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Bör^blatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 220. 2i. September 1916. Nochmals der Warenumsatzstempel. (Vgl. Nr. 153, 188, 197, 210-214.» Von vr. Alexander Elster. Je mehr man sich mit dem Warenumsatzstempelgesetz be schäftigt, um so mehr Zweifelfragen tauchen auf. Las hat Wohl auch Herr Kirsten gefunden, der in den zuletzt erschienenen Artikeln eine große Reihe wichtiger Winke und praktischer Rat- schlüge gibt, aber dabei doch gelegentlich auch in Jrrtümer gerät. Auf diese mutz ich noch kurz zurückkommen, zuvor aber leider der Enttäuschung Ausdruck gebe», das; die Ausführungsbestim- mungen unsere Erwartung, das; sie manche Zweifelsragen noch klären würden, nicht erfüllt haben. Die Ausführungsbesti m mungen. Die AuLführungsbestimmungen sind soeben im Zentralblatt für das Deutsche Reich Nr. 40 vom 11. September 1916, Seite 250 und folg, abgedruckt. Sie stellen sich dar als Änderungen der Ansftthrnngsbestimmnngen zum Reichsstcmpelgesctz und beweisen mit dieser Benennung und ihrer parngraphicrtcn Einfügung in die früheren Aussührungsbestimmungen, daß der Waren umsatzstempel Wohl mehr sein soll als ein bloßes Gelegen« heitsgesetz und daß auf eine baldige Wicderabschaffung kaum zu rechnen sein wird. Die Ausführungsbestimmungen beschäfti gen sich mit keiner einzigen materiell-rechtlichen Frage, sondern geben fast nur formale B e st i m m u n g en: über Vor drucke, Stempelzeichen, Formulare und Buchführung der Be hörden, über die Steuerftellen, den Ort der Anmeldung, die Prüfung der Anmeldung, die Anlegung der Steuerrollen, Er hebung der Steuer, Abschlagszahlungen, Schätzungsverfahren, Wechsel in der Versteuerungsart. Wechsel in der Versteuerungsart. Zn der Frage eines Wechsels in der Versteuerungsart, d. h. der Wahl, ob man den Umsatz nach den eingehenden Zahlungen oder nach den ausgehenden Lieferungen anmelden wolle, hat vr. Otto Bielefeld in Nr. 197 des Börsenblatts eine Meinung geäußert, die nicht unwidersprochen bleiben darf. Er be zeichnet die Versteuerungsart nach Lieferungen statt nach Zah lungen (gemäß 8 81 des Gesetzes) als empfehlenswerter für den Buchhandel. Dieser Ansicht bin ich (mit Kirsten) nicht, aber darüber kann man natürlich verschiedener Meinung sein. Wenn aber vr. Bielefeld weiter meint, daß diejenigen Firmen, die die Versteuerungsart nach Lieferungen wählen, in dem letzten Quartal 1916 außerdem die für die vorhergegangcnen Lie ferungen in diesem Quartal erfolgten Zahlungen versteuern müßten, so ist das sicherlich nicht richtig. Wer die in 8 81 gewährte Wuhlbcsugnis benutzt und die Versteuerung der Lieferungen (wie das Gesetz sagt) »an Stelle der in dem Steuerzeitraum er folgten Zahlungen« wählt, ist dann selbstverständlich von der anderen Besteuerungsart befreit. Beide nebeneinander bestehen nicht, was auch ohne Zweifel den Charakter der Doppelbesteuerung haben würde. Will jemand von dieser Be steuerungsart wieder zu der nach den Zahlungen (8 76). über gehen, so hat er dazu die Genehmigung der Direktivbehörde ein zuholen, wofür im 8 64 b der Aussührungsbestimmungen nähere Anweisungen gegeben sind. Dort ist allerdings die weitere Be stimmung getroffen, daß ein Steuerpflichtiger, wenn er dann nochmals wechseln, also wieder von der Besteuerung der Zah lungen zur Besteuerung der Lieferungen übergehen will, alsdann freilich neben der Abgabe von den Lieferungen die Abgabe für diejenigen Zahlungen zu entrichten hat, welche noch für Lieferungen aus demjenigen Steuerzeitraum eingehen, wäh renddessen die Versteuerung nach der Zahlung erfolgte. Diese ausdrückliche Bestimmung der Ausführungsverordnung ist um deswillen berechtigt, weil sonst jeder je nach dem wechsclvollen Ab- und Anstieg der Lieferungen oder der Zahlungen es sich nach Belieben für jeden Steuerzeitraum so einrichten würde, wie er jeweils am billigsten wegkommt. Solchem Pendelspiel, das auch für die Behörde sehr beschwerlich ist, soll natürlich ein Riegel vorgeschoben werden. 