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020 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ^1? 37, 28. März. heben würden, da ein Werk sehr wohl als Jugendschrift und als historisches oder naturwissenschaftliches Werk aufgesaßk werden kann, ganz abgesehen hiervon, sagen wir, wird dieser Vorschlag schon aus dem Grunde sich als unzulänglich erweisen, weil er weder für die Buchhändler genügende Vortheile, noch für das Publicum hinläng liche Bequemlichkeit bieten würde. Wenn wir die Klagen des Publicums recht beurtheilen, so werden ihnen die Sortimenter nicht durch eine größere Zersplitter ung, sondern umgekehrt nur durch eine größere Conccntcirung ihres Geschäfts gerecht werden können, und als der alleinige Weg, auf dem dies erreicht werden kann, erscheint uns die Anwendung des Princips der Association auf den Sortiments- Buchhandel. Wir verstehen hierunter die Vereinigung mehre rer oder auch sämmtlichcr, in einer bestimmten Stadt vorhandener Sortiments-Handlungen zum gemeinschaftlichen Betrieb eines ein zigen Geschäfts auf gemeinschaftliche Rechnung. Die Association fällt also nicht etwa zusammen mit den auch bisher schon üblichen s. g. Compagnie-Geschäften, wie z. B. Perthes-Besser und Mauke oder Scheible, Rieger und Sattler; denn trotz der äußeren Ähn lichkeit der Firmen, trotz der nahezu völlig gleichen rechtlichen Natur beider Vereinigungen, besteht doch in wirthschafllicher Hinsicht ein sehr bedeutender Unterschied zwischen ihnen. Das Compagnie-Ge schäft ist wesentlich eine Vereinigung mehrerer Personen, die Asso ciation ist wesentlich eine Vereinigung mehrerer Geschäfte; bei der Compagnie wird die Zahl der Sortimenter verändert d. h. vermehrt sich (bei der Association bleibt die Zahl der Sortimenter dieselbe), und bleibt die Zahl der bisher bestandenen Geschäfte dieselbe, und nur die Zahl der Geschäfte verändert d. h. vermindert sich; die Com pagnie ist trotz ihrer großartigen Firma immer nur auf den Kleinbe trieb, die Association ist immer auf den Großbetrieb des Sortiments- Geschäfts gerichtet (?). Diese Gegensätze werden genügen, um den Un terschied zwischen Association und Compagnie-Geschäft klar zu stel len und unserm Vorschlag wenigstens den Charakter der Neuheit zu sichern. Der nächste Einwand, der gegen unfern Vorschlag erhoben werden könnte, wird vielleicht der Thatsachc entnommen, daß bisher Wissenschaft und Praxis die Association auf das Gewerbe und den gewerblichen Verkehr beschränkt haben. Auch wir verkennen keineswegs die Gründe, die sich gegen die Ausdehn ung der Association auf den Handel aus der wirthschaftlichen Na tur desselben herleiten ließen. Eine Erörterung der Frage in die ser Allgemeinheit kann jedoch hier nicht in unserem Interesse liegen. Wir haben vorliegenden Falls nur den Buchhandel, und vomBuch- handel wieder nur den bestimmten Zweig des Sortiments-Geschäfts, nicht den Handel im Allgemeinen im Auge. Für unseren Zweck wird daher auch schon der Beweis genügen, daß wenigstens für den Sortiments-Handel die Möglichkeit einer Anwendung des Associa- tions- Princips gegeben sei. Man fürchte nicht, daß wir bei einer so concrelcn Frage uns in tiefsinnigen wirthschaftlichen Unter suchungen ergehen würden. Die Sache ist vielmehr ganz außer ordentlich einfach. Die Association ist nichts weiter als eine cigen- thümliche Geschäftsform. Einejede Geschäftsfocm aber ist wirthschaft- lich möglich, wenn sie dem Vorcheile der Interessenten entspricht, und diese Interessenten sind vorliegenden Falls das Publicum und der Buchhändler. Nun lassen sich die Interessen des Publicums den Sortimentern gegenüber in den Wunsch zusammenfassen: die Bortheile, welche der Buchhandel überhaupt zu bieten im Stande ist, sämmtlich und mit möglichst geringer Belästigung zu genießen; und andererseits vereinigen sich die Interessen der Sortimenter in dem Bestreben: den Gewinn, den das Gewerbe des Buchhandels unter gegebenen Verhältnissen überhaupt abzuwerfcn im Stande ist, vollständig und