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92, 22. April 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 4161 Weise erweitert werden. Es ist klar, daß sie bei jedem intelli genten Sammler in organischer Beziehung zu dessen Bibliothek steht. Insbesondre muß man es sich angelegen sein lassen, große und kleine Biographien derjenigen Leute zu erwerben, von denen man Handschriften hat. Ferner legen viele Sammler gern die Bildnisse der Briefschreibcr zu den Dokumenten. Es läßt sich nicht leugnen, daß hierdurch eine anmutige Ausschmückung der Kollektion geschaffen wird. Auch möchte ich die von vielen Sammlern ge pflogene Sitte empfehlen, in die Umschläge, in denen man die Briefe aufhebt, gelegentlich Zeitungsausschnitte rc. zu tun, die sich auf den Briefschrciber oder den Adressaten oder den Inhalt des Stücks beziehen. Manche wichtige Notiz oder auch nur amü sante Anekdote kann man sich auf diese Weise erhalten. Auch die Nekrologe in unseren großen Zeitungen sind oft so gewissenhaft gearbeitet, daß sich das Ausheben lohnt. — So sprach ich damals zu meinem Freund über das Sammeln von Handschriften, das denn doch etwas mehr ist, oder wenigstens sein kann, als eine bloße Spielerei Erwachsener, als -etwas Patho logisches«. Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Das Land* gericht II in Berlin hat am 20. September v. I. den Verlags buchhändler Hermann Schmidt von der Anklage aus Z 184, 1 des Strafgesetzbuchs freigesprochen. Er war angeklagt, in den Jahren 1905 und 1906 unzüchtige Abbildungen feilgehalten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten, angckündigt und angepriesen zu haben. In seinem Verlage ist das Werk -Die Schönheit der Frau« von Or. Paul Hirth und Kunstmaler Eduard Daelen erschienen. Es besteht aus 20 Lieferungen mit 180 Bildern nach Freilicht-Aufnahmen. Diese Bilder, nackte Frauen darstellend, sollen nach der Anklage gegen das Gesetz verstoßen. Das Gericht hat aber angenommen, daß der Angeklagte des ihm zur Last gelegten Vergehens nicht schuldig sei, da die fraglichen Abbildungen objektiv nicht unzüchtig seien. -Die Bilder-, so wird in der Begründung gesagt, -stellen zwar nackte Frauen dar, aber sie haben künstlerischen Wert und wirken so, daß für das ästhetische Gefühl des normalen Be schauers eine sinnliche Empfindung nicht aufkommt. Daran wird nichts dadurch geändert, daß je nach der Stellung die Geschlechts teile sichtbar sind und daß das Gesicht den Ausdruck der Lebensfreude zeigt«. Gegen die Freisprechung hatte der Staatsanwalt Revision eingelegt. Er behauptete, der Begriff der Unzüchtigkeit sei ver kannt worden; die Durchsicht des Werks ergebe, daß fast alle Bilder geeignet seien, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl aufs gröblichste zu verletzen; sie hätten keinerlei künstlerischen Wert. Gemäß den Anträgen des Reichsanwalts und des Verteidigers Or. Richard Woiff aus Berlin erkannte am 19. d. M. das Reichs gericht auf Verwerfung der Revision, da sic sich in unzulässiger Weise lediglich gegen die tatsächlichen Feststellungen richte. Lentze. Deutsche Veriags-Austalt, Stuttgart. — Aus Stuttgart wird uns geschrieben: (Red.) Die Deutsche Verlags-Anstalt in Stuttgart hat Herrn Otto von Halem in Bremen mit Giltigkeit vom 1. Oktober d.J. zum Mitglied deS Vorstands und innerhalb des letztern zum General direktor ernannt. Herr von Halem bleibt Inhaber der Firmen G. A. v. Halem, Export- und Verlagsbuchhandlung in Bremen, und Verlag der Chemiker-Zeitung, Otto von Halem, in Cöthen (Anhalt). Druckerei- und VerlagK-Aktien-Kesellschafi vorm. R. v. Waldheim; Jos. Ederle L Co-, Wien. — Am 18. d. M. wurde die (14.) ordentliche Generalversammlung der Druckerei- und Verlags-Aktien-Gesellschaft vormals R. von Waldheim, Jos. Cberle L Co., abgehalten. Der Jahresbericht nahm zunächst von der Ge nehmigung der im Vorjahre beschlossenen Reduktion des Aktienkapitals seitens der Regierung und der Veräußerung des Hauses Berggasse Nr. 31 Mitteilung. Die Druckereien waren im abgelaufenen Jahre sehr gut beschäftigt, doch hatten die Preiserhöhung fast aller in Betracht kommenden Materialien, Steigerung der