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6642 Börsenblatt f. d. Dtschn. Vuchbandcl. Nichtamtlicher Teil. ^ 125, 1. Juni 1911. Nach Erledigung verschiedener geschäftlicher Punkte konnte die Hauptversammlung in der Hoffnung geschloffen werden, daß sie für den evangelischen Buchhandel eine Förderung bedeute. Nechtsgutachten der Rechtsauskunftsstelle des Deutschen Verleger vereins erstattet von Herrn Justizrat vr. R. An schütz-Leipzig. Fragen: 1. Nach dem mitfolgenden Zeitungsausschnitt soll ein vr. tvcbll. X. ein Buch in tschechischer Sprache im Berlage von .... in ... . veröffentlicht haben, das ein Plagiat an dem in unserer Sammlung . . . . erschienenen Werke .... ist. Von unserem Werke erschien 190t die erste Auflage in zwei Bänden und I9>0 die zweite Auflage in drei Bänden. In welcher Weise können wir gegen T. bzw. gegen den Ver leger Vorgehen? 2. Der Verlag .... in ... . veröffentlicht eine tschechische Übersetzung des in unserer Sammlung . . . . erschienenen Bandes .... Unsere Originalausgabe erschien in erster Auflage 1901, in zweiter Auflage 1905, und 1909 wurde ein unveränderter Platten druck veranstaltet, allerdings auch mit unveränderter Jahreszahl <1905). Können wir gegen die ohne unfern Willen erfolgte Übersetzung etwas unter nehmen? Gutachten: Nach Artikel IV des Übereinkommens betr. den Schutz der Urheberrechte zwischen dem Deutschen Reich und Öfterreich- Ungarn vom 30. Dezember 1899 dauert hinsichtlich der Sprachen, in denen nicht eine rechtmäßige und vollständige Übersetzung herausgegeben worden ist, das ausschließliche Übersetzungsrecht keinesfalls länger als drei Jahre nach Herausgabe des Werkes. Bezüglich der Sprachen, in denen eine solche Übersetzung rechtzeitig herausgegeben ist, endigt das Übersetzungsrecht erst fünf Jahre nach dieser Herausgabe. D. h.: Ist in einer Sprache eine rechtmäßige (also er laubte) und vollständige Übersetzung nicht binnen drei Jahren nach Herausgabe des Originalwelkes herausgegeben worden, so endigt für diese Sprache das ausschließliche Über setzungsrecht schon mit Ablauf dieser drei Jahre, und: Ist die Herausgabe der Übersetzung innerhalb dieser drei Jahre erfolgt, so dauert von dieser Herausgabe an das ausschließliche Übersetzungsrecht für die betreffende Sprache noch fünf Jahre lang; im äußersten Falle währt also der Schutz gegen Übersetzung solchensalls acht Jahre. Bei der Berechnung der Fristen schreibt Artikel IV vor: Ist das Kalenderjahr der Herausgabe des Werkes oder der Über setzung nicht mitzuzählen. Es würde demzufolge die Übersetzung an beiden in Frage stehenden Werken in Österreich gestattet sein, sofern nicht eine erlaubte Übersetzung bezüglich des Werkes von.... bis zum Ende des Jahres 1907 und bezüglich des Werkes von .... bis zum Ende des Jahres 1904 erschienen ist. Ob dies der Fall ist oder ob eine solche Übersetzung er schienen ist und demnach der Übersetzungsschutz entsprechend der obigen Ausführungen noch länger dauert, entzieht sich meiner Beurteilung. Wäre Fragestellerin berechtigt, die Übersetzung der in ihrem Verlage erschienenen Werke zu verbieten, läge also auf seiten der beiden Verlagsfirmen strafbarer Nachdruck vor, so könnte erster« — ich nehme an, daß dies wie bei uns in Deutschland ist — entweder beim Bezirksgericht in Prag gegen die betreffenden Verleger im Zivilwege auf Unterlassung klagen oder aber im Wege des Strafverfahrens dieselbe wegen Nachdrucks anzeigen. Leipzig, den 11. Januar 1911. Fragen: 1. Nach dem Verlagsrecht von 1901 steht es dem Versasser frei, 20 Jahre nach Erscheinen der Original- Ausgabe eines Buches dasselbe in eine Ausgabe seiner sämtlichen Werke aufzunehmen. Das Gesetz sagt nichts darüber, ob sich dieses Recht nur auf diejenigen Bücher bezieht, welche nach Erlaß des Gesetzes er scheinen, sondern rückwirkende Krast hat auch auf die jenigen Bücher, welche vor dem Jahr 1901 bereits erschienen waren. Wir bitten daher um Auskunft, wie das Gesetz in dieser Beziehung auszulegen ist. 2. Ferner bitten wir um Auskunft, ob als eine Gesamtausgabe nur eine solche anzusehen ist, welche wirklich alle Werke eines Verfassers enthält, oder ob es dem Verfasser, resp. seinen Rechtsnachfolgern, über lassen ist, unter seinen Werken eine Auswahl für eine Gesamtausgabe zu treffen. 3. Drittens bitten wir um Auskunft, ob eine solche Gesamtausgabe nur zulässig ist, wenn sie im ganzen auf einmal ausgegeben wird, oder ob man sie in ein zelnen Bänden nach und nach erscheinen lassen kann, oder ob man sie schließlich in mehreren Abteilungen aus geben kann, also etwa eine erste Serie, welche die Hälfte des Ganzen enthält, schon jetzt und eine zweite Hälfte etwa in einigen Jahren, sobald auch die jenigen Bände für eine Gesamtausgabe frei wurden, welche im Augenblick noch geschützt sind. Eine solche Teilung in zwei Serien wird in manchen Fällen er wünscht sein, weil andernfalls die erst später frei werdenden Bände als Supplement-Bände einzeln nachgedruckt und nachgeliefert werden müßten, was vielleicht auch wieder seine rechtlichen Bedenken hätte. Gutachten: Zum 1. Absatz: Das Verlagsgesetz hat Geltung erst seit dem 1. Januar 1902. Für Vertragsverhältniffe, die vor diesem Zeitpunkt begründet wurden, bleibt das frühere Recht maßgebend <Z 50 des Gesetzes). In diesem Falle also das im Königreich Württemberg geltende Pnvatrechr. Ob das selbe darüber Bestimmungen enthält, nach denen dem Verfasser in gewissen Fällen die anderweite Vervielfältigung und Verbreitung seines einem Dritten in V rlag gegebenen Werkes trotzdem zusteht, weiß ich nicht. Wenn nicht, so dürfte wohl die Ausnahme einzelner Werke in einer Ausgabe der sämtlichen Werke von der Genehmigung des betr. Ver legers abhängig sein. > Zum 2. Absatz: Die Gesamtausgabe ist eine Ausgabe, in der mehrere, wenn auch nicht notwendig alle Werke des selben Verfassers vereinigt sind. Das Schwergewicht bei einer Gesamtausgabe liegt darin, daß diese Ausgabe die Werke desselben Verfassers enthält, nicht daß sie alle Werke desselben umfaßt. <ek. Allfeld, Komm, zu H 2 des Verlags rechts.) Zum 3. Absatz: Ich wüßte nichts, was dem cntgegen- stünde, daß eine Gesamtausgabe nach und nach erschiene, Eine solche Art des Erscheinens kommt doch sehr häufig vor, Leipzig, den 18. Januar 1911.