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lMblattl W Umfang einer Seite SLo vlcrgefpallene pelitzellen. Milglleöerpreio: öle Zeile ü M., '/, Seite ,875 iN.. Seite ,000 Seite 500 NI. HMMoM Nr. 207 <A. ,40,. Leipzig, Dienstag den 5. September ,922. 89. Jahrgang. Redaktioneller Teil r. Zu den Königsberger Veranstaltungen. In einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Spannung tritt die Herbstversammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvercine in Königsberg diesmal zusammen. Dem entspricht es, daß auch in das Bereich der wirtschaftlichen Interessen fallende Angelegen heiten ausdrücklich ans der Tagesordnung erscheinen. Es sei nur ^ an die beiden Referate über die Wirtschaftslage und über gemein-? same Buchpropaganda erinnert. Zu beiden Problemen haben! wir in letzter Zeit immer wieder Stellung genommen, können uns also hier erneutes Eingehen darauf ersparen. Durch das 200jährige Jubiläum der Firma Gräfe <L Unzer ist aber dafür gesorgt, daß ein Überwuchern des bloßen Pessimismus nicht zu befürchten ist. Die Geschichte dieses Hauses, seine glänzende Entwicklung gerade in den letzten Jahren dürfen nicht nur seine heutigen Eigentümer, sondern den gesamten? deutschen Buchhandel mit Stolz erfüllen. Hier steht ein leuch-? tender Beweis für buchhändlerische Tüchtigkeit und erfolgreiche? Arbeit vor aller Augen. Wenn sich der Buchhandel in seinen Vertretern aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes jetzt dort in der Ostmark im Schatten dieses Hauses versammelt, so tut er es Wohl auch, um das schöne Jubelfest mit feien, zu können; er kann es aber auch tun, um sich an solchem Anblick zu stärken für den Kampf mit aller Not der Zeit. Wie Gräfe L Unzer manchen Sturm überdauert haben, wie sie aus ruhmreicher Ver gangenheit die Aussicht auf ebensolche Zukunft schöpfen, so mutz auch der ganze deutsche Buchhandel sich einstellen auf hoffnungs vollen Glauben an seine Zukunft, zugleich sich fest einig zu sammenschließen zu gemeinsamer Arbeit. In diesem Geiste „lögen auch seine Beratungen in Königsberg stattsinden. In diesem Geiste wird gerade die Behandlnng der zur Erörterung stehen den wirtschaftlichen Fragen Erfolg verheißen. Mit der Tagung wird bekanntlich auch eine kleine Ausstel lung von Werbemittel» verbunden sein. Es handelt sich nach Lage der Dinge zunächst einmal um einen ersten Versuch. Gelingt er, so wird sich später vielleicht Gelegenheit finden, mehr und Besseres zu bieten. Immerhin wird schon die jetzige Ausstellung sicherlich manche Anregung geben können. Daß damit einmal andere als formal-organisatorische Ange legenheiten auf der Tagesordnung stehen, dürfte allgemein zn be grüßen sein. Um solche Fragen ist schon genug gestritten worden. Es ist Zeit, auch das andere darüber nicht zu vergessen. Neben bei wird ja allerdings wenigstens die Frage der Organvereine geregelt werdn müssen. Im ganzen werden die Königsbcrger Tage den Vertretern ^ des Buchhandels auch Gelegenheit geben, die Ostmark dort oben einmal etwas näher kennen zu lernen. Mit der Fahrt nach Königs- ^ berg legt der deutsche Buchhandel wieder einmal ein, Bekenntnis für die deutsche Sache ab. Auch von diesem Ge-j sichtspunkt aus ist daher den Veranstaltungen ein voller Erfolg, zu wünschen. Zugleich werden sie Gelegenheit bieten, den Buch handel weiteren Kreisen der Öffentlichkeit bekannt zu machen, was seinem Ansehen nur förderlich sein kann. Glück ans also zur Fahrt nach Königsberg! Zur 200 jährigen Jubelfeier der Firma Gräfe <K Unzer in Königsberg. Am 20. Juli waren 200 Jahre vergangen, seitdem der Buch- sichrer Christoph Gottfried Eckart aus Grimma vom König Friedrich Wilhelm I. von Preußen ein Privileg zur Errichtung einer Buchhandlung in Königsberg erhielt. Aus dieser Buch handlung von Eckart ist die Firma Gräfe L Unzer hervorge- gangcn. Da die Feier der Gründung anläßlich der Herbsttagung der Kreis« und Ortsvereinc, und zwar am 7. September abge halten werden soll, erscheint auch dieser Rückblick erst anläßlich dieser Feier. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, anzunehmen, daß Ostpreußen ein von jeder Kultur abgeschnittenes und in geistiger Beziehung sehr stiefmütterlich behandeltes Land gewesen wäre. Dem ist nicht so. Der alte Kultur- boden bot ein dankbares Feld für den deutschen Buch handel, und wenn naturgemäß in den kleineren Städten der Buchhandel auch keine sehr große Bedeutung erlangte, um so mehr in Königsberg: er hat dort schon im ,8. Jahrhundert eine Blüte erreicht, die er in anderen Gegenden, in Schleswig-Hol stein, in manchen Gebieten Mittel- und auch Süddeutschlands nicht aufzuweisen hatte. Allerdings muß man Sortiment und Verlag zusammenfassen, denn manche der Handlungen waren Druckereien, Verlagshandlungen und führten daneben auch Bücher, die sie vorwiegend durch Tausch mit ihren Verlags werken erhalten hatten; von Sortimentsgeschäftcn, wie wir sie heute kennen und wie wir gerade in der Jubelfirma ein hervor ragendes Beispiel sehen, kann natürlich keine Rede sein. Im Anfang bes 18. Jahrhunderts, also um 1700, bestanden irr Königsberg die Firmen Paul Friedrich Rhode, Michael Lange, Martin Hallervord, Georg Jacob Heerdan, Heinrich Boye, von denen die drei letzten die bedeutenderen waren und zum Teil schon eine längere Zeit des Bestehens hinter sich hatten. Absatz fanden diese Handlungen nicht nur in Königs berg und bei der Hochschule, sondern auch bei den adeligen Familien des Landes, bei denen es vielfach zum guten Ton gehörte, auf den Schlössern Bibliotheken zu besitzen und für deren Vermehrung jedes Jahr eine bestimmte Summe anszusetzen, bei den gelehrten Anstalten und Klöstern des Landes und vornehmlich auch in den benach barten Polnischen, kurischcn, littauischen Ländern, wo der Bedarf nicht unbedeutend war. Während die Handlungen von Lange und Rhode keine größere Bedeutung hatten und schon im Anfang des 18. Jahrhunderts erloschen, hatten die übrigen Firmen bereits eine Zeit der Blüte hinter sich. Schon um 1043 besaß Marlin Hallervord, der aus Rostock stamiküe, die Buchhandlung in Königs berg, die sich durch den Umfang der Verlagstätigkeit auszeich- nete, die auch unter dem gleichnamigen Sohn anhielt. 1643 bis 1732 erschienen allein über 200 Werke in dem Verlage. Mit dem Tod des Sohnes 1714 ging das Geschäft abwärts, es wurde zwar unter der Firma Martin Hallervord's Wittib und Erben sort- geführt, die Verlagstätigkeit wunde jedoch eingestellt, und der Sor timentsbetrieb verlor mehr und mehr an Bedeutung; 1759 scheint das Geschäft endgültig arffgehört zu haben. I28S