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298, 23. Dezember 1896. Nichtamtlicher Teil. 8703 Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. — Der Buchhändler Emil Le Coutre in Berlin hatte sich als Rendant eines Sparvereins Unter, schlagungen zu Schulden kommen lassen, die er aus dem Erlös sür den Verkauf seines Geschäftes zu decken versprach. Dieses wäre unter normalen Verhältnissen etwa 20000 ^ wert ge wesen; der Sparverein erzielte aber durch das von ihm selbst mittels Pfändung betriebene Verkaufsverfahren nur etwas über 6000 während die Schuld Le Coutres an den Sparverein 14000 ^ betrug. Le Coutre wurde verhaftet und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde noch Anklage wegen Ver gehens gegen die Konkursordnung gegen ihn erhoben, weil er als Schuldner, der seine Zahlungen eingestellt, es unterlassen habe, die erforderlichen Bücher zu führen. Das Landgericht I in Berlin verurteilte ihn am 12. September zu einer Zusatzstrafe von einer Woche Gefängnis. — In seiner Revision gegen dieses letztere Urteil behauptete der Angeklagte, er habe seine Zahlungen über haupt nicht eingestellt gehabt. Die Forderung des Sparvereins habe mit seinem Geschäfte in gar keiner Verbindung gestanden. Eine ganz unbedeutende Schuld an verschiedene Verleger sei erst einige Monate später, zur Ostermesse 1896, fällig gewesen, und weitere Schuldverbindlichkeiten hätten überhaupt nicht bestanden. — Das Reichsgericht verwarf am 21. d. M. die Revision des Angeklagten. Der Umstand, daß im Februar 1896 keine Geschäfts schuld fällig gewesen sei, komme nicht in Betracht; es genüge für die Strafbarkeit die Feststellung, daß er nach seiner Verhaftung seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt habe und auch jetzt nicht in der Lage sei, sie zu erfüllen. Zum Gedächtnis Jacob und Wilhelm Grimms. — Eine Vereinigung von angesehenen Männern in Kassel erließ den nachfolgenden -Aufruf zur Förderung der Kasseler Grimmsammlung. -Ein Jahrhundert wird bald vollendet sein, seit die Brüder Grimm noch im Knabenalter von Steinau nach des Hessenlandes Hauptstadt übergesiedelt sind. In Kassel haben sie dann über drei Jahrzehnte ihres Lebens zugebracht; Kassel hat ihre litterarischen Anfänge und die feste Begründung ihres Ruhmes gesehen; Kassel ist ihnen zur Heimat geworden, die sie, wie Wilhelm schreibt, nur mit bitterem Schmerze und mit dem Gefühl unauslöschlicher An hänglichkeit verlassen haben. -Die treue Liebe zur Heimat, sie ist in der Heimat ihnen un vergessen. Und jetzt, da das eherne Standbild der Brüder in ihrer Geburtsstadt sich erhebt, empfinden wir es um so lebhafter als eine unabgetragene Schuld, daß die Heimatsstadt von den Männern, die mit der Seele in ihr wurzelten, daß die Hauptstadt des Hessenlandes von den größten und treuesten Hessen noch kein würdiges äußeres Erinnerungszeichen besitzt. -Mitbürgerl Hessische Landsleute! — Deutsche Volks genossen! — Die Hessische Landesbibliothek in Kassel steht da als eine redende Erinnerung an die Zeiten, da in ihr ein halbes Menschenalter hindurch die Brüder Grimm gewirkt und gewaltet. Die Räume, wo sie gearbeitet, wo sie der Wissenschaft, wo sie dem deutschen Volke durch Hebung und Belebung der versunkenen Schätze seiner Vergangenheit gedient, eine Reihe von Hand schriften, die sie herausgegebcn oder wissenschaftlich verwertet haben, ihre Bücher aus der Kasseler Zeit, die Kataloge und Akten der Bibliothek, in denen ihre Schriftzüge wiederkehren — alle diese und viele ähnliche Dinge, sie bilden in ihrer Gesamtheit die natür lichen Grundlagen sür ein eigenartiges Grimm-Denkmal. Und auf diesen Grundlagen ist weiter gebaut, die überlieferten Bestände sind in der Nachzeit reich vermehrt worden durch Bilder, zahlreiche Originalbriese und einschlägige Druckwerke jeder Art. Diese vor handene Sammlung gilt es zu erweitern und zu einem selb ständigen und würdigen Ganzen auszubauen. Dazu bedarf es der Mitwirkung weitester Kreise in der hessischen Heimat wie im großen deutschen Vaterlande. -Die Unterstützung der Familie ist uns gesichert. Hermann Grimm, der Sohn Wilhelms, der -sich durchaus als Hesse und Kasselaner fühlt-, wird unserer Sammlung -seine Thatkrast in vollem Maße zuwenden-, und andere Familienangehörige haben sich ähnlich geäußert. -Erinnerungsstücke an die Brüder Grimm werden noch in vielen Familien vorhanden sein. Wir nehmen (auf Wunsch auch zur bloßen Aufbewahrung, so daß dem Geber das Eigentums recht verbleibt) für unsere Sammlung gern alles entgegen, was irgend für sie sich eignet. -Dahin