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RedaUlvueUec Teil. ^ 06, 20. März 1010. hat ungeordnet, daß die folgenden Änderungen in den Lehrplänen von 1008 an den höheren Lehranstalten für die weibliche Jugend zu Ostern dieses Jahres in Kraft treten: 1. Um schon die Schülerinnen der unteren Klassen des Lyzeums mit der preußisch-deutschen Geschichte bis zur Gegenwart in ihren Grundzügen bekanntzumachen, sind die für die Klasse VII und VI vor gesehenen Erzählungen und Lebensbilder aus anderen Teilen der Weltgeschichte so zu beschränken, daß die Geschichte des Vaterlandes und der engern Heimat zu ihrem vollen Rechte kommt. Insbesondere sind die Zeiten des Großen Kurfürsten, Friedrichs des Großen, der Freiheitskriege, Wilhelms I. und Wilhelms II. ausführlich zu be handeln. Die Sagenwelt und die Vorgeschichte der Griechen und Rö mer können, soweit sie nicht in der deutschen Stunde als Lesestoff er ledigt worden sind, in der V. Klasse als Einleitung zur alten Geschichte kurz behandelt werden. 2. In Klasse II des Lyzeums ist die Geschichte des 19. Jahr hunderts nur bis zum Jahre 1871 zu führen, einem Grenzpunkt, der auch für die Belehrungen über die staatlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie das Geistesleben der Zeit gilt. In Klasse I ist dann nach einer Wiederholung der Ereignisse seit 1871 die Geschichte auf allen Gebieten bis in die Gegenwart zu führen; diese Aufgabe weicht insofern im Wesen nicht ab von der bisher für diese Klassen gestellten Aufgabe, als die neuesten Ereignisse ihre Ursachen zum Teil in weit zurückliegenden Zeiten haben und zum vollen Verständnis daher die Fäden zurückverfolgt werden müssen. 3. In entsprechender Weise hat die I. Klasse der Studienanstalten einen Teil der Aufgaben der II. Klasse zu übernehmen. Im übrigen finden die allgemeinen Bestimmungen des Ministerial erlasses vom 2. September 1915, soweit sie die Behandlung des Stoffes und die Einschränkung weniger wichtiger Gebiete zugunsten der für unser Vaterland besonders wichtigen Zeitabschnitte betreffen, auch auf die höheren Anstalten für die weibliche Jugend Anwendung. Die in diesem Erlaß gegebenen Bestimmungen für die mündlichen Reife prüfungen gelten auch für die Studienanstalten. Zum 1. Oktober 1918 ist von den Direktoren an die Provinzial-Schulkollegien in derselben Weise zu berichten, wie es den höheren Anstalten für die männliche Jugend vorgeschrieben worden ist. Durch diesen Erlaß des Unterrichtsministers tritt eine Neuordnung des GeschichtSnnterrichtS in Kraft, wodurch dieser mit den Zeitereig nissen der Gegenwart nnd insbesondere mit der Geschichte des deutschen Volkes erfreulicherweise in engeren Zusammenhang gebracht wird. Eine Kochbüchersammluug i» der Berliner König!. Bibliothek. — Die Königliche Bibliothek in Berlin ist durch das Vermächtnis des ver storbenen Or. Georg August Freund in den Besitz einer eigen artigen Sammlung von Kochbüchern und diätetischen Schriften ge kommen, die auch auf benachbarte Gebiete, wie HauS- nnd Garten wirtschaft usw., übergrcift. Sie umfaßt über 3000 Bände in verschie denen Sprachen, darunter 98 vorzugsweise deutsche Handschriften, vom 16. Jahrhundert an. Freund, der auch der Berliner Stadtbibliothek eine Schenkung von 10 000 Bänden machte, hatte zunächst selbst be gonnen, ans diesem Gebiete zu sammeln; später erwarb er als Ganzes die Kochbllchersammlung von Theodor Drexel in Frankfurt a. M. Sie enthielt unter ihren nahezu 1300 Nummern große Seltenheiten. Der Zusatz an Inkunabeln der Königl. Bibliothek ans dem Freundschen Vermächtnis tritt gegen das 16. und 17. Jahrhundert zurück. Aus letzterem sei der Elzeviersche »Pastissier franyais« aufgeführt. Eine besondere Merkwürdigkeit bilden mehrere mächtige Albums mit einer großen Sammlung von Speisefolgen, u. a. vom Berliner Hofe, da runter historisch und künstlerisch interessante Stücke von Hoffestcn, Für stenbesuchen und anderen besonderen Gelegenheiten. Vorlesungen für Kriegsteilnehmer. — In der theologischen Fakul tät der Universität Erla n g e n sind für das bevorstehende Sommcr- semester eine Reihe von Vorlesungen in Aussicht genommen. Prof. Or. K. Müller kündigt an: »Die Grundzüge des christlichen Glaubens dargestellt nnd erwiesen«, soivie »Übungen in neutestamentlicher Bibel- kunde«, Prof. Or. H. Jordan: »Geschichtliche Entwicklung und Be deutung des Christentums von den Tagen Jesu bis zur Gegenwart«, Geh. Rat Prof. Or. von Zahn wird eine Vorlesung »Anleitung zum philologischen Verständnis ansgewählter Abschnitte