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MsrudMfllrdRDelMM ViMmiN Nr. 185 (N. 96) Leipzig. Dienstag den il. August 1936 163. Jahrgang Schaufensterwerbeplan für das Jahr 1937 Als Gehilfenprüfungsarbeit im Gau Westfalen-Nord März 1936 aufgestellt von Keinz Winkelmann i. Kaufe Heinrich Stenderhoff, Münster Die Arbeit mußte aus Raummangel um einige Abschnitte gekürzt werden. Wenn man bei der Werbung für das Sortiment planmäßig vor geht — und das sollte auch der kleinste Sortimenter tun —, wird der Schaufensterwerbung ein nicht geringer Platz in diesem Plan zu- kommen. Planung ist hier nicht nur aus Gründen der Werbe psychologie und des Werbeetats nötig, sondern schon aus rein prak tischen Gründen. Unsere Käufer merken sehr bald, ob wir bei dtzr Aufstellung unserer Fenster mit Überlegung Vorgehen oder ob wir ins Fenster hineinstellen, was uns gerade der Zufall oder die lln- berechenbarkcit der Auslieferungstermine von Neuerscheinungen in die Hände gedrückt hat. Man muß sich auch klar werden über Art und Menge der vorhandenen oder möglicherweise noch zu beschaffenden Bücher. Ein Werbeplan muß auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse, auf den Kundenkreis und das -»Gesicht» der Buchhandlung, aufgebaut werden. Der hier folgende Plan ist für eine Buchhandlung gedacht, die dem Charakter meiner Lehrfirma ähnlich ist: d. h. einer Buch handlung in einer Großstadt des niederdeutschen Sprachgebietes mit Universität, Regierung, Garnison und verschiedenen Anitern des Landheeres und der Luftwaffe. Die Bevölkerung ist konfessionell ge mischt. Es stehen zwei Schaufenster mittlerer Größe zur Verfügung, von denen das eine der Hauptstraße, das andere der etwas ruhigeren Seitenstraße zugckchrt ist. Die Fenster sind durch gemasertes, polier tes Holz gegen den Laden zu ausgekleidet, sodaß gewöhnlich eine be sondere Bespannung mit Stoff, buntem Papier und ähnlichem unnötig ist. Ferner stehen drei kleine Schaukästen (etwa 40 X 50 em) zur Verfügung. Für einen Werbeplan, der das ganze Jahr umfassen soll, gibt der Jahreslauf zunächst mit seinen natürlichen Jahreszeiten, dem Ablauf des kulturellen und völkischen Lebens, des Schul- und des Kirchenjahres eine wcchselvolle Reihe von Anregungen. Wenn wir ihnen folgen, passen wir uns damit starken Bewegungen an, die, ohne von uns selbst auszugehen, den umworbenen Käufer allgemein schon für den Gedanken vorberciten, mit denen sich die Bücher, die wir ihm verkaufen möchten, beschästigen. Ähnlich ist es, wenn wir die Ge denktage des Jahres zum Anlaß zu diesem oder jenem Fenster neh men. Der nachstehende Plan berücksichtigt, soweit das jetzt möglich ist, die Gedenktage des Jahres 1837. Die Fenster werden je nachdem bald Mehrgruppenfenster, bald Eingruppenfenster sein, wie die Anzahl der für ein Fenster in Frage kommenden Bücher es erfordert. Für das eine oder andere Buch, sei es Neuerscheinung oder schon länger vorliegend, werden wir von Zeit zu Zeit ein Einbuchfenster aufbauen. Bei besonderen Anlässen (Gedenktag, Autorenvortrag in der Stadt) machen wir durch ein Fenster aus das Gesamtwerk eines einzelnen Verfassers aufmerksam. Diese Fenster können naturgemäß in dem Plan noch nicht angegeben werden, da erst wenige Wochen vorher der Termin bekanntgegeben werden wird. Zuweilen werden wir auch einmal ein Fenster ausstellen, in dem das Buch ganz oder fast ganz fehlt. Wir feiern und ehren durch ein solches »Schmuckfenstcr« einen Mann oder einen Tag. Das Fenster wirbt auch dann für uns, indem es uns allgemein unseren