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Nichtamtlicher Theil Alters-Pensionscafse für Buchhändler. X.*) Im Lause des nun bald verflossenen Jahres ist von zwei Seiten her die Begründung zweier Vereine angestrebt worden, welche nahe denselben Zweck, nämlich die Sicherstellung der Buchhandlungs- Gehilfen im Falle der Arbeitsunfähigkeit, der Krankheit, der unver schuldeten Noth und die Unterstützung der Hinterlassenen im Falle des Todes verfolgen. Der schon seit einigen Jahren bestehende und über ganz Deutschland verbreitete Gehilsenverband hatte bisher außer allge meinen gesellschaftlichen Zwecken, sich die Unterstützung während der Krankheit zur Aufgabe gestellt. Derselbe hat nun seine Statuten gänzlich umgearbeitet und beabsichtigt, eine Jnvalidenpensionscasse als eine neue Abzweigung des allgemeinen Vereins ins Leben zu rufen, falls er bei den Gehilfen durch zahlreiche Betheiligung, bei den Prinzipalen dagegen durch einmalige oder laufende Zuschüsse, wie bisher, die nöthige Unterstützung findet. Der schon seit 40 Jahren thätige, aber nur auf Leipzig be schränkte Gehilfenverein, dessen Zweck außer geselliger, geistiger und sittlicher Fortbildung seiner Mitglieder, die Unterstützung hilfs bedürftiger, z. B. kranker College«, sowie deren Wittwen und Waisen ist, hat gleichfalls seine Statuten umgearbeitet, ohne in dessen seine bisherige Thätigkeit für die nächste Zeit wesentlich um zugestalten. Dagegen stellt er auch die Begründung einer Pensions- casse in Aussicht, unterläßt aber für jetzt, als eine Sache der Zukunft, statutarische Bedingungen darüber niederzusetzen. Aus einem vom Gehilfenverein erlassenen Circular erkennt man jedoch, daß die Pensionscafse weniger als selbständiges Institut, als viel mehr dadurch ins Leben treten soll, daß man sich später der allge meinen kaufmännischen Pensionscafse, die aber unsres Wissens noch weit vom Ziele entsernt ist, anschließen will. Wahrscheinlich hat man den Gedanken, den Anschluß in Form einer Rückversicherung zu bewerkstelligen. Auch diese, vom Gehilfenverein ausgehenden Bestrebungen appelliren zur besseren Erreichung ihres Zweckes an die Hochherzigkeit der Prinzipale, die sich wohl auch bereits in an- erkennenswerther Weise bethätigt hat. Wird man auch gern zugestehen, daß beide Vereine recht wohl neben einander bestehen können, ohne sich zu befehden, ja daß ihre Thätigkeit nach gewissen Seiten hin eine ergänzende ist, so ist diese Spaltung doch immerhin als eine Zersplitterung der Kräfte zu be dauern, namentlich in einer jedenfalls sehr wichtigen Beziehung. Beide Vereine können ohne Unterstützung der Prinzipale nicht be stehen, wenigstens wenn man solche Unterstützungen gewähren will, die die nothleidenden Gehilfen und deren Angehörige in eine mög lichst sorgenfreie Lage versetzen, wenn man vermeiden will, daß der Betreffende aus der ihm gewährten Unterstützung sich nicht sättigen, aber auch dabei nicht zu Grunde gehen kann. Sollte es denn nicht möglich gewesen sein, einen Weg aufzufinden, aus welchem beide, gleich edle Zwecke verfolgende Vereine sich die Hand reichen und gemeinsam wirken könnten? Wie nun aber einmal die Sachen liegen, tritt die Frage an die Prinzipale heran, sich zu entscheiden, welchem der beiden Vereine sie ausschließlich oder doch im bevorzugten Grade ihre milde Hand öffnen sollen. Die Güte des zu verfolgenden Zweckes ist cs nicht, die hier entscheiden kann, denn diese steht beiden Vereinen in gleicher Weise zur Seite. Man kann nur fragen: welcher der beiden Vereine bekämpft die Noth nachhaltiger und braucht infolge dessen auch größere Mittel? Die Unterstützung bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit durch