gehören: Bilder aller Art von den Brüdern und den Familienangehörigen, die künstlerischen Arbeiten Ludwig Grimms, Originalbriefe der Brüder und an die Brüder, Handschriften von ihnen, ihre Werke in den verschiedenen Auflagen, auch die vielen Ausgaben und Bearbeitungen der Märchen, alle Druckschriften und Aussätze über die Grimms und ihre Werke, persönliche und örtliche Erinnerungsstücke jeglicher Art. -Wir bitten die Sendungen recht zahlreich zu richten an die Ständische Landesbibliothek zu Kassel. -Kassel, den 10. Dezember 1896. -Der geschäftsführende Ausschuß: Oberrealschuldirektor vr. Ackermann, Mitglied des Stadtrats. Bibliothekar vr. Brunner, Stellvertreter des Vorsitzenden. Land- gerichtSrat Büff. Bankier Karl Koch, Schatzmeister. Amts gerichtsrat F. A. Köhler. Oberbibliothekar vr. Lohmeger, Vor sitzender. Landesbrandkassen - Direktor vr. Knorz, Mitglied des Stadtrats. Regierungs- und Schulrat vr. Otto. Bibliothekar vr. Scherer, Schriftführer. Geh. Regierungsrat vr. Vogt, vr. v. Wild, praktischer Arzt.» Neue Bücher, Kataloge re. für Buchhändler. vsutscds daristsu-Asitcwg. Ursg. von vr. ?. vg.ds.nci, vr. N. Ltsvglsiv und vr. U. 8tsud. 1. ds.drgs.ng. Xr. 24. (15. vs- xomdsr 1896.) Nit Vittsrsturüdsrsicdt, mitgstsilt von Lroksssor 8cdu1x, Lidliotdsdsr dsi dsm R.siedsgsricdv 4". 8. 473—492. Vsrlsg von Otto Visdmsnn in Loriin. Zur Preßreform in Oesterreich. Vortrag, gehalten am 16. No vember 1896 von vr. Heinrich Kanner, Redakteur der -Zeit-, Herausgegeben vom Socialpolitischen Vereine in Wien. gr. 8°. 48 S. Wien 1897, Verlag von Moritz Perles. Brosch. 60 H. vor Olicds - Nsrdt. Organ kür Olicds - Usndsl und Illustrstions- vsssn. Usus Lolgo der Lucdgsvvsrblicdsn Nittsilungon. 8. dsdrgsng. Hr. 22/23. (19. vsrsmdsr 1896.) 4". 8. 8b—88 mit Lbdildungsn und 1 Lsüsgs. Vsipxig, Vortag von 8cdsksr L 8odönkoidor. Vo Droit d'Xutsur. Organs oküolsl du Lurssu ds I'llnion inter national« ponr ia protection dos osuvrss iitterairos st artistiguos (Lerne). IX. annös. Ho. 12. (1b vscsmdrs 1896.) 8ommairo: vartio non okkicislls: Ltucke« Aenerake«. Vs mouvsment sn kavsur de I'sccsssion des ?g)'8 seandinavss ä I'llnion internationale. I. Xorvsgo (coup ci'osil rstrospect.it). II. va.nsma.rd. III. 8nsds. — Oorrespondaiics. Vsttre de Orands-Lrstagns. (1. v. Issiin.) Va Oonvsntion de Lerne sn Xoglstsrrs. Vettrs d'Itaiis (v. vosmini). lurisxrudsncs: Xpplicstion, au droit de traduotion, du principe gus 1a reprsssntation d'uns osuvrs dramatigus ou Musicals ns constitus pas uns xudlication. Droit de traduction st droit ds rsprssentation. Xöcsssits du conssntsmsnt des autsurs pour 1a pudlication d'antdologies, de cdrsstomatdies, stc. (Oour d'appsl de Lärms, 4 nov. 1896). — ^itrrsxruckcmce. 8uisss. Vxscution pudligus non autorisss d'ceuvres musicalss stran- gsres dans uns tele ds tir. Rssponssdilite ds I'sntrsprsnsur dss concerts. Lut de lucrs. Lauts grave. Legitimation de Ia 8ociete dss autours, eompositsurs st editsurs de musigus. Xccomplisssmsnt dss kormalites. Oonvsntion de Lerne. Voi tedsrale de 1883 — OonAres et Xllsmsgno. Xssomdles generale de I'Xssocistion dss autsurs allsmands, tsnus s Lerlrn du 5 au 8 ssxtsmdrs 1896. Italis. I: VIII« Oon- grss dss Ingenieurs st srcditsctss italisns, tsnu s OZnos du 19 au 26 ssptembrs 1896. II: Oontsrsncs didliogrsxdigus italisnne, tsnus s. Llorsncs Iss 25 st 26 ssptembrs 1896. — -8rbtioF>-ap/ue. Ouvragss nouvsaux: Nacd, Va psrpstuits du droit d'autsur. vassslds: 'kitsl und Indsltsvsrxsicdniss. IX. annös 1896. Neue Fadenheftmaschine. — Im Verband der Berliner Buchbindereibesitzer führte am 14. d. M. Herr Ingenieur Mohr- stedt eine neue Holländer-Heftmaschine vor, die von der Maschinen fabrik Preuße L Co. in Leipzig nach seinen Angaben gebaut worden ist. Die Maschine zeigte sich, wie die Papierzeitung mit teilt, sehr leistungsfähig. Ihr geräuschloser Gang, ihr sicheres und schnelles Arbeiten und die feste und genaue Lage des Fadens im Falz des Bogens wurden in der Versammlung allseitig anerkannt. Personalnachrichten. Gestorben: am 17. Dezember im Alter von 38 Jahren der Professor der Geschichte vr. Albert Nauds in Marburg. Die deutsche Geschichtswissenschaft verliert in ihm einen sehr gewissen haften und tüchtigen Forscher. Er schrieb u. a. Die Fälschung der ältesten Reinhardtsbrunner Urkunden (Berlin 1883, Weber); — Friedrich der Große vor dem Aus bruch des siebenjährigen Krieges (2 Abhdlgn. in der Histo rischen Zeitschrift 1885/86); — Die Eroberung von Berlin durch die Ocsterreichcr Oktober 1757 (Märkische Forschungen 1887); 1170'