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ZL 9, 13.. Januar 1913. Redaktioneller Teil. (Fortsetzung zu Seite 394.) Eine Weltausstellung des Buchhandels. (Schlich zu Nr. 8.) Das gilt für die übrigen buchhändlcrischen Zweige nicht weniger wie für den Vcrlagsbuchhandcl. Der Kommissionsbuch handel wird uns einen Begriff von der zahlenmäßigen Bedeutung des buchhändlerischen Vertriebes geben können, und es darf wohl angenommen werden, daß die Methode der Veranschaulichung graphischer Darstellungen, die auf der Dresdener Hygieneaus- stcllung wahre Triumphe gefeiert hat, hier eine zweckentsprechende Anwendung finden wird. Im übrigen kann man sich denken, daß in dieser Abteilung mit Hilfe von Modellen ein anschau liches Bild des inneren buchhändlerifchen Betriebes gegeben wird. Der ganze, für den Außenstehenden sozusagen rätselhafte »Buchhändlerweg« könnte aus diese Weise reizvoll zur Dar stellung gelangen. Mit dem Kommissionsbuchhandel fällt in die gleiche Klasse 43 das Barsortiment. Unbestritten der Zweig des buchhändlcrischen Vertriebes, in dem die Überlegenheit der deutschen buchhändle« rischen Einrichtungen am sinnfälligsten in Erscheinung tritt. Zu gleich derjenige, über dessen Entwickelung und Bedeutung in der Öffentlichkeit am wenigsten bekannt ist. Eines unserer Barsorti mente legte seinem fünfzigsten Auslieferungskatalog die erste Seite aus dem ersten Jahrgange in Faksimiledruck bei. Dieses Blättchen hat Wohl in jedem Betrachter eine mit Stolz gemischte Rührung ausgelöst. Wir sagen mit Stolz gemischt, denn das Gesetz von Wirkung und Gegenwirkung gilt auch hier; jeder Buchhändler bewundert nicht nur diese Entwickelung, er fühlt sich mit gutem Grunde auch an ihr beteiligt. Welche Summen von Arbeit, welcher Aufwand an organisatorischem Genie (denn Talent wäre hier wirklich zu wenig gesagt) war nötig, um diese Entwickelung zu ermöglichen! Und wir dürfen hinzufügen: welche Mithilfe und Aufnahmefähigkeit durch Verlag und Sorti ment! Die Zahlenreihen und graphischen Darstellungen, in denen das Barsortiment seine Entwickelung veranschaulichen wird, werden zu den imposantesten der ganzen Ausstellung ge hören. Daß auch das Lehrmittelwesen glänzend abschneiden wird, ist selbstverständlich, bei den vorzüglichen Leistungen dieses buch händlerischen Nebenzwciges und seiner beständigen Schulung in der Aussiellungstechnik. Das Sortiment wird aus dieser Ausstellung, die naturge mäß eine solche der Erzeuger ist, eine vergleichsweise bescheidene Nolle spielen. Es bedarf dieser auch kaum: seine Wirksamkeit unterliegt der täglichen Kontrolle des Publikums. Es soll in keiner Weise vorgegriffen werden, wenn versucht wird, hier eine Andeutung davon zu geben, wie sich eine entsprechende Vertre tung denken ließe. Zunächst käme Wohl eine zusammenfassende Darstellung seiner Leistungen in Frage. Die könnte natürlich nur durch die Korporationen der Sortimenter erfolgen. Wäre es möglich, einen ungefähren zahlenmäßigen Begriff von diesen Leistungen zu geben, möglichst geschieden nach Innenhandel und Ausfuhr? Eine graphische Darstellung, die anschaulich zeigt, welche Büchermengen vom deutschen Sortiment alljährlich be zogen, verkauft, zur Ansicht versandt, remittiert werden, welche Mengen von Zeitschriftcnnummern jährlich durch die Vermittlung des Buchhandels an ihre Bezieher gelangen: das alles wäre von hohem allgemeinen Interesse und würde manches gangbare Vor urteil zerstören helfen. Außerdem mag auch hier die Anwendung von Modellen empfohlen sein. Etwa ein Mustersortiment, ver sehen mit den neuesten Errungenschaften auf dem Gebiete des inneren Betriebes, der zweckmäßigsten Bücheranfstellung, Ranm- verteilung, der behaglichen nnd praktischen Gestaltung des Ver kaufsraumes, besonders bewährter nnd einladender Ladentische. Und der Schaufenster! Es wäre wirklich nach mehr als einer Richtung hin wünschenswert und interessant, einmal eine Zu sammenstellung von wirklich praktischen und bewährten, modernen Schaufenstereinrichtungen für Buchhändler zu sehen. Gerade auf diesem schwierigen nnd technisch noch durchaus nicht in allen Möglichkeiten erschöpften Gebiete gilt, daß eines sich nicht für alle schickt. Was sich für einen Zigarrenladen oder auch für eine Kunsthandlung