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X- 28, 4. Februar 1919. Redaktioneller Teil. «IrI-n»I»u ' d Dtzq». »nch»»n»«r. Nach Paris junge Buchhändler als Gehilfen zu bekommen, war freilich vor dem Krieg nicht schwer. Viele, insbesondere die bemittelten, waren Wohl sogar bereit, auch unentgeltlich dort zu arbeiten. Wir wissen aber alle, wie wenig derartige Arbeiiskräfte oft wert sind. Viel schwerer war es schon in Italien, richtige Mit arbeiter zu erlangen. Angebote erhielt man auf Gesuche hin freilich stets genug, gewöhnlich gefiel es aber den jungen Leuten nicht lange, vor allem in jenen Städten nicht, die keine besonderen Reize besitzen, wie das z. B. mit Mailand, aber auch mit noch anderen italienischen Städten der Fall ist. Die jungen Leute, die wir erhielten, waren gewöhnlich bald von Mailand enttäuscht und dann auch italienmüde. Das ist nicht allzu ver wunderlich. Ein längerer Aufenthalt im Auslande legt dem jungen deutschen Angestellten stets mancherlei Entbehrungen aus. Vieles hat er drautzen nicht, auf die Eltern, die alten Freunde usw., aus Konzerte, billige Unterhaltungen und oft auch längere Zeit auf den Verkehr mit gleichgestimmten Seelen muß er verzichten. Das ist überall im Auslande so. Wenn er dann noch erkennt, daß es z. B. in Mailand mit dem ewig blauen Himmel Italiens und dem Wandel unter Palmen nicht weit her ist, dann ist es kein Wunder, wenn er bald wieder daran denkt, sein Zelt abzubrechen und entweder wieder nach Hause oder, wenn er ein Wandervogel ist, in ein anderes Land zu gehen. Wir Buchhändler dürfen hierbei auch nicht außer acht lassen, daß der unmittelbare Gewinn, den der junge Buchhänd ler von einem Aufenthalt im Auslande ziehen kann, in vielen Fällen gar nicht so beträchtlich ist, gewöhnlich nicht so groß wie der, den der junge Kaufmann davon hat. Gar viele unserer Gehilfen kommen eben, wieder nach Deutschland zurückgekehrt, doch nur selten dazu, ihre irgendwo im Auslände gesammelten Sprach- und Literatur-Kenntnisse oder die Kenntnis der betref fenden Länder im Berufe selbst wieder reichlich zinstragend zu verwerten. Das sagen sich diese jungen Leute bald selbst, die Ernüchterung kommt, das Heimweh tritt hinzu, der Militär dienst rufst kurz sie gehen dann nach einem halben oder ganzen Jahr zurück. Daß der Nutzen eines solchen Gehilfen für den Geschäftsinhaber nicht sehr groß sein konnte, liegt auf der Hand. Er bot dem Mitarbeiter wohl Gelegenheit, die Sprache und Literatur des Landes etwas zu erlernen, auch Land und Leute kennen zu lernen, wenn er aber aus den ihm vermittelten Kennt nissen hätte Vorteile ernten können, dann zog der junge Mann schon wieder von dannen. Was hatte dies zur Folge? Man kam allmählich mehr und mehr dazu, lieber Einheimische cinzu- stellen, die nicht nur billigere, sondern auch seßhaftere Angestellte abgaben, wobei nicht zu vergessen ist, daß sie auch in den letzten 15—20 Jahren, in denen ich Erfahrungen sammeln konnte, all mählich leistungssähiger wurden, weil sie zum Teil eine bessere Schulung hinter sich hatten. Ich erinnere dabei daran, daß wie in Paris, so auch in Mailand Fachschulen für Buchhändler ent standen, die die geschäftlichen Fähigkeiten der jungen Leute un bedingt hoben. So fehlte es leider fast immer an rechten, an tüchtigen deutschen Mitarbeitern, und so konnte es kommen, daß eine ursprünglich rein deutsche Buchhandlung allmählich mehr oder weniger cnldeiitschte. Es fehlt aber auch für die Ge schäftsinhaber selbst an Nachwuchs, und so konnte es daher z. B. in Italien geschehen, daß manches von einem Deutschen gegrün dete Sortiment in den letzten Jahren in italienische Hände überging, was ganz entschieden einen Nachteil für den deutschen Buchhandel bedeutete. Nach dem Krieg wird aber, leider, in Deutschland zweifellos selbst kein Überfluß an tüchtigen Ar beitskräften sein. Sie sind zu sehr dem Kriege zum Opfer ge fallen, und deshalb wird auch die Zahl derjenigen, die einiger maßen vorbereitet durch Sprach- und Literatnrkenntnisse ins Ausland zu gehen bereit und befähigt sind, und geneigt sind, längere Zeit oder dauernd dort zu bleiben, noch geringer sein als früher. Deshalb scheint es mir ganz besonders wichtig, wenn der gesamte deutsche Buchhandel, vornehmlich aber der Verlagsbuchhandel, danach