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3028 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. .V 65, 20. März 1913. ZV. Dezember 1898 betreffend einige Änderungen des Postgesetzes und wird hiewegen zur Geldstrafe von zehn Mark, umgeivandelt im Uneinbringlichkeitssalle in eine Haftstrase von einem Tage, sowie zur Kostentragung verurteilt. Gründe: Der Angeklagte ist Mitinhaber und Prokurist der Firma Verlagsbuchhandlung in München. Diese Firma gibt eine Reihe von Zeitschriften heraus, die sie zum Teil den Abonnenten unter Kreuz band zustellen lässt. Wie auch andere Firme» dieser Art, sammelt die Firma Prospekte und Drucksachen anderer Firmen, die sic gegen Vergütung ihren Zeitschriften beilegt und bei Versendung der selben so an die Abonnenten weitergibt. Unter andere» erscheint bei Firma auch die »Zeitschrift «. An, 25. November 1912 gab nun der Angeklagte als verant wortlicher Teilhaber der Firma bet dem Postamt München 32 diese Zeitschrift in etwa 5—800 Kreuzbandsendungen, die mit der Aufschrift bestimmter Empsänger versehen waren, aus. Diesen Krcnzbandsen- dungen war, einer ständigen Übung der Firma folgend, je ein Prospekt der Firma in Bcrlin-Charlottenburg beigegeben. Dem Angeklagten wirb nun zur Last gelegt, daß er sich hierdurch gegen die Vorschriften des Art. III, Abs. I des Reichsgcsetzes vom 20. Dezember 1899 betreffend einige Änderungen des Postgesetzes ver fehlt habe. Dieser Artikel bestimmt nämlich, das; Anstalten zur ge werbsmäßigen Einsammluug, Besörderung oder Verteilung von unver schlossenen Briefen, Karten, Drucksachen und Warenproben, die mit der Aufschrift bestimmter Empfänger versehen sind, vom l. April 1900 ab nicht mehr betrieben werden dürfen. Der Angeklagte gibt den Sachverhalt, wie eingangs sestgestellt, zu, bestreitet aber, daß er sich durch die Beilage des Prospektes der Firma In der Zeitschrift gegen die bezeichnete Gesetzesbestim mung verfehlt habe. Die Beilage derartiger Prospekte sei im Buch handel überall gebräuchlich und seien derartige Prospekte lediglich als lose Inserate zu erachten, die mit dem Einlegen in die betreffende Zeitschrift Bestandteile der Zeitschrift seien und keine andere Bedeu tung zu beanspruchen hätten, als die in der Zeitschrift selbst enthaltenen Inserate, deren Zweck sie auf weniger kostspieligem Wege zu erreichen suchten. Daß die Prospekte lediglich als Inserate zu erachten seien, ergebe sich schon daraus, daß bei der Firma nur ausschließ lich solche Prospekte angenommen und den Zeitschriften beigelcgt werden, die auf den Inhalt der Zeitschrift Bezug haben. Dieser Etnwand des Beklagten ist jedoch nach Sachlage nicht durch greifend. Die Prospekte können als Inserate der Zeitschrift nicht er achtet werden. Einmal weil die Prospekte der Firma bereits in dem Zustande, in dem sie der Zeitschrift beigelegt sind, zugehen und die Firma nichts weiter zu tun hat, als die Prospekte ihrer Zeitschrift beizulegen und dann mit diesen an die Abonnenten weiterzugeben. Dann aber insbesondere weil die Vergütung, die sllr die Beilage in der Zeit schrift bezahlt wird, in gar keinem Verhältnis steht zu dem Preis eines Inserates von der Größe des Prospektes. Dieser Preis — für 1000 Stück Prospekte werden 10 gezahlt — läßt klar ersehen, daß cs sich hierbei nur um Vergütung für seitens der austraggebenden Firma ein gesparte Schreib- und Portogebiihren handelt. Das Einsammcln und Befördern derartiger Prospekte beziehungs weise die Übernahme solcher von anderen Firmen und Verteilung der selben geschieht fortgesetzt und gegen Vergütung, also gewerbsmäßig. Wenn auch dieser Betrieb bet der Firma nur eine unter geordnete und nebensächliche Rolle spielt, so bildet er doch einen Ge schäftszweig der Firma, der auf Gewinn berechnet ist. Die Firma betreibt sonach gewerbsmäßig bas Einsammeln und Befördern von Drucksachen, und ist die Firma nach Sachlage als eine Anstalt zur gewerbsmäßigen Einsammlung und Beförderung der artiger Drucksachen anznsehen. Soweit sie die ihr von dritter Seite zugeschtckten Prospekte ihren Zeitschristen beilegt und damit versendet, vermittelt sie nur den Übergang des Gewahrsams an diesen Sachen aus der Hand des Dritten in die des Empfängers. Sie dient also dazu, den Betrieb der Neichspost bei der Übermittlung dieser Drucksachen aus der Hand des Absenders in dieselbe des Adressaten auszuschalten. Da mit entzieht sie aber der Post einen Teil des ihr zugehenden Bersand- verkehrs. Für die Beurteilung ist es belanglos, daß die gedruckten Prospekte, die den Zeitschriften beigelegt werben, zur Zeit der Einlieferung bei der Firma noch keine bestimmte Adresse tragen. Die Eigentümer der Pro spekte überlassen die Bestimmung des Empfängers der Firma, wobei jedoch der Kreis der Interessenten im allgemeinen bestimmt ist. Dieser Abmachung entsprechend