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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 186, 12. August 1916. Maße begegnet werden, daß man dann die Veröffentlichung der RG.-Entscheidungen »och mehr nach Materien scheidet als bisher. Daß die Strafsachen von den Zivilsachen getrennt bleiben müs sen, ist selbstverständlich. Aber man sollte weitergehen: die frei willige Gerichtsbarkeit, die Handels- und Konkurssachen, die Prozeßsachen, die den gewerblichen Rechtsschutz, das Arbeitsrecht betreffenden Sachen könnten ebensoviele einzelne Gruppen bilden. Das sind nur Beispiele; die Reichsgerichtsräte, die die Arbeit übernehmen, werden die beste Abgrenzung schon zu finden wissen. Solche Abgrenzung aber hätte den Vorteil, daß die Zeitschriften, je nach ihren Sonderausgaben gerade diejenigen Arten von Ent scheidungen beziehen und ihren Blättern beilegen könnten, die> für ihre Leser besonders wichtig sind, daß also nicht nur Zentra lisation, sondern organisierte Dezentralisation, statt Verwirrung vollkommene systematische Ordnung entsteht! Trifft eine Ent scheidung mehrere der getrennten Gebiete, so müßte sie dann frei- lich auch in den mehreren betreffenden Sammlungen erscheinen, das wäre kein allzugrotzcr Schaden, oder besser: sie werden, wenn irgend möglich, geteilt, und für den fremden Teil wird auf di« fremde Quelle verwiesen. Auch könnte durch solche Teilung eine Entschädigung für die Zeitschriften- und Verleger geschaffen wer den, die bisher ihre Aufgabe bei der Veröffentlichung von RG.« Entscheidungen erfüllt haben — also während eine Gruppe der Sammlungen bei Veit L Comp, verbliebe, könnte eine andere zu Schweitzer kommen, eine dritte zum Verlag der Jurist. Wochen schrift usw. Die Ausgestaltung dieses Vorschlages bliebe den Redaktoren am Reichsgericht überlassen. Eine Schlußbetrachtung darf aber nicht außer acht bleiben: Solche Zentralisation und Organisation der Veröffentlichung der RG.-Entscheiduugen ist aber nur ein Teil — ein kleiner — der allgemein nötigen Verstraffuug der deutschen Wirtschaft. Auf den Mißstand, daß es zuvielc Kommentare desselben Gesetzes, zu- vielc Schulbücher desselben Faches gebe, haben wir schon früher hingewiescn. Das alles ist ein Teilchen der großen Überproduk tion. Die Hausfrauen klagen mit Recht, daß sie immer wieder dieselben Arbeiten machen müssen, die sich durch Zusammenlegung vereinfachen ließen und viele Arbeitskräfte freilassen könnten, die Zeitungen sind namentlich jetzt im Kriege recht gleichartig, und für sie trifft das, was bei den RG.-Entscheidungen beklagt wird, fast in noch größerem Maße zu. Wieviel Stoff muß da doch von Setzern doppelt und vielfach gesetzt werden, was einmal gesetzt und in entsprechend größerer Anzahl gedruckt allen Ansprüchen genügen würde. Ich verkenne nicht, daß da mancherlei Schwie rigkeiten — örtliche, räumliche namentlich — im Wege stehen, aber es jammert einen, wenn man sieht, wie viel Arbeit da buch stäblich vergeudet wird, indem jeder dasselbe nochmal machen mutz, was ein anderer schon geleistet hat oder zur selben Zeit leistet. Aber das sind Znknnftssorgen, für die z. T. auch erst noch technische Erfindungen nötig sind und auf die heute nur hingcwiesen werden kann. Fange man mit der Zusammenfassung und Systematisierung der RG.-Entscheidungen an, damit dies dann ein leuchtendes Beispiel werde! 0,. Alexander Elster. Aus dem schwedischen Buchhandel. v. «IV siehe Bbl. Nr. 183.) Papiernot. — Zeitschriften. — Amalia v. Hclwig. — Kriegsbücher. — Andere Neuerscheinungen. Der schwedische Frühjahrsmarkt steht, auch was den Buch handel betrifft, im Zeichen der Teuerung. Diejenige Industrie, die eine der Grundsäulen des Buchgewerbes ist, nämlich die Pa pierfabrikation, scheint unter den durch den Krieg geschaffenen Zuständen mehr als andere zu leiden. An Rohstoff ist Wohl kein Mangel, aber viele für die Herstellung des Papiers notwendigen Produkt« müssen sowohl aus Deutschland als auch aus den über seeischen Ländern geholt werden, und die Einfuhr von diesen ist durch Ausfuhrverbote und Verkehrsschwierigkeiten stark ge hemmt. Seit Anfang des Krieges sind die Papierpreise um 1070 rund 100gestiegen, und was eine derartige Preissteigerung für Verleger und Zeitungen bedeutet, wird jeder begreifen. Noch sind zwar die Folgen nicht so stark hcrvorgetreten, aber viele Anzeichen sprechen darfür, daß sie bald den Büchermarkt sehr einfchränken werden. Einer der größten Verleger hat sich ge nötigt gesehen, einen Teil seiner Bücher in Deutschland drucken zu lassen, während andere Verleger ihren Papicrbcdarf aus Hol land ergänzen müssen. Um Abhilfe zu schassen, ist von Fachkreisen u. a. eine gelegentliche Aufhebung des Papierzolls enrpfohlen wor den. Als ein Beispiel der Steigerung der Herstellungskosten kann angeführt werden, daß der zum Bleichen des Papiers nötige Chlorkalk von Kr. 60.