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15862 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 299, 27. Dezember 1910. (Dr. Ltresemann) Alkoholgenuß, die Unterrichtung der Eisenbahnbeamten, wie sie sich durch Enthaltung von Alkohol im Dienst frisch erhalten, die Zurückführung der Großstadt zur Natur, die Aufklärung, was Luft und Licht für uns bedeutet, alle diese durchaus gesunden Ideen sind zuerst durch die Naturheilvereine in die Bevölkerung hinein- getragen. Die Vorlage gibt der Regierung die Möglichteit, auch gegen diese Vereine vorzugehen; dann könnten z. B. Sonnen bäder und Luftbäder nicht mehr errichtet werden. Die große Auflage der Bücher über Hygiene ist kein Anlaß, gegen die Bücher vorzugehen, sondern sie beweist nur das Bedürfnis der Bevöl kerung, über die körperliche Behandlung aufgeklärt zu werden. Ich kann das Gesetz in der rigorosen Form nicht akzeptieren, ich will nur den Schwindel mit Geheimmitteln treffen, aber nicht die ehrliche Naturheilkunde. Abgeordneter vr. Fatzbender (Zentr.) behält sich vor, in der Kommission auf das gegen seine gestrigen Ausführungen Ein gewendete zurückzukommen. Abgeordneter vr. Arning (Nl.) erklärt, daß die von dem Ab geordneten vr. Stresemann vertretene Auffassung über die Natur und Bedeutung der Naturheilvereine von ihm absolut nicht ge billigt werden könne, und verweist auf die Äußerung eines Führers dieser Bewegung, wonach auch die Seuchengesetze und ähnliche gesetzgeberische Maßnahmen keine Berechtigung hätten und nicht eingeführt werden sollten. Der ganze Gang der Verhandlungen dränge ihm die Meinung auf, daß er lieber Kurpfuscher als Arzt sein möchte, denn die Kurpfuscher seien viel besser behandelt worden als die Ärzte. Damit schließt die Generaldiskussion. Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern. (Die Namen der Mitglieder der Kommission sind im Börsenblatt Nr. 290 angegeben.) Kleine Mitteilungen. Nordische WeihinachtSkataloge. — Von nordischen Weih nachtskatalogen liegen vor: Edlundska Bokhandelns Julkatalog 1910 (Helsingfors). Ein systematisches Verzeichnis (67 S. schmal-Z") über Bücher, dis ßch als Festgeschenke eignen, in 14 Gruppen geteilt (voran natür lich schöne Literatur), mit allerdings stark abgekürzten Verlags angaben und Preisen in sinn. Mark. Der Katalog (es dürfte wohl der vom finnischen Buchhändlerblatt für den Sortimentsbuchhandel herausgegebene sein) umfaßt überwiegend schwedischsprachige Bücher (keine auf Finnisch); in Abteilung 14 auf 3 Seiten eine (ebenfalls in Stoffgruppen geordnete) Auswahl dänischer und norwegischer Literatur; in Abteilung 12 die zahlreichen schwedischen Weihnachtshefte (samt Kalendern), in Abteilung 13 Zeitschriften a) in schwedischer, d) in fremden Sprachen, mit Vermerken über Beginn des Jahrgangs, Erscheinungsweise und Preise in finnischer Münze. Den Umschlag ziert ein großer, sehr kräftig stilisierter Eulenkopf mit brennend rot und schwarzen Augenringen. Ein stattlicher dänischer Weihnachtskatalog von 64 Seiten ist Nr. 3 der »Neääelelsor kra Lo§mai deckst« (heraus gegeben von der Sortimentsfirma Otto Grön, Kopenhagen O.), deren Einrichtung und Bedeutung als Vertriebsmittel für das Sortiment hier schon (in Nr. 269 vom 29. November d. I.) be sprochen wurde. Zwei Seiten sind als vorgedruckter Bestell zettel auf Weihnachtshefte und Kalender, auch ausländische, auf dänische Haushaltungsbücher und Nachschlagewerke, die man um die Jahreswende anschafft, eingerichtet; auch ein »Wunschzettel« zum Ausfüllen fehlt nicht. Der schwedische Verlag Albert Bonnier in Stockholm gibt seinem Weihnachtskatalag (32 S. gr. 8°.) diesmal den Titel: »l?ortattarna da Oräst« (Die Verfasser haben das Wort), indem nämlich die meistsn seiner belletristischen Autoren (in alphabetischer Folge) eine Selbstanzeige ihrer neuen Bücher darin gegeben haben, mit Porträt und Unterschrift in Faksimile. Die letzte Umschlagseite kann als Bestellzettel ausgefüllt dem Sortiment eingesandt werden. Sehr elegant erscheint der fein ausgestattete, reich illustrierte, auch mit einigen Proben aus neuen Gedichtbänden versehene »Julekatalog« des Verlags d^Ickenäalsks Lo^üanäsl Noräi8L I'oilaA in Kopenhagen (und Christiania) mit sehr flottem Umschlagbild von vorzüglicher Farbenwirkung (zwei Bürschchen mit Schlittschuh und Schlitten auf einem Schneehügel). (48 S. gr. 8°.) Bei dem vielseitigen, typographisch mannigfaltig angeordneten Inhalt sähe man gern ein Register oder wenigstens eine Inhalts- Übersicht. 