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Nichtamtlicher Teil. /V 2S 5, Februar 1S10, Der Autor sührle aus, daß die Befürchtungen des Ver legers grundlos seien, und daß dieser sich vor allem nicht auf Tatsachen stützen könne, die sich noch gar nicht ereignet hätten, denn es berechtige noch nichts zu der Annahme, daß das Buch wirklich eine gerichtliche Klage nach sich ziehen würde; da er, der Autor, jede Verantwortung übernommen hätte und seinerseits zur Erfüllung des Vertrages bereit sei, so verlange er das Gleiche vom Verleger oder die Zahlung einer Entschädigung von 10 000 Frcs, Demgegenüber erwiderte der Verleger, daß er weniger vor der Aussicht eines oder mehrerer Prozesse zurückschrecke, sür die ja sowieso der Autor einstehen müsse, wohl aber davor, daß er durch die Veröffentlichung den guten Ruf seines Hauses zerstören würde; diesen Ruf könne er nicht auss Spiel setzen, denn er halte den Roman sür so gefährlich, daß er ihn weder unter seiner eigenen, noch unter irgend einer Deckfirma veröffentlichen wolle. Er hätte dem Autor vorge schlagen, seinen eigenen Namen an Stelle der Verlagsfirma zu setzen, was dieser aber abgeschlagen habe, weil er sich dem Publikum nicht als Selbstoerleger vorstellen wollte. Endlich könne man ihn, den Verleger, doch nicht gerichtlich zu einer Handlung zwingen, die strafbar und somit geeignet sei, ihn in einen Prozeß zu verwickeln. Trotz aller dieser Gegengründs wurde, wie gesagt, der Verleger zur Erfüllung des Vertrages verurteilt, mit der Einschränkung allerdings, daß er berechtigt sei, weder seine noch irgend eine Deckfirma auf das Buch zu setzen, also dieses ohne Angabe des Verlegers zu veröffentlichen. Außerdem wurde wegen verspäteten Erscheinens des Werkes dem Autor eine Entschädigung von 500 Frcs, zuerkannt. Gegen dieses Urteil, das in Pariser Verlegerkreisen vielsach Kopfschlltteln hervorrief, hat der davon betroffene Verleger Berufung eingelegt und diesmal seinen Prozeß ge wonnen, In der Begründung heißt es, daß die Sicherheits klausel an und für sich ungesetzlich sei, daß niemand sich der Verantwortung und den Folgen seiner Handlungsweise ent ziehen und sie somit auch durch keine Garantieklausel aus einen Dritten abwälzen könne, daß ferner die vom Autor eingegangene Verpflichtung ungültig sei, da im Falle einer Klage eben doch nicht er allein, sondern mit ihm auch der Verleger die Verantwortung tragen müsse, daß somit eben durch diese Garantieklausel der ganze Vertrag ungültig sei und der Verleger durch nichts zur Veröffenttichung dieses Werkes gezwungen werden könne. Gegen diese Aus legung hat nun wieder der Autor appelliert, jedoch wurde das Urteil von der höchsten Instanz, dem Kassaiionshof, be stätigt. Wir ersehen daraus, daß es nicht die Gegengründe des Verlegers waren, die ihn von seiner Verpflichtung befreiten, sondern einzig und allein die Ungesetzlichkeit der Sicherheits klausel, von der er sich einen ganz andern Erfolg und Schutz versprochen halte, und vor allem lernen wir zweierlei: ein mal, daß es immer gefährlich ist, Verträge über noch nicht geschriebene Bücher abzuichlreßen, zweitens, daß gewisse Vor sichtsmaßregeln rern illusorisch sind und, wie in diesem Falle dem Autor, nur schaden können. Nehmen wir z, B an, daß der Verleger sich doch zur Herausgabe des Werkes entschlossen und nach erfolgter Klage den Autor für den entstandenen Schaden verantwortlich gemacht hätte, so hätte dieser nur auf die Ungesetzlichkeit der Garantieklausel hinzuweisen brauchen und wäre einfach dadurch gedeckt gewesen. Nehmen wir anderseits an, daß eine Klage nicht erfolgt und der Roman gut gegangen wäre, so hätte doch der Autor, ohne daß der Verleger ihn daran hätte hindern können, die Mögtichkrii gehabt, den Vertrag aufzulösen, um mit dem Werke zu einem andern Verleger