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13898 Bsq-nbi-ud. Dtschn. Birchhmd-l. Nichtamtlicher Teil. ^ L6ü, 7. November 1912. Sprechsaal. Über Rezensionsexemplare. (Vgl. Nr. 248.» Zwei Arten von Rezensenten will ich als typisch kennzeichnen. Die eine Art verlangt in geschickt abgefaßten und persönlich geschriebenen Briefen Rezensionsexemplare mit der Wendung, »da die Zeitung bzw. Zeitschrift H mich beauftragt hat, über diese Werke ein längeres Feuilleton zu schreiben. Ich rechne also be stimmt ans umgehende Zusendung der Exemplare — möglichst gebundener! -zumal ich den Verfasser persönlich sehr gut kenne«. Weder im »Kürschner«, in »Wer ist's?«, noch in den Mitglie derlisten der Schriftsteller-Verbände ist der Name verzeichnet. Eine Anfrage bei der Zeitung bzw. Zeitschrift bringt die Auf klärung, daß der Rezensent kein Mitarbeiter, eine solche bei dem Antor, daß er diesem unbekannt ist. Die andere Art setzt sich aus Redakteuren zusammen, die führenden Blättern Besprechungen über bestimmte Werke entneh men, diese zusammenstreichcn und dann so in ihren Organen er scheinen lassen. Die Belege werden dem Verleger mit der Bitte um Überlassung von Rezensions-Exemplaren iiberschickt. »Zwecks Ab fassung der Referate wurden die Bücher einer Privatbibliothek ent liehen.« Erfolgt die Lieferung der Werke nicht, so erfolgt eine etwas prätentiös gehaltene Mahnung. ». . . Wir haben die Bücher Ihres Verlages unseren Lesern eingehend empfohlen, demnach ist es Ihre Pflicht, uns Rezensionsexemplare zu übersenden. Zu adressieren an den Redakteur . . . .« Wäre ein Zusammenschluß aller mit der Versendung der Be sprechungsexemplare betrauten Herren nicht wünschenswert? Würde ein Meinungsaustausch, Kennzeichnung der »Bücher ratten« usw. in »Mitteilungen über das Nezensionswesen« nicht so manchem Unfnge auf diesem Gebiete steuern? Über Gründung, Herausgabe, Sitz, Verwaltung, Vertrieb dieser »Mitteilungen« und einer event. Zeitungs- bzw. Zeitschriften-Liste in der Art der Verlcgerliste müßte dann noch eingehend beraten werden. Frankfurt a. M. Hermann Vogel i. H.: Nütten L Loening. Zu der unter vorstehendem Kennwort in Nr. 249 des Börsen blattes erschienenen Sprechsaal-Notiz möchte ich bemerken, daß es in derartigen Fällen (wie der Einsender ganz richtig sagt) jedenfalls am besten ist, dem betr. Bittsteller zu schreiben, er möge sein Gesuch durch seinen Verlag oder seine Redaktion wiederholen lassen. Aber auch bei der Erledigung jener Bestellungen, die von der Re daktion eines Blattes ausgehen, sollten die Herren Verleger etwas vorsichtiger sein. Erfahrungsgemäß wird zwar alles Mögliche und Unmögliche bestellt — aber nur selten besprochen. Wenn wenigstens der zumeist mitgesandte Waschzettel verwendet würde, dann möchte es ja immer noch gehen, aber in vielen, vielen Fällen gerät auch dieser in den Papierkorb, und dann ist's mit der Besprechung vorbei. Den einzig richtigen Weg hat m. E. ein Berliner Verlag eingeschlagen, der auf Ersuchen um Überlassung eines Besprechungs- eremplares antwortet: »Das Exemplar steht Ihnen gegen Berech nung mit 50A Rabatt zur Verfügung. Liefern Sie innerhalb der und der Zeit eine eigene Besprechung, dann zahle ich Ihnen gegen Einsendung eines Beleg-Exemplars den Betrag sofort zurück.« Sehr einfach und sehr richtig! Kommt keine Besprechung, dann schadet es schließlich auch nichts, der Verleger hat wenigstens nichts eingebüßt, sondern er hat ein Buch verkauft. Auch bei der Versendung der Lieferungswerke könnte mancher Verleger viel ersparen. Da steht die Zeitung xz? ? als Empfängerin einer großen Monats-Revue eingetragen. Jahraus, jahrein wird das Freiexemplar geliefert, aber da der Verlag nicht kontrolliert oder reklamiert, so unterbleiben alle Besprechungen und Notizen voll ständig. In solchen Fällen ist aber nach meinem Dafürhalten der Verleger selbst daran schuld, denn etwas mehr Aufmerksamkeit seinerseits bzw. eine schärfere Kontrolle durch den betreffenden Expedienten könnte dem Verlag manches Markstück ersparen. Vielleicht gibt diese Anregung diesem und jenem Verlag Veran lassung, seine Listen einmal zu kontrollieren. ^rsu8. Einen anderen Weg, sich vor Verlusten von Rezensionsexem plaren zu schlitzen, schlägt der Deutsche V e r l e g e r v e r e i n seinen Mitgliedern vor. »Von einem Mitglieds«, heißt