Kunden empfiehlt. Manches unserer Fenster wendet sich nur an bestimmte Käufer gruppen. Es darf nicht zu lange gezeigt werden, wenn dadurch nicht die Werbung anderer Käufergruppcn leiden soll. Fenster, die sich an alle wenden, dürfen nur dann etwas länger stehen, wenn sie Mehr- gruppensenster oder besonders reichhaltig sind. Enthält dagegen ein Fenster nur eine Gruppe von Büchern, einen Autor oder ist es gar ein Einbuchfenster, so darf es nur kurze Zeit gezeigt werden. Häufiger Fensterwechsel wird dem Kunden einen Eindruck von der Reich haltigkeit der Lagerbestände geben und zugleich in ihm die Über zeugung sestigen, daß sich die Buchhandlung Mühe gibt, recht leistungsfähig zu sein. Neben unserer eigentlichen Schaufensterwerbung geht eine kleinere, sich über das ganze Jahr hinziehende regelmäßige Werbung einher. Dazu benutzen wir die erwähnten kleinen Schaukästen. In einem zur Hauptstraße hin gelegenen Kasten werden wir während der ganzen Theaterspielzeit den Wochenplan in Kleinformat aus- hängen und dazu die jeweiligen Opern- und Schauspieltexte. Einen zweiten Schaukasten benutzen wir zur Ausstellung eines völkischen oder politischen »Buches der Woche». Wir wählen dazu wöchentlich ein Buch der politischen oder kulturellen Führer unseres Volkes. Hier werden wir auch auf die weniger wichtigen Gedenktage unserer Dichter und Wissenschaftler aufmerksam machen, soweit wir ihnen nicht ein Sonderfenster widmen wollen. Der dritte der Schaukästen endlich, der nach der ruhigeren Straße liegt, ist den Büchern zu den religiösen Feiertagen des Jahres und den Gedenktagen großer reli giöser Persönlichkeiten Vorbehalten. In diesen Schaukästen weisen wir wie auch sonst in unseren Fenstern mit einigen empfehlenden Worten auf einem kleinen Schildchen in Kunstschrift auf den Wert des Buches oder eine zum Kauf anreizende Tatsache hin. (Z. B. Hamsun, Viktoria: »Sie sahen den Film, Sie müssen das Buch lesen!« — Berens-Totenohl: »Die Dichterin erhielt den ersten Westfälischen Dichterpreis!« — Rachmanowa, Fabrik des neuen Menschen: »Die innerliche Überwindung des Bolschewismus«.) Eine kleine Anzahl von Schaufenstern wird durch Prospekt- oder Werbebriefvcrsand vorbereitet oder begleitet. Diese Werbung kann als Postwurfsendung, als Einzeldrucksache oder durch Beilage eines Wcrbezettels in den von uns versandten Päckchen, Zeitschriften oder Lesezirkelmappcn geschehen. Dabei muß uns unsere Kundenkartei, das Einwohnerbuch und die Liste bestimmter Berufsstände die nötigen An schriften liefern. Auch eine Zeitungsanzeige am Ende des redaktio nellen Teils der Ortszeitung kann helfen, falls sie nicht unseren Werbeetat übersteigt. Die Fenster erfordern eine frühzeitige Vorbereitung. Dabei ist nicht nur an die Beschaffung oder Anfertigung der Plakate, Aus stattungsstücke, Preisschildchen zu denken, sondern besonders bei Ein buch- oder Eingruppenfenstcrn an die Beschaffung einer größeren An zahl von Exemplaren der betreffenden Bücher. Sie wird zweckmäßig als Bedingtsendung oder Sendung mit Rückgaberecht geschehen. Dieser Weg der Beschaffung größerer Bedingtsendungen muß auch beschritten werden, wenn wir gelegentlich von Tagungen oder Autorenvorträgen in den Vortragsräumen selbst eine Buchausstellung veranstalten. Ein auf Fernsicht berechnetes Schild wird dann unsere Firma als Aus steller nennen. Eine Möglichkeit, die Fenster wirkungsvoll zu gestalten, ist es, das Fenster unter ein bestimmtes Motto zu stellen, das sich dem Be schauer einprägt und an das er sich immer wieder erinnert. Die 697