1222 Anzeige naufträge.Bllcherverleihung und der gl. In meinem ersten Aufsatz habe ich nicht von den Schwierig keiten gesprochen, die aus dem Gesetz deshalb entstehen, weil es die Leistungen aus Werkverträgen im Gegensatz zu der Lieferung aus Kaufverträgen steuerfrei läßt. Wenigstens habe ich dies nur ganz kurz angedeutet in der Ansicht, daß diese be sonders kritische Seite des Gesetzes den Buchhandel in der Praxis wenig angeht. Aus den Ausführungen Kirstens sehe ich, daß dies doch nicht so selbstverständlich war, wie ich an genommen hatte. Herr Kirsten spricht mehrfach davon, daß auch die Zahlungen für Anzeigen- und Beilagenaufträge, sogar bei der Jnscratenpacht, und ferner auch für die entgeltliche Ent- leihung von Büchern warenumsatzstempelpflichtig seien. Dies ist ein Irrtum. Hier handelt es sich um Werkverträge, Lcihvcrträgc, Mietverträge, also um Rechtsgeschäfte, mit denen der Warenum satzstempel gar nichts zu tun hat. Schon die einfache Über legung sagt uns, daß ja hier gar keine Warenlieferung vorliegt. Derjenige, der eine Anzeige aufnimmt, liefert doch dem Be steller keine Ware. Zum Überfluß aber heißt es im Gesetz aus drücklich: »Als Warenlieferung gilt die entgeltliche Übertra gung beweglicher Sachen auch dann, wenn sie ohne vorgängige Bestellung erfolgt«. Hiernach ist Warenlieferung also nur eine ähnliche Übertragung beweglicher Sachen, und zwar vorwiegend aus Kaufverträgen. Denn es ist weiter gesagt: »Den Warenlieferungen stehen Lieferun gen aus Werkverträgen gleich, wenn der Unternehmer das Werk aus von ihm zu beschaffenden Stoffen herzustellen ver pflichtet ist und es sich dabei nicht nur um Nebensachen oder Zutaten handelt«. Damit taucht das Gesetz in den außerordent- lich schwierigen Unterschied zwischen Werkvertrag und Werklicferungsvertrag hinab; eine Frage, die den Kommentatoren beim 8 851 des BGB. viel Kopfzerbrechen macht und die noch dadurch viel verwickelter wird, daß sie für Kauf leute, deren Verträge nach Handelsrecht zu beurteilen sind, in Beziehung steht zum 8 38l HGB., der der ganzen Sache eine noch wesentlich andere Färbung gibt. Man kann den Ratten könig von Schwierigkeiten, den sich das Warennmsatzslcmpelgcscy hierdurch selber aufbürdct, bedauern und kann froh sein, daß der Buchhandel verhältnismäßig wenig mit dieser Seite der Frage belästigt werden wird; aber man mutz daraus entnehmen, daß alles, was wirklicher Werkvertrag ist, oder besser gesagt, alles was nicht Kaufvertrag oder ausgesprochener Werkliefe rungsvertrag ist, mit dem Warcnumsatzslempcl jedenfalls gar nichts zu tun hat. Die Äußerungen Kirstens sind also dahin zu berichtigen, daß Anzcigenaufträge jeder Art, ebenso wie die entgeltliche Bücherverleihung, bei der von keiner Übertragung im Sinne des Gesetzes die Rede ist, nicht stempelpflichtig sind. Herr Kirsten schränkt ja die Lehre, die er in den ersten Aufsätzen gegeben hat, in Nr. 313 des Bbl. wesentlich ein, indem er sagt, man könne auch anderer Meinung sein. Mit diesem Aus weg ist es hier aber nicht getan - es muß mit aller Klarheit festgehalten werden, daß solche Vorgänge im Geschäftsleben nicht zu den stempelpflichtigen gehören. Bei den dankens werten Buchsührungsdarlcgungen Kirstens sind also auch in die ser Hinsicht berichtigend die Anzeigeneinnahmen u. dgl. zu streichen. Kommissions-Verlag. Auch die Meinung des Herrn Kirsten, daß bei einem Kom missionsverlag nur der Umsatz in der Höhe des Betrages nm- satzstcnerpflichtig sei, den der Kommissionsverleger als Entgelt für den Vertrieb erhält, ist unrichtig. Einmal deshalb, weil auch der Verkauf eines in Kommissionsverlag erscheinenden Werkes zum Umsatz des Geschäfts gehört, und zweitens deshalb, weil, wenn man nur die Vergütung für den Vertrieb für steuerpflichtig halten wollte, man wieder in den Fehler verfiele, nicht eine Wa renlieferung, sondern eine werkvcrtragliche Leistung zu besteuern, was, wie wir sahen, falsch ist. Wollte man übrigens, wie Kirsten es in diesem Falle tut, bei der Feststellung des Umsatzes über haupt aus das Verhältnis des Verlegers zum Verlaggeber blicken, so käme man grundsätzlich in eine Berücksichtigung der Art und