cs in der letzten Nummer seiner Mitteilungen, »ist uns zum Thema der Rezensionsexemplare der Brief einer Redaktion zur Verfügung gestellt worden, der eine Neuigkeit enthält insofern, als diese ein Rezensionsexemplar mit den Worten verlangt: .Das Werk bleibt bis zum Eingang des Beleg-Exemplars Ihr Eigentum!' Der Vorstand hat sich mit der Frage beschäftigt, ob der Gedanke von Verlcgerseite ansgenntzt werden kann, und ist zu dem Entschluß gekommen, den Mitgliedern anheimzugeben, bei der Versendung von Rezensionsexemplaren sich das Eigentumsrecht vorznbehalten. Aus diesem Grunde sind Zettel mit folgendem Wortlaut herge stellt worden, die den Mitgliedern unentgeltlich zur Verfügung stehen und durch die Geschäftsstelle zu beziehen sind: .Entsprechend einer Aufforderung desDeut - schen V e r l e g e r v e r e i n s behalte ich mir das Eigentum an beifolgendem Werke bis zum Ein gang des Nezensionsbclegs vo r.'« Beide Vorschläge können u. E. nur auf Gesuche unbekannter Kritiker bzw. solcher Personen Anwendung finden, die eine Sicher heit hinsichtlich ihrer Beziehungen zur Presse nicht zu geben ver mögen. Denn einem Kritiker von Einfluß wird man ein Rezensions exemplar weder gegen Berechnung, noch mit einem Eigentnmsvor- behalt liefern können. Nichts ist gefährlicher, als hier zu schemati sieren, und so notwendig ein Schutz gegenüber notorischen Büchcr- mardern in der Maske von Rezensenten ist, so notwendig ist es andererseits, den besonderen Verhältnissen der Presse Rechnung zu tragen. Diese Verhältnisse aber sind derart, daß der Verleger nicht jedem Rezensionsexemplare nachjagen darf, sondern die Ge» samtbeziehungen zu einem Kritiker bzw. einer Zeitung und deren Stellung zu seinem Verlage, nicht zu dem einzelnen Buche berücksichtigen muß, um die Frage richtig beantworten zu können, ob er an der Fortdauer und Pflege dieser Beziehungen ein Inter esse haben kann. Er wird daher immer nur dann ein richtiges Urteil gewinnen können, wenn er jeder Zeitung bzw. jedem Kritiker ein Konto einrichtet, aus dem diese Beziehungen in Form von Leistung und Gegenleistung klar ersichtlich sind. Denn auch nicht jede Besprechung kann als Gewinn verbucht werden, besonders dann nicht, wenn sie in einer Zeitung 6. oder 7. Ranges erscheint oder sonst nicht im Verhältnis zu dem Werte des Buches steht. Bei unbekannten Personen lohnt es sich wohl, um Angabe von Referenzen zu er suchen, und die Übersendung von den eingezogenen Erkundigungen abhängig zu machen, wie das jeder Kaufmann tut, der nicht weiß, ob er einem neuen »Kunden« Vertrauen schenken darf oder nicht. Wenn erst der Verlagsbnchhandel selbst dieser Frage ein grö ßeres Interesse schenkt - und sie ist wichtig genug, um die auf merksamste Beachtung zu verdienen, da es fast immer dieselben Per sonen und Zeitungen sind, mit denen der Verlag im guten wie im bösen zu tun hat —, so wird auch ein größeres Verantwortlichkeits- gefühl bei diesen selbst gegenüber den Einsendungen der Verleger geweckt. Durch Austausch von Erfahrungen bzw. Bekanntgabe noto rischer Bücherschnorrer könnte mit Leichtigkeit ein Material zusam mengetragen werden, dessen Veröffentlichung an dieser Stelle oder in den Mitteilungen des Deutschen Verlegervereins eine lohnende Praxis aller Schnorrer auf diesem Gebiete verhindern würde. Vor allem aber muß darauf hingewirkt werden, daß in der Presse selbst die Erkenntnis immer mehr Platz greift, daß eine Zei tung, die auf Beachtung Anspruch erhebt, sich unbedingt mit den Erscheinungen des Büchermarktes beschäftigen m u ß, nicht im Inter esse des Verlags, sondern in dem des Publikums. Denn wenn man von ihr auch nicht verlangen kann, daß sie von jedem Buche Notiz nimmt, so haben ihre Leser doch ein Recht darauf, ans dem Gebiete des Büchermarkts über alle wichtigeren Erscheinungen von all gemeinem Interesse ebenso orientiert zu werden wie über andere öffentliche Angelegenheiten. Buchhandel und Börsenverein wenden jetzt der Presse weit größere Aufmerksamkeit zu, als das früher der Fall war, und es ist nur gerecht und billig, daß sich auch die Presse mehr als bisher um den Büchermarkt kümmert und ihm eine seiner Bedeutung für unser öffentliches Leben angemessene Stellung ein räumt, ohne in jedem Einzelfalle sich erst mit der »Abteilung für Inserate« in Verbindung zu setzen. Red.