6. * Zeiiungsbuchhandel. (Vgl. Nr. 292, 297 d. Bl.) —Bon Zeitungen, die ihren Abonnenten Bücher als Weihnachtsprämien anbieten, ist weiter nachzutragen: Braunschweig: Braunschweigische Landeszeitung. * Post. Nachnahmeadressen und -Karten. — Die von der Neichspost unlängst eingeführten braunen Formulare zu Nachnahmepaketadressen und Nachnahmekarten mit an- hängender Postanweisung oder Zahlkarte werden fortan im Interesse der Geschäftswelt so hergestellt werden, daß beim Aus einanderfalten die Nachnahmepaketadresse oder Nachnahmekarte sich in einer Fläche mit der Aufschriftseite der Postanweisung oder Zahlkarte befindet. Auf diese Weise spart man künftig beim Ausfüllen der Formulare das Umwenden. * Post. Telegraphische Postanweisungen nach Amerika. — Vom 1. Januar 1911 ab sind zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika nebst Canada tele graphische Postanweisungen zulässig. Meistbetrag 200Dollars. Außer der Gebühr für das Telegramm wird eine Postanweisungs gebühr von 20 H für je 20 erhoben. Die Uberweisungs telegramme nehmen ihren Weg ausschließlich über Emden. Internationale Postwertzeichen-Ausstellung Wien 1911. — Unter dem Schutz des Handelsministers und dem Ehrenvorsitz des Generaldirektors für Post- und Telegraphen-Angelegenheiten findet Anfang September 1911 in Wien eine Internationale Postwertzeichen-Ausstellung statt, zu der umfangreiche Vorarbeiten im Gange sind. Ein besonderes Zugstück der Ausstellung, für das bereits zahlreiche Anmeldungen des In- und Auslandes vor liegen, wird die Abteilung für Jugendsammlungen bilden, die zum erstenmal in Wien seit der Veranstaltung solcher Aus stellungen zur Preis-verteilung zugelassen werden. (Papier-Zeitung.) ' Königliches Kupferstich-Kabinett in Berlin. - Im Kupferstichkabinett der Königlichen Museen in Berlin ist an Stelle der Klingerausstellung in der Abteilung für neuere Kunst eine Ausstellung von Städtebildern von Meistern des 19. Jahr hunderts getreten. Was lesen Industriearbeiter? — Während der aka demischen Herbstferien fanden in Essen Arbeiterunterrichtskurse statt, die von Studenten abgehalten wurden. Die Zahl der Teilnehmer schwankte zwischen 290 und 360. Um den Bildungsstand dieser Arbeiter zu ermitteln, ließ der Leiter der Kurse sie Frage bogen ausfüllen, die von 291 Teilnehmern beantwortet wurden. So wurden sie z. B. gefragt, welche Theaterstücke sie gesehen und welche am meisten Eindruck auf sis gemacht haben. Auf die Frage, betreffend ihre Lektüre, wurden sehr interessante Antworten erteilt, deren Ergebnisse verzeichnet seien: Noch nichts von Dichtern gelesen hatten 127 -- 44,32 Prozent. Die andern gaben als gelesen an: Werke von Schiller 116 mal, Goethe 42, Heine 36, Freiligrath 23, Reuter 10, Körner 6, Ibsen 6, Fr. W. Weber 5, Lessing, Bürger, Lenan, Hauff, Rosegger Liliencron, Wallace je 3, Homer, Eichendorff, Chamisso, Busch, Wibbelt je 2; Martial, Vergil, Cervantes, Kortum, Zola, Tolstoi, Gorki, Dickens, Walter Scott, Lesage, Dante, Byron, Shakespeare, Sienkiewicz, Rückert, Hölty, Jmmermann, Mörike, Annette von Droste-Hülshoff, Kleist, Freytag, Raabe, Frenssen, Dahn, Ebner-Eschenbach, Otto Ernst, Clara Viebig, Wildenbruch, Sudermann, Paul Keller je 1 mal. Als Lieblingsdichtsr werden angegeben: Schiller 58, Heine 18, Goethe 16, Freiligrath 11, Körner 3, Eichendorff 2, Reuter 2, Ibsen 2, Fr. Wilh. Weber 2, Bürger, Dickens, Busch, Paul Keller je 1 mal. Die Frage: Für welche Wissensgebiete haben Sie am meisten Interesse? beantworteten 44 mit Naturwissenschaften.