trachtet, fortgesetzt eine Anzahl tüch tiger junger Leute heranzuziehen, die man mit der bestimmten Aufgabe betraust Pioniere für den deutschen Buchhandel im Auslande zu sein, die man entweder an zu begründenden buch händlerischen Fachkursen oder im Seminar für orientalische Sprachen in Berlin, in dem bekanntlich alle neueren Sprachen gelehrt werden, oder auch am Hamburgischen Kolonial-Jnslitut Sprachstudien machen lassen könnte, um sie dann für einige Zeit selbst im Auslände arbeiten zu lassen und ihnen zu diesem Zwecke Unterstützungen zu gewähren. Ob dies seitens des Deutschen Verlegervereins oder seitens des in Aussicht genommenen Werbeamls des Börssnveretns, oder etwa gemeinsam von die sen zwei Stellen geschehen sollte, das wäre noch zu prüfen. Ich bin der festen Überzeugung, daß eine Arbeit in dieser Richtung unbedingt notwendig ist, um in einer Reihe von Jahren Hilfs kräfte zu schaffen, nicht nur für Italien und Frankreich, son dern mehr oder weniger auch für andere Länder, und daß eine solche Saat, richtig ausgestreut, gute Früchte bringen wird. Denken wir also daran, gute, wohlvorbereitete Truppen zu schaffen, um den Kampf aufnehmen zu können. Ich stehe mit dieser Ansicht nicht allein, denn auch Herr Voerster vom Hause F. Volckmar hat in einer sehr eingehenden Arbeit über die Aufgabe des deutschen Auslandbuchhandels die selbe Ansicht vertreten. Ich werde später, zu geeigneter Zeit, auch hierauf wieder zurückkommen, gedenke selbst, soweit es in meinen Kräften steht, dazu beizutragen, diesen Gedanken zur Tat werden zu lassen, und hoffe, daß der deutsche Buchhandel die besondere Wichtigkeit dieser Aufgabe erkennt und sich ent schließt, sic irgendwie zu lösen. Das Wichtigste werden aber doch immer die Führer die ser Truppen bleiben, diejenigen Männer, die vor dem Krieg schon als deutsche Sortimenter draußen standen, die Erfah rungen sammelten und sich Vertrauen erwerben konnten. Vielfach haben sie einen großen Teil ihres Vermögens während des Krieges verloren, in Italien auch zum Teil Hab und Gut durch die erfolgten Plünderungen. Ihnen können und müssen wir es zunächst auch überlassen, die Mittel und Wege zu suchen, welche erforderlich sind, die durch den Krieg unterbrochenen Be ziehungen wieder anzuknüpfen. Ganz von selbst werden das viele versuchen, und zwar mit dem Matze von Sachkenntnis und dem Grad von Rührigkeit, mit dem sie schon vor dem Kriege die nicht leichte Arbeit verrichteten, das deutsche Buch im Aus land zu verbreiten. Allerdings nur soweit, als sie inzwischen nicht den Mut, die Kraft und die Geldmittel dazu verloren haben. Da erscheint es mir als das Richtigste, daß es etwa die Geschäftsstelle des Deutschen Verlegerver eins übernimmt, sich von denen, die solche Wünsche haben, die Geschäftslage vortragen zu lassen, daß die Geschäftsstelle diese Angaben prüft und daß sie die Wünsche, soweit sie es für zweckmäßig erachtet, befürwortet und den Mitgliedern des Ver eins die Beachtung nahelegst Ich würde dies als ein Ent gegenkommen betrachten, das alle jene reichlich für die früher geleistete Arbeit verdient haben dürften. Selbstverständlich, daß auch durch sonstige Erleichterungen, z. B. hinsichtlich des erbete nen Vertriebsmaterials, der Lieferung von sonst nur festgelie ferten Fortsetzungen mit Rücksendungsrecht und ähnliches Ent gegenkommen, die Arbeit der Auslandbuchhändler so viel als immer möglich gefördert werden sollte. Frage 2: Welche Waffen sollen wir in dem kommenden Wettstreit benützen? , Bei der Antwort hierauf geht es Wohl nicht anders, als daß ich zu Vorschlägen komme, die auch früher schon gemacht wurden und wahrscheinlich auch später von anderer Seite noch vorgebracht werden, und deshalb will ich mich kurz fassen; denn die Waffen werden sich doch für das gesamte Ausland mehr oder weniger ähneln. Schaffung von allgemeinen und Fachbibliographien, möglichst für die verschiedenartigen Bedürfnisse der romani schen, germanischen und sonstigen Völker zugeschnitten; Schaffung einer Werbez«itschrift, die, zu einem billigen Preis erscheinend, dazu bestimmt sein sollte, das Verständnis für deutsche Art und deutschen Geist zu wecken und zu fördern; gelegentlich Wohl auch Ausstellungen des deutschen Buches zu geeigneter Zeit und an geeigneten Orten. Solche und kihn -