiue Reihe angesehener Handels- kamluern Stellung zu dieser Frage genommen. Unter anderen hat die Handelskammer zu Frankfurt a. M. dey Handelsminister ge beten, dahin wirken zu wollen, daß eine Aufhebung des Vertriebes der Generalstabskarten durch den Buchhandel nicht erfolgen möge. Auch die Frankfurter Kammer bezweifelt, daß die Kartenvertriebsstellen der Landesaufnahme ein günstiges Resultat erzielen werden. Uber die von der Landesaufnahme geäußerte Vermutung, daß durch die Ein richtung der amtlichen Vcrtriebsstellen der Bezug der Generalstabs karte» und Meßtischblätter für das Publikum erleichtert werde und dem selben mehr als bisher die neuesten Ausgaben zugänglich gemacht wür den, spricht sich die Kammer dahin aus, daß diese Vermutung nicht als zutreffend angesehen werden könne. Denn abgesehen davon, daß be reits jetzt die neuesten Auflagen der Generalstabskarten in den Buch handlungen zum Verkauf auslägeu, würde auch eine Bezugserleichterung durch die Neueinrichtung kaum geschaffen werden. Das Publikum würde in vielen Fällen, wenn die Karten nicht mehr bei den ihm be kannten Buchhandlungen zum Verkauf gelangten, kaum die Mühe auf sich nehmen, sich erst an die amtliche Vertriebsstelle der kgl. Landes aufnahme zu wenden, zumal schon der Bezug von Generalstabskarten durch eine Vertriebsstelle in größeren Städten wegen der großen Entfernungen mit Schwierigkeiten verbunden sein dürfte. So würde das Publikum vielfach den Karten der Kgl. Landesaufnahme die bei den Buchhändlern erhältlichen Karten der Privatindustrie vorziehen. »Vor allem wäre aber«, so erklärt die Kammer, »eine allgemeine Aufhebung des Vertriebs der General- stabskarten durch den Buchhandel in P reußen wege n der schweren Schädigung des Buchhandels nicht zu rechtfertigen, denn der Buchhandel hat die Karten beim Publi- sFortsetzung auf Seite 5W7.j