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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 3247 (Traeger.) in die Augen springt. Wir wollen ja auch die Musik pflegen, wir wollen auch die allgemeine Bildung fördern; aber wie kommen denn gerade die Leute, die am meisten, am angestrengtesten, am erfolgreichsten dafür arbeiten, dazu, ihre Arbeiten nicht bezahlt zu bekommen? Das sogenannte geistige Eigentum bringt schon ein Opfer, das nicht hoch genug angeschlagen werden kann in seiner zeitlichen Begrenzung. Wenn heute ein Vater durch Mühe und Arbeit sich ein Rittergut erworben hat und es seinen Nachkommen hinterläßt, so würde man jeden auslachen, der der Allgemeinheit anheim. Meine Herren, die Allgemeinheit stände sich wahrscheinlich noch besser, wenn ihr die Ritter güter zufielen anstatt dieser geistigen Werke. Nun hat der Mann, der auf diesem Gebiete gearbeitet hat, kein Rittergut erworben, er hat aber Werke hinterlassen, deren Ertrag sehr wohl dem eines Ritterguts gleichsieht. Nach 30 Jahren — die Vorlage will es ja verbessern und sagt: nach 50 Jahren — kommt die Allgemeinheit und sagt: nun, her damit! Meine Herren, man darf nicht zu weit gehen im Schutze des geistigen Eigentums, man darf aber auch nicht zu weit Zurückbleiben hinter den berechtigten Forderungen, um eine derartige Forderung. Ich bitte Sie daher, gegen den Antrag Rintelen und für unsere Anträge zu § 27 zu stimmen. (Bravo! links.) vr. Oertel, Abgeordneter: Meine Herren, ich stimme meinem Herrn Vorredner im allgemeinen zu, wenn ich mir auch nicht alle seine Argumente zu eigen machen möchte. Auch ich möchte Sie bitten, den Antrag Rintelen auf Nr. 242 abzulehnen und den Antrag, der meinen Namen trägt, zu ß 27 anzunehmen. Was die Ablehnung des Antrags Rintelen anlangt, so ist sie von den Herren Abgeordneten vr. Spahn, vr. Müller (Meiningen) und Traeger ausgiebig begründet worden, und ich habe nur wenig hinzuzufügen. Nach dem bisherigen Rechtszustande und nach der Annahme des Antrags vr. Rintelen wäre cs möglich, daß bei einer musikalischen Aufführung der Konzertuntcrnehmer Zehntausende, eigentliche Schöpfer dieses Genusses vollständig leer ausginge. Daß das ein Mißverhältnis ist, wird auch der zugeben, der auf dem Boden des Antrags Rintelen steht. Derjenige, der das Kunstwerk eigentlich ins Leben gerufen hat, soll leer ausgehen, während die Mittelspersonen überreich entlohnt werden! Es kommt ferner hinzu, daß die ganze Komponistenwelt auf dem Boden des tz 11 steht und in dem bisherigen Zustand oder in der Annahme des Antrags Rintelen eine schwere Schädigung erblickt. Ich glaube, es wird wenige Komponisten geben — ich dieser auf uns wirken lassen. Und wenn die Komponisten sich durch diesen Z 11 nicht geschädigt, sondern gefördert fühlen, und zwar in ihrer überwiegenden Mehrheit, ja fast in ihrer Gesamt heit, so muß das auch aus die klügsten Reichstagsabgeordneten wenigstens einigen Eindruck machen. Wenn gesagt wird, die jungen Komponisten könnten dadurch geschädigt werden, daß sie überhaupt nicht mehr zur Ausführung gelangten, wenn das Auf führungsrecht grundsätzlich Vorbehalten bleibe, so ist dagegen an zuführen, daß es keinem Komponisten benommen ist, auf seine Kompositionen Vordrucken lassen: -Aufführung gestattet» oder -Aufführung erwünscht». Das wäre auch nichts Neues. Finden wir doch schon vor Artikeln, deren Nachdruck sonst verboten zu sein pflegt, -Nachdruck erlaubt», -Nachdruck erwünscht» oder -gestattet». Meine Herren, der ß 11 ist für mich einer der wichtigsten Para graphen des ganzen Gesetzes (Heiterkeit), er enthält nämlich den wesentlichsten Fortschritt gegenüber der jetzigen Rechtslage. Es wird in diesem Paragraphen das Aufführungsrecht als inte grierender Bestandteil des Urheberrechts festgelegt. Diesen wesent lichen Fortschritt haben nicht allein sämtliche Komponisten und auch die Verleger mit wenigen Ausnahmen, sondern auch die Ver treter der Wissenschaft, soweit sie sich dazu geäußert haben, mit großer Freude begrüßt. Die Wissenschaft und die Künstlerwelt würden es gar nicht verstehen, wenn wir hier im Plenum gegen- sion, gegenüber der Regierungsvorlage, diesen Fortschritt wieder beseitigen wollten; das ganze Urheberrecht würde an Wirkung und Bedeutung durch Annahme des Antrages Rintelen verlieren. So, der Herr Staatssekretär zur Evidenz bewiesen. Es ist schlechter dings unmöglich, daß wir die Operetten schützen wollen ohne Vorbehalt, während wir die nicht bühnentechnisch