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Nichtamtlicher Teil. pV 148, 30. Juni 1S10. kleine Hausbüchereien anzulegen, sich insbesondere auch in denjenigen Kreisen des Publikums mehr und mehr ver breitet, die sich bisher nur schwer zu einem Bllcher- kauf entschlossen, »Der Hamburger Buchhandel hat nicht versäumt«, legt ein Bericht dar, »auch den minder bemittelten Kreisen des Publikums Gelegenheit zum Erwerb guter und billiger Bücher zu verschaffen. Er beschränkte sich nicht darauf, lediglich gute billige Lektüre zu halten, sondern er machte auch von Zeit zu Zeit durch ein umfassendes Verzeichnis, das den hiesigen Tageszeitungen beigelegt wurde, auf die billigeren Bücher besonders aufmerksam«. Um ferner bei der Bevölkerung in den Vororten Hamburgs, namentlich zur Weihnachtszeit, das Bedürfnis nach guten, billigen Büchern mehr und mehr zu wecken und möglichst günstige Kauf gelegenheiten hierfür zu bieten, wurden von einzelnen Firmen Versuche gemacht, zur Weihnachtszeit besondere Verkaufs stellen in den Vororten zu errichten. Es steht zu erwarten, daß diese Einrichtung in den kommenden Jahren weitere Nachahmung finden wird. Man hofft, auf diese Weise namentlich auch der Verbreitung von Schriften schlüpfrigen und abenteuerlichen Inhalts, die eine Gefahr für unsere Jugend bilden, allmählich einen Damm entgegensetzen zu können. Der Hamburger Buchhandel hat den Vertrieb von Schmutz- und Schundliteratur, die meistens nur von kleinen Winkelgeschäften verbreitet wird, von jeher bekämpft, und auch der Verlagsbuch handel ist mehr und mehr darauf bedacht, dem Bedürfnisse nach guten Büchern zu mäßigen Preisen in weitestem Umfange entgegenzukommen und dadurch auch seinerseits der Ver breitung der Schundliteratur entgegenzuarbeiten. Zu be klagen bleibt, führt ein Bericht aus, daß der Absatz von guten Jugendschriften, namentlich für das jüngere Alter, immer noch durch das Angebot von minderwertigen Bilder büchern in Geschäften, die dem eigentlichen Buchhandel fern stehen, sehr beeinträchtigt wird. Diese Tatsache ist um so bedauerlicher, als es an wirklich guten und preiswerten Jugendschristcn, die weit über jene Fabrikware erhaben sind, keineswegs fehlt. Außerordentlich erschwert wird ferner der Handel mit Schulbüchern infolge deren häufigen Wechsels und der steten Neuauflagen. Die Mannigfaltigkeit der an den hiesigen Staats- und Privatschulen gebrauchten Bücher ist außerordentlich groß, und der Buchhandel, der jedes Schulbuch bar bezahlen muß, erleidet oft ganz beträchtliche Verluste dadurch, daß die Bücher, von denen er sich doch immerhin ein ziemlich umfangreiches Lager hinlegen muß, so schnell veralten und damit wertlos für ihn werden. Diesen Klagen über den häufigen Wechsel der Schulbücher begegnet man außer im Buchhandel übrigens auch in weiten Kreisen des Publikums. Als bedauerlich wird ferner in einem Berichte die Tatsache bezeichnet, daß einzelne Tages zeitungen ihren Abonnenten Werke der Literatur zu sogenannten Vorzugspreisen anbieten (Zeitungsprämien), woraus dem Buch handel empfindliche Schädigungen erwachsen. Weiter führt der Buchhandel Klage darüber, daß cs der Reichspostverwaltung noch immer nicht gelungen ist, die Schwierigkeiten, welche dem Versand von Drucksachen nach China und Japan ent gegenstehen, aus dem Wege zu räumen. Diese bestehen darin, daß von Deutschland ausgeführte Drucksachen, anstatt ans der Sibirischen Bahn nach den genannten asiatischen Ländern befördert zu werden, wie dies mit Drucksachen aus England geschieht, den erheblich weiteren Seeweg nehmen müssen. Es wäre sehr zu wünschen, daß alsbald Schritte zur Abstellung dieses MißstandeS eingeleitet würden, Leihbibliotheken, Journallesezirkel. Der Geschäftsgang der Leihbibliotheken bewegte