des Neuen Testa ments« halten. Ferner werden lesen: Prof. Or. Bachmann »Christen tum nnd Religion«, Prof. Or. G. Wohlenberg »Gang durch sämtliche Bücher des Neuen Testaments«, Prof. Or. N. Grützmacher »Einfüh rung in Leben und Arbeit der Universität« und »Repetitorium der Ethik«, und Prof. Or. H. Prenß »Kirchengeschichte 2. Teil (Mittel- alter)« und »Einführung in das theologische Studium«. Eine neue chinesische Schrift. — Eine Reform der bekanntlich äußerst schwierigen chinesischen Schrift, mit der sich bereits Gelehrte der Ta-Tsing-Dynastie jahrelang beschäftigt haben, ist jetzt vom Unter richtsministerium in Peking wieder ausgenommen worden. Die neue Schrift, die zur Einführung kommen soll, besteht ans 39 Zeichen, durch dereu Zusammensetzung einzelne Wörter, ähnlich dem System der europäischen Schrift, gebildet werden. Zur Verbreitung der neuen Schrift, die aber in China die bisherige wohl kaum so bald wird verdrängen können, wurde ein besonderes Amt in Peking geschaffen, unter dessen Leitung am 27. Dezember v. I. eine Schule für Reform - schrift eröffnet worden ist. Persoiialnachrichten. Gestorben: am 16. März nach kurzer schwerer Krankheit im 66. Lebensjahre Herr H. W. Silomon, Inhaber der Firma gleichen Namens, in Bremen. Der Verstorbene erwarb am 1. Januar 1881 die Buchhandlung von G. Nauchfuß in Bremen, die er unter der Firma seines Namens mit gutem Erfolge weiterführte. Silomon war ein tüchtiger Buch händler von altem Schrot und Korn, der sich durch persönliche Liebens würdigkeit viele Freunde erworben hat. Paul Alexander Wolfs f. — In Berlin ist nach schwerem Kranken lager im 45. Lebensjahre der Schriftsteller Paul Alexander Wolfs ge storben. W. war früher an der inzwischen eingegangenen Leipziger Wo chenschrift »Die redenden Künste« sowie als Theaterkritiker der »Dresdner Nachrichten« tätig und bekleidete später eine Stellung in der »Jllnstrirten Zeitung«. Vor einigen Jahren siedelte er nach Berlin über. ^ SprechsM. Wie im Ausland deutsche Bücher fabriziert werden. Dem Verfasser des Buches »Unsere Unterseeboote«, Prof. Or. Franz Schulze, ging folgende Anfrage des Diplom-Ingenieurs Julian Tr eitel in Zürich zu: Sehr geehrter Herr Direktor! Mit vielem Interesse und Vergnügen habe ich Ihre Broschüre über unsere II-Boote gelesen und darf wohl bekennen, daß ich die Absicht habe, den gleichen Gegenstand, freilich nicht vom naviga- torischeu, sondern mehr technischen Standpunkt, literarisch zu behandeln Ich bin Deutscher und gedenke natürlich nur das zu veröffentlichen, was für uns auch hier im Auslande frei von allen Bedenken ist. Gestatten Sie mir nun die ergebene Anfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen Sie mir gestatten würden, einige Abschnitte, wenn möglich auch Abbildungen, Ihrer geschätzten Arbeit inhaltlich in der von mir geplanten zu verwerten. Ich würde dann nicht nur Ihren werten Namen ausdrücklich nennen, sondern event. auch ans Wunsch einen Abschnitt direkt unter Ihrem werten Namen als Autor anf- nehmcn. Es würde das für Sie vielleicht insofern von Interesse sein, als die Ausfuhr mariuctcchnischer Schriften ans Deutschland nicht mehr gestattet ist, also auch Ihr Buch leider nicht mehr herge langen kann. Mit vorzüglicher Hochachtung Julian Treitel. Weder sein offenbares Laientum, noch die bereits vorhandene Überproduktion an II-BootBüchern hindern Herrn Treitel, um die weitere Bereicherung der Literatur besorgt zu sein. Wohl um dem Vorwurf der Abschreiberei oder etwaigen rechtlichen Folgen zn ent gehen, versucht er gewissermaßen die Autorisation des Verfassers für eine »schweizer Ausgabe« zu erlangeu. Dafür führt er die sonderbare Begründung an, daß ja »die Ausfuhr marinctechnischcr Schriften aus Deutschland nicht mehr gestattet ist«. Damit nun das neutrale Ausland unter diesem angeblichen Verbot nicht leide, will er »einige Ab schnitte« eines bekannten Buches einem neuen unter seinem Namen einvcrleiben. Es hat aber ein solches Verbot weder jemals bestanden, noch ist es geplant, wie ans einer der Schriftleitung des Bbl. vorgc- lcgten Antwort des Neichsmarineamts auf ergangene Anfrage hervor- gcht. ES wäre nun die Feststellung von Interesse, ob dieser »Förderer deutscher Literatur im Ausland« sich auch an andere deutsche Autoren und Verleger mit ähnlichen Anträgen gewandt hat. Auch für diejenigen Bcrnfsgenossen, die Herr Treitel etwa als Verleger seiner Schrift ins Auge faßt, dürfte ein Einblick in seine »Werkstatt« von Nutzen sein. Kassel, im März 1916. Max Brun nein ann.