eignet, paßt noch lange nicht für eine Buchhand lung. Der Sortimenter ist öfter als irgendein anderer Detaillist genötigt, aus dem Schaufenster zu verkaufen, er ist zugleich mehr als irgend ein anderer ans das Schaufenster angewiesen, denn es ist die wichtigste und meist die einzige Reklame, die er macht. Das Fenster muß jederzeit leicht und rasch zugänglich, vor Sonne und Frost hinreichend geschützt sein. Dasselbe gilt für die Schaukästen. Für die vielen Kollegen, die sich in diesem Ehren jahre des Buchhandels einen Besuch in Leipzig nicht entgehen lassen werden, dürfte eine solche Sonder-Ausstellung von un mittelbarem praktischen Nutzen nnd für Aussteller, die wirklich etwas Gutes bieten, von ebensolchem Erfolge sein. Daß das Antiquariat eine seiner großen Bedeutung an gemessene Vertretung finden wird, darf erwartet werden. Der Ausstellungsplan sieht eine große Zahl von kleinen und größeren Bauten vor, auch wird seitens der Leitung allen begründeten Wünschen in bezug auf Einbau von Kojen und Absonderung der Stände nach Möglichkeit entsprochen werden, so daß anw kleinere Aussteller darauf rechnen können, zur Geltung zu kommen. In der Abteilung Bibliographie wird das mustergültige buchhändlerische Katalogwesen mit seinen unendlichen Abstufun gen und Verfeinerungen zu gebührenden Ehren kommen. Die Bedingungen, unter denen die Zulassung als Aussteller erfolgt, hier einzeln aufzuführen, liegt kein Anlaß vor. Die mustergültig hergestellten Drucksachen, die über alle Einzelheiten ausführlich Auskunft erteilen, werden von der Geschäftsstelle der Ausstellung (Adresse: Buchgewerbehaus, Leipzig) jedem zuge sandt, der darum bittet. Es sei nur kurz, ganz kurz das Wesent lichste mitgeteilt: Das Protektorat übernahm S. M. der König von Sachsen; die Ausstellung wird zu Anfang Mai 1914 eröffnet und Ende Oktober geschlossen werden. Der äußerste Termin zur Anmeldung der Beteiligung ist der 1. Juli 1913. Die Aussteller können sich mit Genehmigung der Leitung zu Gruppen zusammen- fchließen. Eine große Sondergruppe hat sich bereits gebildet: Die Frau im Buchgewerbe. Als ich mit einem Kollegen vom alten Schlage über diese Tatsache sprach, zuckte er die Achseln und meinte: »Na ja, wir werden also erfahren, was wir schon wissen: daß es viele, sehr viele, viel zu viele Frauen gibt, die Bücher schreiben, illustrieren, dekorieren, drucken und ein- binden.« Worauf zu erwidern wäre, daß keine Ausstellung im stande ist, nur Dinge zu zeigen, die dem Fachmann lauter Neues bieten. Was ihm neu und erwünscht ist, ist die Vollständigkeit der Erscheinungen, die Eigenart der dargcstcllten Zusammen stellungen und die Aufdeckung neuer Zusammenhänge. In diesem Sinne wird gerade die Sondergruppe »Die Frau im Buchgewerbe« viel Neues bieten können. Und daß sie eine be sondere Anziehungskraft namentlich auf die weibliche» Besucher ausüben wird, darüber können Zweifel überhaupt nicht bestehen. Der Verkauf von Ausstellungsgegenständen ist vorgesehen, ebenso die Vorführung von Apparaten, Maschinen und der gleichen im Betriebe. Besondere Vorschriften werden hierüber noch erlassen. Es sei hier nur bemerkt, daß die Aussteller im eigenen Interesse handeln, wenn sie von dieser Betriebserlaub nis einen ausgedehnten Gebrauch machen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß derartige Betriebe in allen Ausstellungen von den Besuchern bevorzugt werden. Es liegt in der Natur des Men schen, daß es ihn stärker interessiert, w i e etwas, als was ge macht wird. Wir werden also hoffentlich Typen- und Jllu- strationsdruck, Buchbinderei in Hand- und Maschinenbetrieb zu sehen bekommen. Die eigentliche buchhändlerische Tätigkeit entzieht sich der Darstellung auf diesem Wege. Aber cs gibt einen vorzüglichen Ersatz: den Kinematographen. Er kann uns deutlich und anschaulich zeigen, welchen Weg das Buch zu machen hat von der Werkstätte des Buchbinders bis ins Schau fenster des Buchhändlers und in die Hand des Käufers. Gute kinematographifche Aufnahmen könnten aufs glückliche jene Dar stellung durch Modelle, die weiter oben empfohlen wurde, ergänzen. Der Versand, die Manipulationen beim Kommissio när, das Ballen- und Postpaket- sowie das bnchhändlcrische For mularwesen, Weihnachtsgeschäft und Schnlbücherzeit, Lager-