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mäßigen Preis leicht zu erhalten sein wird, warum die Bibliothek in Per Börse aufgestellt sein muß, wo ein zu beschaffendes Local — nehmen wir an, das zu verbauende Capital müsse sich wegen künf tiger, vielleicht anderweiter Verwendung des Börsengebäudes inner halb zehn Jahren amortisiren — einen jährlichen Miethzins-Ver- brauch von Anfangs 525 Thlrn. bis endlich 350 Thlr. nachweist. Daß der Vermögensbestand des Börsenvereins eine Vermin derung nicht erleide, weil die Baukosten aus den Erträgnissen des Börsenblattes entnommen werden sollen, wie in dem Anträge ange geben wird, bedarf keiner Widerlegung, denn es wird dem geehrten Vorstand gewiß selbst nicht entgangen sein, daß cs ganz gleichgültig ist, ob das bereits vorhandene Stamm-Vermögen angegriffen wird, oder ob man die zur Mehrung desselben bestimmten Früchte unmittel bar verbraucht. Ich glaube bei meiner Kenntniß der hiesigen Platz- und Ge schäftsverhältnisse nur dringend rathen zu dürfen: den projectirten Umbau der Börse abzulehnen, dagegen möge man aber den Börsenvorstand ermächtigen, für Unterbringung der Bibliothek ein geeignetes Local zu ermiethen. Leipzig, den 24. April 1872. Franz Wagner. Zur Holzpapierfrage. III.*) Auch ich habe seit Jahren den Farbcnwcchsel an Büchern, so weit diese der Luft oder dem Lichte, also besonders am Schnitte, ausgeseht gewesen sind, mit Verdruß bemerkt. Diese Verwandelung liegt allerdings an dem mehr oder minder starken Gemisch der Papier masse mit Holzstoff. Der reelle Papierfabrikant wird auf Befragen das Vorhandensein eines solchen und die daraus erfolgende spätere FarbenvcrLnderung des Papiers zugeben und auf andere Sorten Hin weisen, welche ihrer Masse nach solcher Veränderung nicht unterliegen. Es möchte aber wohl nicht gelingen, eine Papierfabrik nachzuweisen, welche ganz ohne Holzstoff arbeitet, denn bei dem hohen Stande der Haderprcise und weil bei dem notorischen Mangel an Hadern ohne Beigabe des Holzstoffes der Bedarf an Papier etwa nur zur Hälfte gedeckt werden kann, dürften nur die th e ur cr e nPapiersorten ganz ohne dies Surrogat sein. Unter solchen Umständen kann nimmermehr der Verleger einen Sortimenter für ein auf beregte Weise unansehnlich gewordenes Buch verantwortlich machen. Will er seine Artikel gegen solches Verderben schützen, so kann es meiner Ansicht nach nur dadurch ge schehen, daß er bei seiner Papierbestcllung besonders ausspricht: Papier ohne Holzstoffbeimischung haben zu wollen; verfehlt nun sein Lieferant gegen so ausdrückliche Bestellung, so ist letzterer natür lich dafür verantworlich. Die Controle ist nicht schwer; mag sich der Verleger eine Probe geben lassen und diese untersuchen. Es ist bekannt, daß die Reaction der Anilinsalze auf Fichten holz benutzt wird, um eir Papier qualitativ auf seinen Gehalt an Holzzeug zu prüfen (mittelst des schwefelsaurcn Anilins). Diese Prüfung hat sich in den Fabriken eingebürgert und sie gibt wohl auch bei gewöhnlichem Papier, das, wie manches Druckpapier, 40 und mehr Procent an Holzfaser enthält, einen Anhaltspunkt, um Muster der Concurrenz rasch annähernd zu beurthcilcn. Die Holz- thcile färben sich beim Betupfen des Papieres mit der Lösung eines Anilinsalzes schwefelgelb. Nimmt man anstatt eines Anilinsalzes die Lösung eines Naph tylaminsalzes, z. B. von salzsaurem Naphtylamin, so erhält man eine entsprechende, aber viel intensivere Reaction, welche deshalb den Vorzug vor der erstgenannten verdient. Die Holztheile zeichnen sich hierbei rasch und lebhaft orange, wogegen die gelbe Färbung mittelst eines Anilinsalzes matt und trübe erscheint. F. Berggold. *) II. S. Nr. 91. Miscellen. Leipzig, 21. April. Am heutigen Tage, als dem lOOjährigew Gedenktage der Geburt Friedrich Perthes', von dem die erste Idee zu einer Buchhändler-Lehranstalt überhaupt ausgegangen ist, wurde die höhere Abtheilung der hiesigen Buchhändler-Lehr anstalt eröffnet. Der neue Lehrplan ermöglicht auch Denen die Theilnahme am Unterricht, welche nebenbei im Geschäfte thätig sind. Aus Berlin. In dem deutschen Strafgesehbuche ist, abweichend von dem früheren preußischen Strafgesetzbuche, im §. 