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3770 DSrs,nbI»tt f, v. Mich». Buchhandel. Redaktioneller Teil. 81, 10. April 1913. Gestalt eines fröhlichen Festkommerses begangen werden wiro. Auch sie scheint allmählich traditionellen Charakter anzunehmen. War bereits die Teilnahme eine alljährlich steigende, so verspricht sie diesmal bei Abschluß des ersten Dezenniums eine be sonders lebhafte zu werden. Auch hier hat ein rühriger Festausschuß in gewohnter Weise für Unterhaltung, Festgaben und allerlei Überraschungen gesorgt. Ich erwähne nur eine Tom bola, die den glücklichen Gewinnern eine Freifahrt nach Ahlbeck nebst zehntägigem freien Aufenthalt im Erholungsheim, ein voll ständiges Exemplar von Gustav Freytags Werken, hundert Zentner Briketts und andere nützliche Gegenstände in den Schoß werfen wird (natürlich nur bildlich gesprochen). Die Gehilfen von aus wärts, die zu Kantate nach Leipzig kommen, werden es nicht zu bereuen haben, wenn sie sich diesen Sonntagabend reservieren, um ihn im Kreise ihrer hiesigen Kollegen zu verleben. Viele unserer Gäste werden angenehm überrascht sein, wenn sie den Zug verlassen und die gewaltigen Bauanlagen unseres Hauptbahnhofes erblicken. Auch wenn sie Leipzig bisher nicht als Großstadt, sondern nur als große Stadt geschätzt habe», wird ihnen dieser Bahnhof mit seinen imponierenden, geräumigen Hallen, in seiner großen und schlichten architektonischen Einfach heit, mit seinem Komfort für das reisende Publikum doch sicher einen großstädtischen Eindruck machen. Es ist, als habe Leipzig für seine zahlreichen Gäste in diesem und im kommenden Jahre eine Kraftprobe öffentlicher Bautätigkeit gegeben. Die zunehmende Bedeutung Leipzigs auf allen Gebieten, die Rührigkeit unserer Stadtverwaltung, es den anderen Städten auf allen Gebieten gleich- und zuvorzutun, nicht zum mindesten die bereits erörterten großzügigen, den weiteren Ausbau unserer Universität betreffenden Projekte haben die Residenz am Strande der Elbe, die vor unserer Stadt ihre eigenen Vorzüge hat und behalten wird, nicht schlafen lassen. Der Oberbürgermeister der Stadt Dresden, vr. Beutler, hat uns als Osterei eine Denkschrift über die Errichtung einer Universität am Strande der Elbe be schert. Als im vorigen Jahre zum ersten Male der Gedanke einer Dresdener Universität in der Öffentlichkeit auftauchte, gab ich an dieser Stelle der Vermutung Ausdruck, daß die beabsich tigte Gründung einer lokalpatriotisch-partikularistisch gesinnten Gruppe Dresdner Bürger zuzuschreiben sei, die sich über die Trag weite der Idee namentlich nach der finanziellen Seite hin noch nicht im klaren wäre. Als dann die ablehnende Antwort in der Kammer kam, die an Deutlichkeit und sachlicher Begründung nichts zu wünschen übrig ließ, konnte man glauben, daß das Projekt endgültig in der Versenkung verschwunden sei. Um so auffallender wirkt jetzt diese Denkschrift. Man kann es Wohl be greifen, daß der drohende Verlust der Tierärztlichen Hochschule, deren von der Regierung beabsichtigte Verlegung und Anglie derung an die Leipziger Universität der eigentliche Anlaß zu dem neuen Gründungsprojckt war, nicht stillschweigend von den Dresdner Stadtbätern hingenommen werden konnte. Man rech nete aber keineswegs nach dem ersten ablehnenden Bescheide der Regierung auf eine Wiederaufnahme des Planes, namentlich nicht von einer so gewichtigen Seite wie der des Dresdener Ober bürgermeisters vr. Beutler. Wenn in der Hand dieses Mannes, wie es in der Denkschrift geschieht, das Projekt greifbare Gestalt annimmt und nach der finanziellen Seite hin festumrissene Grund lagen bekommt, so hat die Stadt Leipzig alle Ursache, ernstlich durch dieses beabsichtigte Konkurrenzunternehmen beunruhigt zu sein. Da die Dresdner Stadtverwaltung demnächst erneut bei der Regierung und Ständeversammlung wegen der Belastung der Tierärztlichen Hochschule in Dresden und der Errichtung mehrerer neuen Fakultäten Vorstellungen erheben und sich bereit er klären will, die ihr aus dem großzügig gedachten Unternehmen erwachsenden Lasten selbst zu übernehmen, so ist es nicht aus geschlossen, daß die Regierung ein freundlicheres Gesicht zeigt. Dresden würde dann, dem Beispiele Frankfurts und Hamburgs folgend, in die Reihe derjenigen Großstädte einrücken, die die Gründung eigener, von Staatsmitteln unabhängiger Universitäts- instilute propagieren. Mindestens wird man angesichts der Opfer, zu denen Dresden bereit ist, seitens der Regierung die Verlegung der Tierärztlichen Hochschule nochmals in Erwägung ziehen müssen. Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge entwickeln werden. Unsere hiesigen Sortimenter, die sich auf den Zuwachs durch die Studenten und den Lehrkörper der Tierärzt lichen Hochschule gefreut haben, werden sich umsomehr in Geduld zu fasten wissen, als ihr Augenmerk ohnehin mehr auf die Gegenwart als aus die Zukunft gerichtet sein muß. Dix ver schiedenen außerordentlichen Veranstaltungen und Ereignisse in Leipzig in diesem und im nächsten Jahre versprechen ihnen durch den zu erwartenden großen Fremdenstrom eine nicht unwesent liche Belebung ihrer Geschäfte. Hier ist die rechte Gelegenheit gegeben, der Zeit und den Ereignissen angepaßte besonders ge schmackvolle Schaufenster zu dekorieren. Ich erinnere dabei an das 12. Deutsche Turnfest, das im Juli unter Anteilnahme aller Kreise unserer Stadt gefeiert werden wird, an die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals im Oktober und an die vielen Tagungen, die für die nächsten beiden Jahre in unseren Mauern stattfinden werden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht ver fehlen, auf ein in Nr. 171 des Leipziger Tageblattes vom 8. April erschienenes Verzeichnis »Kongresse und Tagungen in Leipzig 1913« hinzuweisen, in dem 70 derartige Veranstaltungen aufge- sührt werden, für die der Termin bereits bestimmt, und rund 80, für die er noch nicht bestimmt ist. An der Hand dieses Ver zeichnisses ist es schon heute dem Sortimenter möglich, seine Vorbereitungen dafür zu treffen, welche Veranstaltungen er für sein Geschäft nutzbar machen kann, und nach welcher Richtung hin er die Fühler seiner Reklame und Propaganda auszu strecken hat. Lassen wir ihn aber erst seine Ostermetzarbeiten in Ruhe be enden und ihn eine Weile von dem anstrengenden Schulbücher geschäft ausruhen, oder noch bester die mancherlei Freuden und Leiden der Kantatetage mit den Kollegen von auswärts aus- kosten! Saure Wochen, frohe Feste, sei zunächst das Zauberwort! Unseren Gästen aber, die wie sonst nach Leipzig kommen werden, um hier über das Wohl und Wehe des Buchhandels zu raten und zu taten, alte Freundschaften zu Pslegen und zu erneuern und neue zu schließen, rufen wir ein herzliches Willkommen zu. k i s c »t 0 r. Nachdrucksvorbereitungen vor Ablauf der Schutzfrist. (Vgl. Nr. 81 u. 70.) Herr Streitzler erwidert in Nr. 14 der Allgemeinen Buch händlerzeitung auf meine letzten Ausführungen in Nr. 70 des Börsenblatts. Ich habe ihn leider noch nicht zu meinen An schauungen bekehren können, weil er sich immer an Einzel heiten klammert, ohne die ganze Struktur des Gesetzes zu er- kennen. Ich will nun noch in einem letzten Artikel versuchen, auf diese Gesetzesstruktur näher einzugchen; schlägt dieser Versuch im Verein mit den beiden zum Schluß zitierten Reichsgerichts urteilen fehl, so gebe ich es auf, Herrn Streitzler zu über zeugen, ich muß mich dann mit dem Bewußtsein abfinden, daß mir diejenigen rechtgeben werden, die das Gesetz nicht nur in seinen Einzelheiten, sondern als Ganzes erfaßt haben. Während die ältere Gesetzgebung von dem strafenden Recht vielfach Gebrauch machte, hat die moderne Rechtslehre das Bestreben, dem Strafrichter so viele Fälle wie möglich zu entziehen und diese dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu über weisen. So kannte das Gesetz vom 11. Juni 1870 noch die Bestrafung des fahrlässigen Nachdrucks, das Gesetz vom 19. Juni 1901 bestraft nur noch den vorsätzlichen und vollendeten Nachdruck. Der Versuch wird nach H 43,2 des Strafgesetzbuchs nicht bestraft, da das Urheberrechtsgesetz dies nicht ausdrücklich bestimmt. Aus dem fahrlässigen Nachdruck ist aber nach Z 36 U.-R.-G. der Veranstalter dem Berechtigten zum Ersatz des entstandenen Schadens ebenso verpflichtet wie der vorsätzliche Nachdrucker. Dies trifft auch auf den gutgläubigen Nachdrucker zu, der nach H 812 des B.G.B. zum mindesten zur Herausgabe seiner ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist. Daß der Be rechtigte bei borsätzlichemNachdruck nach Z 40 U.-R.-G. seinen Ent schädigungsanspruch im Wege des Adhäsionsprozestes gleich vor dem Strafrichter durch Verlangen einer Butze bis 6000 ^