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x° 197, 24. August 1921. Redaktioneller Teil. losen Überschrift eine Notiz iiber die »Toison-d'or«-Charade geschickt, die von ihr unter dein Titel »Ein nener G o c t h e f u n d'?< ver öffentlicht worden ist. In der Wiedergabe ist das durchaus nötige Fragezeichen fortgelassen worden, und alles das, was ich als fraglich hingestellt hatte, ist in positive Behauptungen umgcwandelt worden. Ich hatte in der Notiz selbst besonders betont, daß ich durchaus nicht kompetent, vielmehr einer jeden Belehrung zugänglich wäre. Diese ist auch prompt erfolgt. Herr Dr. Kippenberg in Leipzig besitzt ein Exemplar und hat es in seinem Goethekatalog verzeichnet. Daß ich das nicht erwähnt habe, hat seine Ursache in einer unglücklichen Verkettung verschiedener Umstände. Übrigens hatte ich auch vermerkt, daß gleich zwei Exemplare der Charade an ein und derselben Stelle in den Han del gekommen sind. Vielleicht kommen nach der Veröffentlichung der Notiz im Börsenblatt nun noch wettere /Belehrungen', die ich mit Interesse erwarte.« Ein Urteil über Esperanto. — 1)r. A. Steche in Leipzig, der be kannte Vorkämpfer für Esperanto, schreibt: »Wenn wir ein Mittel zur Erleichterung unseres Sprachenlernens und zur Aussöhnung unserer untereinander verhetzten Volksschichten haben, so sollten wir es doch mit freudig bittenden Händen ergreifen und festhalten! Geben Sie dem Kaufmann und dem Arbeiter durch Esperanto den internationalen Wortschatz und das scharfe sprachliche Denken, so werden sich beide im Auslande schnell zurcchtfinden. Unsere Kriegsgefangenen haben's be wiesen. lind setzen Sie den Kaufmannssohn zusammen mit dem Ar beiter an einen Tisch und lassen Sie beide Esperanto gründlich erlernen und das beglückende Ideal, das in ihnen verkörpert ist, voll erfassen, so haben diese durch die neutrale, persönliche Zusammenarbeit an einem großen Ziele einen Weg zur Duldung und Aussöhnung. Das erleben wir jeden Tag in den Esperanto-Zusammenkünften der ver schiedenen Gesellschaftsschichten. Die großen internationalen Esperanto- Kongresse bestätigen diese Erfahrungen: die Einheitssprache ist ein ideales und gewaltiges Werkzeug zur Annäherung, Verständigung und Aussöhnung der Menschen und der Völker!« Preisausgabc der Balneologischcn Gesellschaft. — Die Balnco- logische Gesellschaft hat als neue Preisaufgabe der vr. Heinrich Brock- Stiftung das Thema gestellt: »Die Radioaktivität der Heilquellen im deutschen Sprachgebiet und ihr Anteil an deren therapeutischer Wir kung.« Die Höhe des Preises beträgt 3000 Mark. Genauere Auskünfte über die Preisaufgabe erteilt der stellvertretende Generalsekretär der Balncologischen Gesellschaft Or. Hirsch in Eharlottenbnrg, Fraun- hoferstraße 10. Nene dänische Orthographie. — Ähnliche Bestrebungen, wie sie kürzlich in Deutschland zur angeblichen Verbesserung der Orthographie gemacht, aber glücklicherweise abgelehnt wurden, scheinen sich jetzt auch in Dänemark bemerkbar zu machen. Wie man aus Kopenhagen schreibt, nimmt in Dänemark die Bewegung zur Abschaffung der gro ßen Buchstaben immer größeren Umfang an. Dänemark ist das einzige der skandinavischen Länder, das bisher noch die großen Buch staben beibehalten hat. Frequenz der tschccho-slowakischen Hochschulen. — Die Gesamtzahl der Studierenden an den tschecho-slowakischen Hochschulen im Winter semester 1020/21 betrug 28155 Studierende. Davon waren nach den Nationalitäten : Tschccho-Slowaken 10 726 (50,1 Prozent), Deutsche 6615 (23,6 Prozent), Madjaren 1296 (1,0 Prozent), Bulgaren 111 (1,5 Pro zent), Rumänen 137 (0,5 Prozent), Polen 118 (0,18 Prozent), Fran zosen 9, Lausitzer Serben 6, übrige Nationalitäten 37. Wieder Ausländer an höheren Lehranstalten. — Durch Erlaß des preußischen Kultusministers dürfen Ausländer wieder als Schüler auf höheren Lehranstalten Preußens ausgenommen werden. Sie dürfen auch die Prüfung auf den Schulen ablcgen: das Provinzialschnl- kollegium ist für ihre Zulassung zuständig. Nichtschüler dagegen müssen die Genehmigung des Ministers zur Ablegung einer Prüfung haben. Gefahr für die Wiener Volksbildungsanstalten. — Der Vorsitzende des Wiener Volksbildnngsvereins, Muscnmsdirektor Eduard Lei schi n g, erläßt einen Aufruf über die katastrophale Notlage des Ver eins, der nicht mehr in der Lage sei, seine Angestellten und die sonstige Unterhaltung der 13 Volksbibliotheken zu bezahlen. Für das letzte Halbjahr beträgt die Fehlsumme 600 000 Kronen. Gesundheitliche Massenausklärnng. — Der Ruf nach allgemein- verständlicher Aufklärung über Bau und Leben des Körpers tönt immer lauter durch die gesamte Kultnrwelt, und