sich im Berichtsjahre im allgemeinen in bescheidenen Grenzen. Hier und da machten sich zwar Anzeichen einer mäßigen Besserung bemerkbar, jedoch hatte das Geschäft im großen und ganzen noch unter der Ungunst der allgemeinen wirt schaftlichen Lage zu leiden. Wie immer entwickelte sich im Winter eine regere Nachfrage nach Büchern, die, begünstigt durch die Witterung, bis in den Sommer des Berichtsjahres hinein auhielt. Alsdann trat eine merkliche Stille im Ge schäft ein, die erst im Herbst einer allmählichen Belebung wieder Platz machte. Das Weihnachtsgeschäft hat den gehegten Erwartungen vielfach nicht entsprochen, und nur vereinzelt, unterstützt durch zahlreiche Neuerscheinungen auf dem Gebiete der Romanliteratur, dürften zufrieden stellende Ergebnisse erzielt worden sein. — Die Steigerung der allgemeinen Betriebsunkosten machte sich namentlich auch in den Leihbibliotheken bemerkbar, die nicht in dem Maße, wie andere Geschäftszweige, in der Lage sind, die erhöhten Spesen auf das Publikum abzuwälzen, sondern ihre Preise gewöhnlich nur in mehrjährigen Zwischenräumen herauf setzen können, — Schwer empfunden wird in den Leih bibliotheken der Mangel an brauchbaren Arbeitskräften; daS ungenügende Angebot hierin wird zum Teil daraus zurückgesührt, daß infolge des mit den städtischen und staat lichen Bibliothekarstellen verbundenen Beamtencharakters.die tüchtigeren Bibliotheksgehilfen sich in der Hauptsache diesen Instituten zuwenden. Das Jahr 1S0S hat für dis Inhaber von Journal - lesezirkeln eine erfreuliche Besserung der allgemeinen Ge schäftslage gebracht, die in der Hauptsache auf die mit dem 1, Oktober des Berichtsjahres in sämtlichen Lesezirkel- geschäften erfolgte Abschaffung der 10 Pfennig - Lesemappen und die Einführung einheitlicher Abonnementspreise zurück- zuführen ist. Dadurch ist den unerquicklichen Preisunter bietungen der letzten Jahre unter den einzelnen Geschäften ein Ziel gesetzt worden, und es dürfte damit zugleich die Grundlage für eine fortschreitende Gesundung des Geschäfts zweiges geschaffen sein. Die für eine große Anzahl neu er scheinender Zeitschriften seitens der Verleger vorgenommenen Preiserhöhungen bedingten auch eine mäßige Heraussetzung der Leihgebühren, die im allgemeinen vom Publikum ohne Widerstreben hingenommen wurde. Ein Rückgang in den Abonnements ist im Berichtsjahre nicht eingetreten, — Die Löhne des Austrägerpersonals erfuhren eine den Zeitverhält nissen entsprechende Aufbesserung. Zeitungsexpeditionen. In den geschäftlichen Ergebnissen der Zeitungs geschäfte sind gegenüber dem Vorjahre belangreiche Ände rungen nicht zu verzeichnen. Die Auflagen der Zeitungen werden immer größer, und die einzelnen Zeitungen wetteifern unter sich, dem Publikum einen möglichst vielseitigen und aktuellen Lesestoff zu bieten. Der Übelstand der späten Expedition der Zeitungen, namentlich der Abendausgaben, dessen bereits in früheren Berichten Erwähnung getan wurde, hat sich auch im abgelaufenen Jahre wiederum unangenehm bemerkbar gemacht. Diese Verzögerungen in der Fertigstellung werden in der Hauptsache durch die vielfach erst im Laufe des Spätnachmittags ein gehenden und für die Abendausgabe zu verwertenden Auslandstelegramme hervorgerufen, »Es wäre sehr er wünscht«, heißt es in dem Berichte, »daß die Zeitungen einen einheitlichen Ausgabetermin untereinander vereinbarten, wodurch zum großen Teile den mancherlei Unzuträglich keiten abgeholfen werden würde, denen leider das Publikum heute nicht immer in der wünschenswerten Weise Rechnung trägt«. Man darf nicht vergessen, daß seitens des Aus trägerpersonals immer größere Entfernungen zurückgelegt werden müssen, und daß sich dadurch die Kosten des Be- stcllungsdicnstes von Jahr zu Jahr erhöhen, ohne daß