Lohnsätze und die liberstunden Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. unverhältnismäßig große Zunahme der Herstellungskosten zur Folge. Dieser Umstand und die Konkurrenz veranlaßten die Verwaltung, an die Erweiterung der Anstalt zu schreiten, wes halb auf dem Bauplatz des Hauses Seidengasse Nr. 9 ein mo derner Fabrikbau als Ergänzung der jetzigen Anstalt errichtet wird, der im Herbst dieses Jahres betriebsfähig sein soll. Die Mittel für diesen Neubau und die maschinellen Anlagen können aus dem Erlös der verkauften Realität Berggasse Nr. 31 bestritten werden. Von dem mit 201131 Kronen ausgewiesenen Rein gewinn beantragte der Verwaltungsrat, 180 000 Kronen zur Be zahlung einer fünfprozentigen Dividende zu verwenden, 10 000 Kronen dem Reservefonds zuzuweisen und 11131 Kronen auf neue Rechnung vorzutragen. Der Antrag wurde ohne Dis kussion einstimmig angenommen. (Wiener Zeitung.) Goethe-Schiller-Feier in Cleveland, N.-Tl. — Ein deutscher Verein in Cleveland (Ohio, N.-A.) erläßt folgenden Aufruf: <Rcd.) Clcveland, Ohio, den 6. April. An die deutschen Dichter und Schriftsteller! Am 9. Juni d. I. wird das Deutschtum von Cleveland, Ohio, den größten Freuden- und Ehrentag, den es gefeiert hat, begehen. Es wird das schönste Denkmal (im Nachguß), das je einer deutschen Künstlerhand zu schaffen vergönnt war, das Meister werk des Bildhauers Ernst Rietschel, das bereits in unserm Wade Park fertig aufgestellte Doppelstandbild Goethes und Schillers, enthüllen und als seine Ehrengabe der Stadt und Bürgerschaft überweisen. Es wird dies ein Ereignis sein, das in der Kulturwelt die größte Beachtung finden sollte. Man denke: Ein Denkmal der beiden großen deutschen Dichterfürsten 4000 englische Meilen vom alten Vaterland entfernt, in einer amerikanischen Großstadt am Gestade des Eriesees! Dieses Denkmal soll und wird be zeugen und unsre Mitbürger stets daran erinnern, daß germanische Kraft und Sitte, deutscher Fleiß, deutsche Literatur, Kunst und Wissenschaft und deutsche Erziehung nicht wenig zur Entwicklung dieses großen Landes beigetragen haben. Namentlich die deutschen Schriftsteller und Dichter diesseits und jenseits des Ozeans ollten diesem denkwürdigen Ereignis mit dem größten Interesse entgegensetzen. Die deutschen Literaten werden deshalb hiermit freundlichst eingeladen und aufgefordert, für unsre Goethe-Schiller-Denkmal- weihe am 9. Juni 1907 einen kurzgefaßten Beitrag in Prosa oder in gebundener Form zu verfassen und uns sobald als möglich zuzuscnden. Diese literarischen Grüße sollen in dem künstlerisch auszusührenden Pracht-Gedenkbuch der Goethe-Schiller-Denkmal- weihe von Cleveland einen hervorragenden Platz cinnehmen. Alle derartigen Zusendungen adressiere man: Mr. I. H. Gerlich, Secretary, 1566 IV. 3. St., Cleveland, Ohio, C. 8. ok L. Mit deutschem Gruß und Handschlag: Der Schiller-Goethe-Denkmalverein von Cleveland, Ohio. Da» metrische System in Dänemark. — Nach mehrfach ich wiederholenden Anträgen (zum erstenmal schon vor 30 Jahren) hat der dänische Reichstag jetzt endlich ein Gesetz angenommen, wodurch das metrische System offiziell eingeführt wird anstelle der alten Maße und Gewichte. Man rechnete bisher im Längen maß nach Alen (Elle), Fod (Fuß), Tommer (Zoll) und Linier, dementsprechend im Flächenmaß nach Kvadratalen usw. 1 »Tönde« Land zu 8 Skäpper war gleich 0,55 da; 1 Pot zu 4 Pägle — 0,966 Liter, usw. — Leichter wird die Umrechnung der Gewichte den Dänen werden: die Grammcinteilung war schon im Gebrauch, nur unter andrer Bezeichnung, 1 Pund (Pfund) — 100 Koint, 1 Koint also — 5 K. Uber die einzuführendcn Abkürzungen für die neuen Maße ist noch nichts bestimmt. Im neuen Zolltarifentwurf ist das metrische System bereits angewendet. In den Schulen wird es neben dem landesüblichen schon lange gelehrt und teilweise ge übt. Mit seiner Einführung wird auch ein alter Wunsch aller mit dem übrigen Skandinavien, Deutschland und Frankreich in Verbindung stehenden Kaufleute erfüllt, ebenso der Ingenieure' Fabrikanten, Handwerker und der polytechnischen Studenten, die auf Benutzung der technischen Literatur des Auslands angewiesen 544