— auf Kr. 1000.— per Kilogr. gestiegen ist. Gegenwärtig finden Experimenle statt, um ein gebleichtes Papier nach einer andern Methode herzustellen. Die größeren Verleger haben erklärt, sie seien gezwungen, ihre Wirksamkeit bedeutend einzuschränken und nur das Notwendigste erscheinen zu lassen. Den wohlfeilen Ausgaben hat der Krieg ein Ende gemacht, und ob diese Kategorie von Büchern einmal wieder aufblühen wird, erscheint sehr zweifelhaft. Dafür scheint die Zeitschriftenliteratnr vor einem Ausschwung zu stehen. Ob jedoch nicht auch hier die Papierteuerung un- übersteigbare Hindernisse in den Weg legen wird, ist fraglich. Die Zeitschrift größeren Umfangs hat in Schweden immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, und nur wenigen Unterneh mungen dieser Gattung ist eine längere Lebensdauer beschieden gewesen. Diejenigen, die sich am Leben erhalten konnten, sind meistens politischen oder halbwissenschastlichen Inhalts und werden durch Vereine oder Legate unterstützt. Dahin gehören z. B. die vorzüglich geleiteten »Vst nzm SvsriAs«, »8vensk Tiäslcrikt« und die sehr alte in den drei skandina vischen Sprachen geschriebene »Norckislr Ticlslrrlkt«. Die vorletzte ist nicht ausgesprochen politisch, und die letzte beschäftigt sich mit kulturellen Fragen aller Art. Rein künstlerisch-literarisch ist die vornehme, von dem Staat unterstützte »Orck oek Will«, die auch Beiträge in Dänisch und Norwegisch enthält, jedoch keine genügende Verbreitung fin den kann. Vor einigen Jahren hatten wir eine anfangs gut ge leitete Unterhaltungszeitschrist: »Varia«, die für die jüngere Schriftstellergeneration eine gewisse Rolle spielte. Dann kam Albert Bonnier mit seinen neuen »Monatsheften« und kaufte bald, um einen Konkurrenten los zu werden, »Varia«, die einging. Die Bonnierschen Monatshefte sireir überwiegend belletristisch und erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Der Verleger hat ja auch Beziehungen zu unseren bedeutendsten Schriftstellern und vermag infolgedessen den Inhalt wertvoll und abwechselungs- reich zu gestalten. Seit dem Anfang dieses Jahres erscheinen die Hefte in großem Format, etwa wie »Daheim«, und scheinen auch auf eine breitere Grundlage gestellt worden zu sein. Die Firma Vhlsn L Vkerlnud, die früher in Schweden an der Spitze der wohlfeilen Ausgaben marschierte, hat neulich ange fangen, eine Halbmonatsschrift mit dem etwas marktschreierischen Namen »Usla Vürlcksns Nogaeiu« herauszugeben. Doch scheint der Inhalt, der haupt sächlich in Übersetzungen aus den großen englischen »dlaga- -ines« besteht, auf einer recht niedrigen Stufe zu stehen. Wie immer bei dieser Firma geht die Quantität vor der Qualität, und der Preis steht in keinem normalen Verhältnis zum Um fang. Jede Nummer (ca. 100 Seiten) kostet 35 Öre. Im Verlag von B. Wahlström (nicht mit der Firma Wahlström L Wid- strand zu verwechseln) erscheint seit kurzem eine ähnliche Zeit schrift zu wohlfeilem Preis und mit noch wohlfeilerem Inhalt. Aber — Schweden wartet noch auf eine wirklich wertvolle, um fangreiche und gut geleitete Monatszeitschrift. Ein Unternehmen anderer Art ist die soeben erschienene Zeitschrift »Saisons»«, die sich als »Magazin für Kunst, Neuheiten und Moden« be zeichnet und gewissermaßen eine Neubelebung einer älteren, längst verstorbenen Publikation derselben Richtung sein soll. Die erste Nummer war ziemlich gut ausgestattet, aber für den doch sehr hohen Preis von 75 Öre recht mager; trotzdem fand sie reißenden Absatz. Ein dauernder Erfolg scheint mir trotz der guten Namen der Redaktion und der Mitarbeiter fraglich. Eine neue, halb wissenschaftlich angelegte Zeit-