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^ 48, 27. Februar 1912. Nichtamtlicher Teil. ausgetragen, wovon nach einer rohen Schätzung etwa ein Fünftel in englischer Sprache gedruckt gewesen sein dürfte. Da bei darf nicht vergessen werden, daß bei der großen Armut der indischen Bevölkerung die einzelne Zeitung oder Zeitschrift in der Regel von Hand zu Hand geht und so oft von 10—15 mal soviel Personen gelesen wird wie etwa in den Vereinigten Staaten. In Anbetracht der Billigkeit der Arbeit in Indien ist übrigens die indische Zeitungsliteratur wesentlich teurer als die amerikanische. So ist z. B. das englisch-amerikanische Cent- Blatt in Indien unbekannt, auch in der Eingeborenen-Presse; die Zeitung kostet vielmehr in Indien in der Regel zwei, fast ebenso häufig drei, nicht selten sogar vier, fünf und sechs Cenis. Der Grund liegt, darin, daß die indische Zeitung, und zwar die englische ebenso wie die einheimische, des finanziellen Unter grundes der Anzeigen entbehrt und sich deshalb nur am Bezugs preis schadlos halten kann. Im Gegensatz dazu sind die Kosten für das Drucken der Bücher in Indien sehr gering. Besonders englische Bücher sind dort geradezu erstaunlich billig, und die indische Ausgabe eines Werkes, dessen Verlagsschutz erloschen ist, kostet oft nur die Hälfte des Preises, den der englische oder amerikanische Verleger zu fordern gezwungen ist. Unter den in Indien gedruckten englischen Büchern nehmen Lese- und Übungsbücher für Schulen und Colleges den ersten Platz ein. Sehr beliebt sind namentlich solche Hauptwerke der englischen Prosa oder Versdichtung. die von einem englischen oder heimischen Gelehrten unter beson derer Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse des indischen Lesers mit Noten versehen worden sind, und jeder kauft in der Regel eine andere Ausgabe nur dann, wenn eine solche indische Aus gabe nicht vorhanden ist. Roman und Drama sind dagegen in dieser Literatur begreiflicherweise nur schwach vertreten, während aus dem gleichen Grunde die Versdichtung fast völlig fehlt; doch sind immerhin auch mehrere von indischen Eingebo renen in englischer Sprache verfaßte Romane und Erzählungen vorhanden, von denen hier nur der geschichtliche Roman »Das Sklavenmädchen von Agra« (Ilie 81ave xirl oL ^.gra) von Sirdar Jogendra Singh erwähnt sei. Der Großteil der indi schen Bücher ist aber religiösen und metaphysischen Inhalts. Da die geistigen Führer des indischen Volkes bemerken müssen, daß die Fähigkeit, die heiligen Schriften des indischen Volkes im Urtext zu lesen, in der heutigen indischen Jugend immer gerin ger wird, so erscheinen jetzt im ganzen Lande Übersetzungen und Erläuterungen zu diesen Schriften, sowie zahlreiche selbständige Bücher und Abhandlungen mit dem Zweck, die Heranwachsende indische Jugend von dem Verlassen der überlieferten Religion und der Hinwendung zu Freigeisterei, Agnostizismus und ebenso zu der vom rechtgläubigen Hindu mit diesen fast auf eine Stufe gestellten christlichen Religion nach Kräften abzuhalten. Unter den Veröffentlichungen dieser Art ist mindestens eine, die eine sehr erhebliche Bedeutung besitzt; es sind die »Heiligen Bücher der Hindus« (Lrrcrock LooIc8 ot tüe Hindus, die von Vamandus Basu in der Panini Office in Bahadurgani, Allahabad, heraus gegeben werden. Neben diesen nehmen namentlich in jüngster Zeit politische Bücher und Streitschriften eine sehr wichtige Stellung ein. Fast alle diese Veröffentlichungen sind, obwohl sie zumeist in englischer Sprache erscheinen, ausgesprochen natio nalistisch und oft in einem höchst feindseligen Geist gegen die Weiterdauer der englischen Herrschaft gehalten, was als ein Zeichen der im Lande herrschenden Stimmung jedenfalls nicht ohne Bedeutung ist. L. 8. Kleine Mitteilungen. Zur rarlsbewegnng im Leipziger LPeditionSgewerbe. — Die in den Speditionsgeschäften Leipzigs beschäftigten Arbeiter (Rollkutscher, Hilfsaufläder und Bodenarbeiter) sind in eine Lohn bewegung eingetreten, um dadurch eine Verbesserung ihrer Arbeitsverhältnisse herbeizuführen. Vor allem aber suchen sie den Abschluß eines Tarifvertrages zwischen den beiderseitigen Organisationen, dem Arbeitgeberverband des Leipziger Fuhr- und Verkehrsgewerbes und der Ortsverwaltung Leipzigs des Deutschen Transportarbeiterverbandes, zu erreichen, weil die Arbeiter angeblich