werden die Prospekte der Zeitschrift beigelegt, die dann von der Firma mit der Adresse versehen und solchergestalt zur Post gegeben wird. Die Aufgabe der Post bildet einen Teil der Besörderungstätigkeit, die der Angeklagte, als verantwortlicher Leiter der Firma, zur Aus führung der ihm übertragenen Versendung der Prospekte übernommen hat. Zu dieser Zeit waren aber die Drucksachen mit der Aufschrift be stimmter Empsänger versehen. Der Angeklagte betreibt sonach eine Anstalt zur Einsammlung und Beförderung von Drucksachen, die mit der Aufschrift bestimmter Em- psüngcr versehen sind, und war deshalb eines Vergehens nach Art. III des Reichsgesetzes vom 20. Dezember 1899 betreffend einige Ände rungen von Bestimmungen über das Postwesen schuldig zu sprechen. Beim Strafausmaß war als strafmildernd zu berücksichtigen, daß im Buchhandel und in Verlagsgeschäften die allgemeine Übung be steht, derartige Drucksachen fremder Firmen den eigenen Drucksachen beizulegen und zu befördern, ferner daß nach Sachlage keine Rede davon fein kann, daß der Angeklagte absichtlich die Post schädigen wollte. Bei diesem Verhältnis erschien eine Geldstrafe von 10 .ck schuld- angemessen. Kleine Mitteilungen. Zum Inserat des Herrn H. Weiter, Paris (vgl. S. 3004). — Die »Antwort« des Herrn Weiter, Paris, auf den Artikel des Börsen blattes in Nr. 37, die er in der vorliegenden Nummer anzeigt, ist inzwischen erschienen und bereits in Nr. 63 dieses Blattes näher beleuchtet worden. Es ist in der Tat von allen möglichen interessanten Dingen in dieser »Antwort« die Rede — nur nicht von der Möglich keit der Durchführung einer internationalen Vereinbarung gegen Schleuderei. Wie wir indessen schon ausführten, kann davon auch keine Rede sein. Projekt einer Landesausstellung der graphischen Künste in Mai land. — In Nr. 53 vom 4. März 1912 teilte Herr G. Oberosler in seinem Bericht: Aus dem italienischen Buchhandel mit, daß man in Mailand mit dem Gedanken umgehe, unter dem Schutze der 8euola ckel I^idro (Buchgewerbeverein) eine Landesausstellung der graphischen Künste abzuhalten. Wie wir einer an uns gerichteten Zuschrift der Ständigen Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie ent nehmen, wird diese Ausstellung nach einer bei der 8euoIa ckel lüdro eingeholten Auskunft nicht stattfinden. Bücherdiebstähle (vgl. hierzu die Anzeige von vr. Werner Kltnk- hardt, Leipzig, in Nr. 251 vom 26. Okt. 1912.) — Der 28jährige Buchhandlungsmarkthelfer Paul Johann Henschel, der bei einer Leipziger Verlagsfirma angestellt war, hatte aus deren Lager für §70 ^ Bücher entwendet und sie an den 50jährigen Buchhändler Robert Seckendorf in Leipzig unterm Preis verkauft. Henschel will in Not gehandelt haben. Er wurde wegen Diebstahls zu zehn Mo naten Gefängnis und zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte für drei Jahre verurteilt. Seckendorf erhielt wegen gewerbsmäßiger Hehlerei ein Jahr drei Monate Zuchthaus und fünf Jahre Ehrenrechtsverlust zuerkannt. Auf Antrag des Staatsanwalts erfolgte die Verhaftung der beiden Angeklagten. Personalnachrichten. Gestorben: nach schwerem Leiden Herr Carl Schräder, Inhaber von Jurany L Hensels Nachfolger in Wiesbaden. Der Verstorbene übernahm am 1. August 1901 die bekannte Buchhandlung Jurany L Hensels Nachfolger, die in diesem Jahre auf ein 70 jähriges Bestehen zurllckblicken kann. Neben seiner geschäft lichen Tätigkeit diente er auch der Allgemeinheit des Buchhandels und war mehrere Jahre Vorstandsmitglied des Wiesbadener Buchhändler vereins, in dem er sich großen Ansehens und allgemeiner Beliebtheit erfreute, so daß sein frühzeitiges Hinschetden allgemein bedauert wird. Friedrich von Thudichum f. — In Bad Wildbad ist der Pro fessor der Rechte in Tübingen Friedrich von Thudichum im 82. Lebens jahre gestorben. Unter seinen rechtshistorischen Veröffentlichungen aus früherer Zeit ist besonders das Buch Uber die »Mark- und Gau- versassung in Deutschland« s18S0> hcrvorzuheben, dem sich eine Schrift über den »Altdeutschen Staat« s1862> mit einer Übersetzung der »Germania« des Tacitus anschloß. Spätere rechtsgeschichtliche Arbeiten betreffen die »Rechtsgefchichte der Wetterau« <1867,85>, »Femgericht und Inquisition« <1889> u. a. Im Sinne der Be strebungen einer Einigung Deutschlands ist sein »Verfassungs recht des Norddeutschen Bundes und des deutschen Zoll vereins« <1889/70> gehalten, in dem er die Ergebnisse der reichen gesetzgeberischen Tätigkeit des Bundes und des Zollparlamcnts im Zusammenhänge darstellte. Unter seinen juristischen Werken sind »Das deutsche Kirchenrecht des 19. Jahrhunderts« <1877/78> und »Die Geschichte des deutschen Privatrechts« <1894> die wichtigsten. der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus, Hospitalstrave. - Adresse der Redaktion. Letpzig-R - Gerichtsweg 11 l.