zu gehen. So angenehm es auch ist, der Verleger berühmter Autoren zu sein, so bleiben einem selbst in dieser Eigenschaft keineswegs alle geschäftlichen Sorgen und Ärgernisse erspart, und diese pflegen sich besonders dann fühlbar zu machen, wenn noch andere an dem Erfolge teilnehmen wollen und der berühmte und vorsichtig zu behandelnde Autor den Lockungen der Konkurrenz ein offenes Ohr leiht, Herr Eugsne Fas quelle, der Verleger von Edmond Rostand, kann etwas davon erzählen. Bis jetzt war er der einzige Verleger aller Rostandschen Werke, die in den bekannten hellgrünen Umschlägen zu Hunderttausenden sein Geschäftshaus verließen, und alle An zeichen schienen daraus hinzudeuten, daß auch dem seit Jahren erwarteten »Ubrmteolsr« ein -noch nie dagewesencr« Ersolg beschicken sei. Da kam die böse Konkurrenz, und zwar nicht einzeln, sondern gleich in Rotten, und trat mit so verführerischen Angeboten an Herrn Rostand heran, daß der Dichter, der trotz allen Ruhmes auch irdischen Gütern durchaus nicht abgeneigt ist, sich nicht lange bitten ließ, die gebotenen Reichtümer anzunchmen. Heute, also noch lange vor Erscheinen, gibt es nun schon drei Ausgaben des Chantccler, die natürlich sämtlich autorisiert sind, und nichts berechtigt zu der Annahme, daß nicht über kurz oder lang noch eine vierte Ausgabe erscheint. Die eine davon ist die von Fasquelle, die aber erst dann erscheinen darf, wenn die Konkurrenten, oder wenigstens einer von ihnen, ihr Geschäft schon gemacht haben. Dieser letztere ist Herr Bachet, der Verleger der -Illustration«, der sich das Prioritätsrecht des Chaniecler für seine Zeitschrift gesichert hat; gegen welches Honorar, ließ sich leider nicht ermitteln. Die »Illustration- bringt nämlich schon seit Jahren als Gratis beilage für ihre Abonnenten alle besseren Theaterstücke, die über die Pariser Bühne gehen, in hübscher Ausstattung als Separatdruck, der nicht in den Handel kommt. Auch der Chantecler sollte vermutlich in dieser Ausgabe erscheinen, doch scheint Herr Bachet dabei aus so energischen Widerspruch von seiten des Originalverlegers und vielleicht auch des Dichters gestoßen zu sein, daß er seinen Gedanken ausgeben mußte. Das heiß umstrittene Werk wird nun mehr im Text der Zeitschrift selbst erscheinen, je ein Akt in einer Nummer. Da die »Illustration« im Einzelverkauf 1 Fr. pro Nummer kostet und das Werk meines Wissens sünj Akte hat, so würden diejenigen, die nicht warten können, es mit 5 Frcs, bezahlen und dafür füns unhandliche Zeit- sckiriften-Nummern in Folioformat besitzen. Bis das Werk voll ständig in der »Illustration» erschienen ist, also von Beginn der Aufsührungen an in wenigstens fünf Wochen darf die Firma Fasquelle kein Exemplar ausliefern. Mit was für Gesühlen der Verleger diesem Ersolg seines eigenen Verlagswerkes in andern Händen zusehen wird, können wir ihm verständnisvoll nachcmpfindcn. Der dritte Originalverlcqer endlich ist die Firma Pierre Lafitte ck Cie,, die eine illustrierte Ausgabe von Rostands sämtlichen Werken bringen will; d, h der eigentliche Ver leger von Rostands sämtlichen Werken ist nach wie vor Herr Fasquclle, und er wäre wohl auch der nächste dazu gewesen, eine illustrierte Gesamtausgabe zu bringen, nur scheint er leider später daran gedacht zu haben als die Firma Lafitte, und da Herr Rostand sich in bezug auf seine Verlagsoer träge einer weitgehenden Bewegungsfreiheit zu erfreuen scheint und den finanziellen Wert seiner Dichtungen durchaus nicht zu niedrig einzuschätzen pflegt, so ist er eben auf das verlockende Angebot des Herrn Lafitte eingegangen. Herr Fasquelle kann bei alledem gar nichts machen, als zusehen. Immerhin hat er, selbst wenn die Konkurrenz das Beste von dem abschöpst, was von Rechts wegen ihm zukommen sollte, noch keine Veranlassung, von einem Miß-