durch die bisherigen partiellen Abmachungen hinsichtlich deren Einhaltung nicht befriedigt worden sind. Die Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Geschäftsinhaber weigern sich aber, in Verhandlungen mit der Leitung dieser Arbeitnehmerorganisation über einen Tarifvertrag einzutreten, sie wollen vielmehr mit ihren Arbeitern persön- ich verhandeln. Es sollen auch, wie das »Leipziger Tageblatt« mitteilt, von den Arbeitgebern weitgehende Zu geständnisse zu den von den Arbeitern und ihrer Orga nisationsleitung gestellten Forderungen auf Erhöhung der Löhne, Regelung der Arbeitszeit u. a. m. gemacht worden sein, die jedoch den Arbeitern nicht genügen. Sie werden vermutlich auf der Hauptforderung, Anerkennung ihrer Organisation durch die Arbeitnehmer, verharren, wodurch sich die Bewegung zu einer Machtfrage gestalten kann. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß es in den nächsten Tagen zur Arbeitsniederlegung kommt, da die Arbeitgeber nicht gewillt sind, auf die erwähnte Bedingung ein zugehen. Wie nicht anders zu erwarten ist, haben die Arbeiter die Ostervormesse als die für sie günstigste Zeit zur Durchführung ihrer Forderungen gewählt. Ob und inwieweit der buchhändlerische Verkehr von dieser Bewegung berührt wird, bleibt abzuwarten. Der zwischen dem Hilfsverband (Arbeitgebervereinigung) und den im Transport arbeiter-Verband organisierten Leipziger Buchhandlungsmarkt helfern abgeschlossene Tarifvertrag läuft noch bis 31. Okt. 1912, so daß mit einer Beteiligung dieser Kreise an dem Ausstand nicht zu rechnen ist. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß sich aus den Arbeiten der An- und Abfuhr der Güter An stände ergeben, wenn seitens der Speditionsgeschäfte nicht recht zeitig entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Bücherdiebstähle. — Herr Max Röder i/Fa. Max Röder G. m b. H. in Mülheim (Ruhr) schreibt uns: Im Dezember vorigen Jahres gelang in meinem Geschäft die Entlarvung eines gewohnheitsmäßigen Bücherdiebes (W. A. Schmidt). Auf Anzeige bei der Kriminalpolizei und nach vor genommener Haussuchung sind 2 Körbe und 1 Kiste Bücher be schlagnahmt worden, die sämtlich aus Diebstählen herzurühren scheinen. Außer den bei mir gestohlenen Bänden befinden sich darunter etwa 16 Werke, die sämtlich dieselbe Auszeichnung tragen und zwar auf dem zweiten Vorsatzblatt hinten im Buche oben links k Datum ac. . . ., rechts Preis, weitere 3 Werke mit gleicher Auszeichnung, aber 0 und weitere Werke mit ähnlicher Auszeichnung, aber X. Es ist anzunehmen, daß alle Bücher aus der Rheinprovinz stammen und Städte wie Mülheim-Ruhr, Duisburg, Köln, Düsseldorf, Coblenz usw. in Betracht kommen. Die hiesige Kriminalpolizei ist zu jeder weiteren Auskunft gern bereit. Post. — Im deutschen Postscheckverkehr können fortan gewöhnliche Zahlungsanweisungen bis zum Betrage von 800 ^ telegraphisch nachgesandt werden. Hierfür werden die nämlichen Gebühren erhoben wie bei der telegraphischen Nachsendung gewöhnlicher Postanweisungen. Zur «eschichte des Kttmarnock-Burn»«. — Zu den vielen wertvollen Schätzen der Sammlung Huth in New Aork gehrte auch ein Exemplar der ersten Ausgabe der Gedichte von Robert Burns, die schon seit Jahren zu den größten Seltenheiten des Büchermarktes gerechnet wird. Exemplare dieser Ausgabe, und besonders gut erhaltene Exemplare sind in der Tat so selten, daß der kleine und dünne blau-weiße Oktavband, den John Wilson in Kilmarnock im Jahre 1786 druckte, heute fast ein kleines Ver mögen darstellt. Das Bändchen wurde, wie die New Uorker »8un« mitteilt, damals vom Verleger zum Preise von 72 Cents angesetzt. Die Gesamtzahl der Auflage betrug 612 Stück, und der Dichter mußte sich nach Abzug aller Kosten für Druck, Papier und Einband mit dem bescheidenen Ertrag von 96 Dollars begnügen. Noch um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts konnten Exemplare davon gelegentlich für 25 Cents erworben werden; in der Mitte der siebziger Jahre dagegen begann gerade bei diesem Buche ein gewaltiger »Boom« einzusetzen, der seinen Preis auf das 3000-bis 7000fache des ursprünglichen Verlagspreises trieb. Der höchste Preis, der bisher für das Buch bezahlt worden ist, waren wohl die 4800 Dollars, für die im Jahre 1909 die Trustees des Burns- Hauses das besterhaltene damalige Exemplar erwarben; über die 334