zurechtgestutzten größeren Musikstücke nur mit Vorbehalt schützen wollen. Das ist die Unbequemlichkeit geschildert, die der Aufführende haben würde, wenn der § 11 zur Annahme gelangte. Ja, diese Unbequemlich keit hat er in demselben Maße, wenn der Vorbehalt auf dem Musikstück bemerkt ist, dann muß er sich auch erst erkundigen, ob der Autor noch lebt, wo er wohnt u. s. w., kurz, er hat dieselben Unbequemlichkeiten wie bisher, nur daß die Zahl der Fälle, in denen die Unbequemlichkeiten Vorkommen, wie ich zugebe, etwas eingeschränkt ist. Was nun den Wunsch des Herrn Abgeordneten v. Strombeck anlangt, daß wir aus sozialen Rücksichten die armen Musiker, besonders die umherziehenden, die nicht in der Lage seien, ein Entgelt für die Benutzung der Komposition zu zahlen, berück sichtigen möchten, so entspricht dieser Wunsch gewiß einem guten Herzen, und die Interessen der umherziehenden Musiker sind auch von einem gewissen Werte. Wenn es sich aber um eine Abwägung der Interessen der ernsten Komponisten, der deutschen Komponisten im allgemeinen handelt und der Interessen der umherziehenden Musiker, dann kann es wohl keine Frage sein, daß bei einem Interessengegensätze sich die Wagschale zu grinsten der Komponisten erheblich senken würde. Selbst wenn die umherziehenden Musiker durch die Annahme des § 11 etwas geschädigt würden, kann diese Schädigung nicht in Betracht kommen gegenüber den berechtigten Forderungen der ernsten, der ganzen Komponistenwelt Deutschlands. Mit diesen wenigen Bemerkungen möchte ich den Antrag des Herrn Kollegen Rintelen verlassen und Sie nochmals bitten, ihn abzulehnen. Der Antrag, den ich und mehrere Andere zu Z 27 gestellt haben, ist in einem seiner Teile von dem Herrn Abgeordneten Traeger genügend begründet worden. Der Antrag will die Vor lage in zwei Punkten ändern. Er stimmt überein mit der Regierungsvorlage und dem Kommissionsbeschlusse in der Forde rung, daß die Aufführungen bei Volksfesten, ausgenommen Musik feste, freibleiben sollen, daß bei ihnen keine Bewilligung nach gesucht zu werden braucht. Er stimmt ferner darin überein, daß bei Veranstaltungen, deren Ertrag ausschließlich für wohlthätige Zwecke bestimmt ist, und bei denen die Mitwirkcnden keine Ver günstigung für ihre Thätigkeit erhalten, auch die Genehmigung des Urhebers vorher nicht nachgesucht zu Werden braucht. Der stimmung zu weit geht, wurde in der Kommission vielfach anerkannt; es wurde auch der Behauptung, daß sie zu weit gehe, von den Ver tretern der verbündeten Regierungen nichts Wesentliches entgegen wurden beispielsweise genannt die üblichen Veranstaltungen im Bereiche der Kirche, der Schule, des Heeres und der Flotte, bei denen eine vorherige Einholung der Genehmigung des Urhebers nicht erforderlich sein sollte. Diesen Satz, der eine Erklärung des Wortlauts des § 27 enthalten sollte, haben wir in etwas erwei terter Form in unseren Antrag ausgenommen. Wir haben gesagt, solle bei Veranstaltungen im Bereiche der Militär- und Marine-, der Kirchen-, Schul- und Gemeindeverwaltung. Wir haben sogar die Gemeindeverwaltung noch über die Begründung hinaus hinzu gefügt. Selbstverständlich soll die Verpflichtung zur Genehmigungs einholung nur wegfallen, wenn die Hörer ohne Entgelt zugelasscn werden, und die Veranstaltungen keinem gewerblichen Zwecke dienen. Meine Herren, ich glaube, hervorheben zu sollen, daß in dem Kommissionsberichte ausdrücklich erwähnt worden ist, daß gegen diese Fassung die verbündeten Regierungen durch ihre Herren Vertreter keine weitere Bedenken geäußert haben. Sie haben sich dahin ausgesprochen, daß dadurch allerdings die Grenze dieser Veranstaltungen etwas enger gezogen werde, daß aber dem wesentlichen Bedürfnisse, das dieser Paragraph befriedigen wolle, damit genügt werde, und daß anzunehmen sei, die verbündeten Negierungen würden ihre Zustimmung diesem Teile des Antrags nicht versagen. Ich glaube, noch eins hinzufügen zu müssen, vielleicht in Er gänzung der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Traeger. Ich weiß, daß in einer ganzen Reihe von Fällen musikalische Auf führungen ohne Entgelt veranstaltet werden, obgleich für sie that- sächlich ein sehr starkes Entgelt gezahlt wird, sei es in Formeines Programmbetrages oder einer Entrichtung von Garderobegeld. Alle derartigen Dinge würden möglich sein, wenn wir die Fassung der Regierungsvorlage beibehiclten. während bei unserer Fassung, die die Veranstaltungen beschränkt auf solche des Heeres, der 424*