auf die leichteste und sicherste Act zU erzielen. Ist es also der Association möglich, in Bezug auf den Buchhandel alle diese Interessen zu befriedigen, so ist sie auch wirthschaftlich für denselben möglich, und ist vielleicht die Association in der Lage, diese Interessen besser und vollständiger zu befriedigen, als jede andere Form des buchhändlcrischen Geschäftsbetriebs, so ist sic sogar wirth schaftlich nothwcndig, und diese letztere Eigenschaft für die Asso ciation nachzuwcisen, ist die Absicht, die uns zu diesem Artikel veranlaßte. Das Publicum wünscht ein Buch entweder zu kaufen oder zu leihen, jedenfalls aber alsbaldige Befriedigung seines Wun sches. Betrachten wir uns zunächst einmal die Verhältnisse des Kaufgeschäft/. Daß es dem einzelnen Sortimenter unmöglich sei, jeden Wunsch alsbald zu befriedigen, gaben wir schon oben zu. Wir können dies Zugeständniß für die Association nur wiederholen. Der Vorzug der Association vor dem Einzelgeschäft kann also in dieser Beziehung nur darin bestehen, wenigstens in bei weitem den meisten Fällen, jedenfalls aber ungleich häufiger, als bei dem bis herigen Geschäftsbetrieb der Fall war, das Publicum in den als baldigen Besitz der gewünschten Werke zu setzen. Dieser angebliche Vorzug der Association ist vielleicht weniger eine Folge ihres größeren Capitals, als es scheinen möchte. Vielfach wird allerdings der einzelne Sortimenter nicht im Stande sein, ein so bedeutendes Capital in seinem Geschäft anzulegen, wie dies die Association sehr wohl vermag: ebenso häufig werden dage gen die Mittel des Einzelnen vollständig ausreichen, um mit denen der Association zu concurriren. Wir halten es nämlich bei umsich tiger Auswahl für vollkommen ausreichend, wenn die sämmtlichen Sortimenter einer mittelgroßen deutschen Stadt für ältere Werke ein Capital von 20,000 Thlr. anlegcn. Hiermit wollen wir nicht gesagt haben, daß der Umsatz in älteren Werken diese Summe nicht überstiege, dieser Umsatz mag vielmehr immerhin ungleich bedeuten der sein; wir sind bloß der Ansicht, daß das Capital, welches in mit telgroßen Städten für den Buchhandel nöthig wäre, um die Be dürfnisse des Publicums nach älteren Werken im wünschenswecthen Maaße zu befriedigen, die erwähnte Summe nicht zu übersteigen brauchte. Diese Summe ist denn doch aber wahrlich nicht so enorm, daß sic nicht auch ein Einzelner aufzubringcn vermöchte. Im Han del kommt es ledoch nicht darauf an, wie viel man überhaupt, sondern wie viel man mit Nutzen darin anlegcn kann, und mit Rücksicht hierauf müssen wir behaupten, daß ein Einzelgeschäfl in einer mittelgroßen deutschen Stadt, selbst bei mäßiger Concurrenz, mit Nutzen nicht mehr anlegen kann, als cs bisher schon für Schul bücher, Jugendschriften, Miniatur-AuSgaben m. verlangt hat, näm lich etwa 2000 Thlr., während eine Association von drei oder vier Sortimentern in derselben Stadl mit erheblichem Nutzen die Summe von 2(,000 Thlrn. in älteren Werken anlegcn könnte. Die Gründe hiefür sind folgende. Der Bedarf an Büchern ist in aner bestimmten Stadt ein vielleicht langsam wachsender, im Allgemeinen aber doch ziemlich fest gegebener. Es liegt auf der Hand,daß hiermit der für den Buchhandel abfallende Gewinn eben falls cn im Allgemeinen fest gegebener ist. In diesen überhaupt erziclbiren Gewinn theilcn sich nun die einzelnen Buchhandlungen, indemcine jede derselben einer bestimmten Anzahl von Stadtbe- wohncn ihren Bedarf an literarischen Erzeugnissen vermittelt. Dies Vcrhlltniß zwischen der einzelnen Buchhandlung und der von ihr bedielten Zahl von Personen ist zwar nicht absolut fest bestimmt, cs ninmt jedoch regelmäßig und naturgemäß einen ziemlich festen Char.kter an: die Einzelnen werden eben zuKundcn dieser oder jener Buchandlung, und die Bedürfnisse derKunden des einen Geschäfts gehe: jedes andere Geschäft regelmäßig gar nichts an. Bei dieser Zerslitterung der Kunden ist cs dann aber für.den einzelnen Sor- timeikcr, selbst wenn ec cs mit Anstrengung aller seiner Kräfte ver-