41. angeordnet, daß, wenn der Inhalt eines Theiles einer Druckschrift strafbar gefunden ist, die strafbaren Stellen in allen im Besitz des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenew Exemplaren unbrauchbar zu machen sind. Die Gültigkeit des nord deutschen, jetzt deutschen Strafgesetzbuches begann erst am 1. Januar 1871, seitdem haben in Preußen nicht viel Preßverfolgungen statt gefunden, auch ist in Betreff der meisten im Kriege begangenem Preßvergehen Begnadigung erfolgt, vermuthlich weil die Amnestie^ welche wegen der von der politischen Presse während des Krieges gebrachten Opfer nach dem geschlossenen Frieden allgemein erwartet wurde, vom Staatsministerium nur wegen einer zu geringen An zahl Preßvergehen gar nicht beantragt ist. So ist es gekommen, daß beim hiesigen Stadtgericht eine stellenweise Unbrauchbar machung einer Schrift noch niemals verfügt ist. Eine solche Verfügung wird indcß jetzt erlassen werden müssen. Das Urtheil der 7. Deputation, welches einen in der Nr. 3 des „Volksfreunds" vom 20. Januar 1871 enthaltenen Aufsatz des Abgeordneten Pa- risius „Zur Rechtfertigung des Herrn Landwirthschaftsministers" zur Unbrauchbarmachung verurtheiltc, ist rechtskräftig geworden. Der Verfasser hat nun, wie verlautet, die noch in seinem Besitz be findlichen Exemplare der Nr. 3 dem Stadtgericht mit dem Ersuchen um Unbrauchbarmachung des Aufsatzes überreicht, damit er im Stande sei, diese Nummer mit den vollständigen Jahrgängen seines Wochenblattes zu verwerthen. (Nat.-Ztg.) Statistisches zur Misere des deutschen Buchhan dels. — Ein norddeutsches SortimentsgeschLft mittleren Umfangs stand im verflossenen Rechnungsjahr mit 813 Firmen in Verbin dung. Dasselbe zahlt diese Ostermesse an 498 Firmen und zwar beträgt der Saldo bei 158 unter 1 Thlr; 315 Konten wurden durch Remittenden und Disponenten ausgeglichen, blieben also ganz re sultatlos! Dieses Geschäft genißt das Renommee, das lebhafteste in einer Stadt von ca. 60,000 Einwohnern zu sein. ä. Zur Erheiterung. — Ein Buchhändler in einer süddeut schen Universitätsstadt, durch Krankheit eines Gehilfen und Todes fall in der Familie, mitten in der Remittendenzcit, aufs empfind lichste in seiner langgewohnten Thätigkcit gehemmt, nahm bereit willig das Anerbieten eines „durchreisenden" Luchbändlergehilfen an und stellte ihn sofort an das verwaiste Pult, um die Remittenden- arbeit wieder aufzunehmen. Man hielt gerade bei „G- Reimer in Berlin". Der Prinzipal, innerlich seelenfroh, einen Gehilfen zur Aushilfe gefunden zu haben, dictirt ganz munter die Disponenten, worunter die Namen Shakespeare — Aristoteles — Calull — Me moiren u. s.w. vorkamen. Der Gehilfe hatte eine hübsche Handschrift, konnte auch gut addiren. Nach einer Stunde benutzte der Prinzipal!' eine kleine Pause, um die von dem neuen Mitarbeiter geschriebenem Facturen flüchtig Revue passiven zu lassen. Er nahm die für Reimer bestimmte zur Hand und las mit Entsetzen die Namen: Shirpid — Dodeles — Cadul — Memovarcn. — Während er sprachlos vor Erstaunen die Factur in Händen hielt, nahm der Gehilfe still seinem Hut, verließ das Local und kehrte nicht wieder. Er hatte Unrath gemerkt!.