Erkrankung haben beide Vereine ins Auge gefaßt, die Unter stützung dagegen bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit durch Ge währung einer lebenslänglichen Pension hat nur der Gehilfenver band sich zum Ziele gesetzt und dies durch ein vollständiges Statut in klarer und bündiger Weise ausgesprochen, während der Gehilfen verein die Gewährung von Juvalidenpensioncn nur in Aussicht nimmt und auf eine möglicherweise noch ferne Zukunft verschiebt. Lassen sich Krankenunterstützungen schon bei kleineren Mitteln in genügender Weise gewähren, so ist dies bei Jnvalidenpensionen keineswegs der Fall. Die Verpflichtung, Jemandem eine lebens längliche, bisweilen auch schon in jüngeren Jahren anfangende Leibrente zu zahlen, hat einen viel höheren Werth, als diejenige für Zahlung eines, in den meisten Fällen nur kurze Zeit andauernden Krankengeldes. Man wird auch nicht leugnen wollen, daß die Ver sorgung der durch Alter oder Unglück dauernd invalid Gewordenen eine höher stehende Pflicht ist, als die Versorgung der Kranken. Solche Betrachtungen möchten vielleicht die Prinzipale veranlassen, dem Gehilfenverband wenn auch nicht allein, so doch in aus giebigerer Weise ihre wohlthuende Hand zu öffnen, als dem Gehilfenvereine. Hierzu kommt noch, daß die Pensionscafse des Gehilfenvcr- bandes über ganz Deutschland sich ausdehnen, die des Gehilfenver eins, wenn sie je noch in der im Circular angedeuteten Weise zur Ausführung gelangt, nur auf Leipziger Gehilfen sich beschränken soll. Mag auch im letzteren Falle der jedenfalls lobenswerthe Ge danke zu Grunde liegen, daß es besser ist, Wenigen etwas Aus reichendes zu gewähren, als Vielen etwas Unzureichendes, so ist doch andererseits nicht zu leugnen, daß der nicht selten veränderliche Wohnsitz eines Gehilfen diese schöne Idee namentlich in unserer, nach Jnternationalität oder doch Allgemeinheit strebenden Zeit in bedenklicher Weise gefährdet. Und auch die Art und Weise, wie der Gehilfenverein die Jn- validenpension später einmal in Ausführung bringen will, dürfte kaum allseitigen Beifall finden. Soweit man dies aus dem oben erwähnten Circular ersehen kann, will der Gehilfenverein entweder alle oder einige seiner Mitglieder in der noch zu begründenden all gemeinen kausmännischen Pensionscafse rückversichern, beziehentlich einkaufen. Zunächst hat man gute Gründe anzunehmen, daß dies die einstigen Statuten dieses noch zu gründenden Vereins verbieten werden. Denn auch dieser Verein gründet seine Lebensfähigkeit zum großen Theile mit auf Zuschüsse der Prinzipale und wird infolge dessen Personen eines fremden Standes, dessen Prinzipale nichts beitragen, nicht zulassen. Aber selbst wenn dies zulässig sein sollte, so könnte es doch nur unter der Bedingung geschehen, daß solche Personen eines fremden Standes keinen Mitgenuß der Schenkungen hätten, die die kaufmännischen Prinzipale ihrem Pensionsverein zu gewendet haben und noch zuwenden werden. Dann wäre aber sür den Gehilfenverein kein Vortheil vorhanden, seine Mitglieder bei dem kaufmännischen Pcnsionsvercin einzukausen. Ganz anders würde die Sache sein, wenn zwischen den Ge hilfen der Kaufleute und der Buchhändler eine Einigung zur Be gründung eines allgemeinen Pensionsvereincs stattgesunden hätte, wie es anfänglich in Absicht war, wobei die Prinzipale sowohl der Kaufleute als auch der Buchhändler zur Gewährung gewisser Zu schüsse sich verpflichtet hätten. Die Begründung eines solchen allgemeinen Pensionsvereines ist aber nicht zur Ausführung gekommen, theils weil die Buchhand lungs-Gehilfen als der weniger zahlreiche Theil schneller zu einer Vereinigung kamen, theils wohl auch, weil man von Seiten der *) IX. S. Nr. 184.