die Erkenntnis bricht sich immer mehr Bahn, daß nur durch Verbreitung von Kenntnissen unter den Massen die großen Volkskrankheiten entscheidend bekämpft werden können. Bisher fehlte es aber leider an geeignetem Anschauungs material für die hygienische Volksaufklärung. Nun aber ist es, wie in der »Deutschen Medizinischen Wochenschrift« mitgeteilt wird, dem Deutschen Hygiene-Museum in Dresden gelungen, eine glückliche Lösung dieser außerordentlich wichtigen Frage zu finden. Unter Mitwirkung bedeutender Spezialisten sind in den Lchrmittel- werkstätlen dieser Anstalt nach langer mühseliger Arbeit Unter richt s s a m in l u n g e n für die V o l ks b e l e h r u n g geschaffen worden, die bei unbedingt wissenschaftlicher Zuverlässigkeit in ge drängter, ohne weiteres verständlicher Darstellung ein abgeschlossenes Bild der betreffenden Gebiete geben. Eine Untcrrichtssammlung über Geschlechtskrankheiten ist bereits erschienen, während sich weitere über Tuberkulose, Säuglingspflege und für den biologisch-hygienischen Schul unterricht in Vorbereitung befinden. Das Deutsche Hygiene-Museum gibt die einzelnen Sammlungen zu sehr mäßigen Preisen ab: der er läuternde Text ist in allen Kultursprachen vorgesehen, und so ist hiermit ein Weg der hygienischen Aufklärung befchritten. der für die ganze Kulturwelt von höchster Bedeutung werden kann. Französische Kolonial-Kunst. — In Paris wurde eine Ausstellung französischer Maler aus den Kolonien eröffnet. Im allgemeinen haben die ausgestellten Bilder nach dem Urteil der Pariser Kritiker keinen großen Wert. Als über dem Durchschnitt werden bezeichnet: in der Technik kühne Bilder aus Nordafrika (Marcclle Acklin, Adrienne Jonchard), von den Antillen Mme. Easse und M. Baldoui. Die Glanz stücke der Ausstellung sind Levy-Dhurmers farbenfrohe Studien aus Indien, deren leuchtende Gelb-, Braun- und Blannuaneen ihm den Namen eines »Fürsten der Farbe« einträgt. Italien und die deutschen Dantefeicrn. Uber die Dantefestlich- keiten in Deutschland ist die italienische Presse bis jetzt mit einen« recht frostigen Stillschweigen hinweggegangen. Um so wohltuender berührt ein Artikel im »Paese«, der erklärt, auch dann, wenn man keine Sym pathie für Deutschland habe, müsse inan die Würde und den Ernst des Gcisteskults anerkennen, mit dem ein früherer Gegner ohne Rederei und Banalität des großen Toten gedenke, ganz ähnlich «vie 1916, mitten im Kriege, als Shakespeare gefeiert wurde, ohne daß man sich zu Ausfälligkeiten gegen England Hinreißen ließ. Harnack und Troeltsch, schreibt das römische Blatt, wäre es ein leichtes gewesen, bei dieser Gelegenheit dem großen italienischen Poeten einen deutschen Dante gegenüberzustellen, «vie es Poincar« und Barrös fertiggcbracht haben, einen »latinischen« Dante zu konstruieren, aber mährend man in Paris die Tantefeier zu politischen Ausfällen von zweifelhaftem Ge schmack mißbrauchte, habe in Berlin das Gedächtnis allein der Kunst gegolten. Eine Amerikanerin als japanische Dichterin preisgekrönt. — In Japan fand ein Wettbewerb der Nationalpoeten statt. 17 000 Dichter stritten um den vorn Kaiser ausgesetzten Preis. Die Werke wurden anonym eingeschickt. Als man den Verfasser des mit dem ersten Preis gekrönten, in japanischer Sprache verfaßten Gedichtes erfuhr, stellte sich heraus, daß es die in Tokio ansässige Amerikanerin CH. Burnett «var. Sie «vird nun als große japanische Dichterin gepriesen und für würdig erachtet, die Heldentaten des Kaiserhauses zu besingen. Eine zivcitc griechische Universität. In Smyrna «vird eine zweite griechische Nationaluntversität errichtet, die sich hauptsächlich mit der Erforschung der vorderasiatischen und balkanischeu Sprachen und Kulturen befassen «vird. Ein kleinasiatischer Grieche. Stavros Palaudja, hat die Mittel für die Universität bcreitgestellt, während der früher in Deutschland tätige Mathematiker Professor Karatheodori die Vorarbeiten leitete. Gründung einer philosophischen Gesellschaft. In Zürich fand die konstituierende Versammlung einer »Philosophischen Gesellschaft« statt. Sie hat den Zweck, das Leben der Philosophie in der deutschsprechenden Schweiz zu fördern, und soll allen denen, die ernstes Interesse für die philosophischen Probleme haben, offenstehen. Zum Präsidenten wurde Stadtrat Pflüger gewählt. Allmonatliche Sitzungen sollen Vorträgen und Diskussionen gewidmet sein. Ein Muselmann-Institut in Pari--'. Das französische Parlament hat 500 000 Franken bewilligt für ein Muselmann-Institut, zu dein die Stadt das Grundstück spendet. Es sollen darauf eine Moschee, ein Wohnhaus, Bäder, Bücherei und Konferenzräume errichtet werden. 1267