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9302 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. Detmold mit dem Hermannsdenkmal, nach Henrichenburg zur Besichtigung des Schiffshebewerks des Dortmund-Emskanals usw. Das von der Stadl Münster angebotene Festessen unterbleibt auf Wunsch des Vorstandes der Gesellschaft. Russische Hochschul-Ltatistik. — Aus Petersburg wird der »Franks. Zig.« geschrieben: Das russische »Ministerium für Volks- aufklärung« veröffentlicht in seinem Rechenschaftsbericht über das Jahr 191o die aus Anfang 1911 bezüglichen statistischen Angaben über die Hochschulen. An den zehn staatlichen Universitäten unterrichteten danach acht Professoren der Theologie, 465 ordentliche und 164 ausserordentliche Professoren, zwölf Do zenten und 681 Privalbozenten. Die Zahl der Studieren den betrug 38192, die der Hörer 1661 (191or 38 616 bzw. 1780). Den größten Besuch wiesen die Universitäten in Moskau (9940) und Petersburg (8446 Studierende) auf, den kleinsten Saratow (197). Rach den Fakultäten verteilten sich die Stu dierenden folgendermaßen: Jurisprudenz 15264, phystkalisch-mathe- mansche Abteilung 9859, Medizin 9385, historisch-philologische Ab- teilung 3384, orientalische Sprachen 184 und Theologie 126. Weitaus die überwiegende Mehrzahl der Studenten, 2 <695, bekannten sich zur orthodoxen Kirche, 2768 waren katholisch und 3602 Juden. Der Slanbeszugehörigkelt nach waren 3371 Studenten aus erblichem Abel, 11239 Söhne persönlich Adeliger und Beamter, 4614 Söhne von Geistlichen, 8849 Söhne von Ehrenbürgern und Kaujleulen, 369 Kosaken, 3788 Söhne von Bauern, 923 andern Standes und 4s7 Ausländer. Die Gesamtausgaben der Universitäten beliefen sich aus 9 255 688 Rudel, wovon die Staatskasse 6 348 017 Rubel beitrug, während der Ertrag der Kollegiengeloer 1 609 402 Rubel und derjenige der Universilätsstlstungen 448 606 Rubel betrug. Für Stipendien wurden 556 597 und zu Unterstützungen 117 820 Rubel ausgegeden. — An den sechs Technischen Hochschulen unterrichteten 482 Professoren und Dozenten; die Zaht der Studierenden ging, wie an den Uni versitäten, zurück. Sie betrug Anfang 1911 noch 9747 Studenten (1910: 9825) Die Ausgaben betrugen 2 597 493 Rubel, wovon 1667 634 Rubel vom Staat, 743 378 Rubel durch Kollegiengelder gedeckt wurden. An den vier tierärztlichen Hochschulen waren 1613 Studierende eingeschrieben. An den unter dem Namen »Weibliche Hochkurie« in Moskau und St. Petersburg bestehenden Frauenhochschulen studierten 10 495 Damen, wozu noch 1369 Hörerinnen des medizinischen Instituts für Frauen in St. Petersburg zu zählen sind. Aus der guten alten Zeit. — Die »Rheinisch-Westfälische Zeitung« druckt in einer Reproduktion der Essener »Allgemeinen Politischen Nachrichten« aus dem Jahre 1812, die sie in diesem Jahre aus Anlaß der Jahrhundertfeier der Freiheitskriege heraus- gibt, u. a. auch eine Bekanntmachung des Essener Buchhändlers G. D. Bädeker ab, in der dieser unterm 6. August 1912 folgendes mitteilt: »Da ich Willens bin, die sieben Abtheilungen des Katalogs zu meiner Leihbibliothek in euren einzigen umzuarbetten, die in der Bibliothek nicht mehr vorräthigen Bücher Daraus wegzulassen, alles systematisch und alphabetisch in Ein Ganzes zu ordnen und eine große Menge neuer Werke darin mit auf zunehmen, so bin ich gezwungen, diese meine Leihbibliothek auf 2 Monate lang für jeden Leser zu schließen und er- gebenst zu bitten, mir doch alle aus derselben noch in Händen habende Bücher den ersten besten Tag wieder zurückzusenden. Diese Bitte ergeht zugleich auch an solche, die noch aus ältern Zelten her oder aus der dritten Hand Bücher von mir besitzen. Ich verspreche solchen, kein Lesegeld dafür berechnen zu wollen, nur wünschte ich recht bald mein Eigenthum zurück- zuerhalten. Alle diese Bücher sind in braunem Papp- oder Halbleder-Band gebunden, und erstere mehrentheils mit blauen Umschlägen versehen; auch ist in manchen vorn noch ein Zettel- chen eingeklebt, worauf die Worte gedruckt sind: »Zur Bäoeker- schen Leihbibliothek gehörig.« Den abonnierten Lesern werden die beiden Monate August und September nicht mit berechnet. Mit dem 1. Oktober hoffe ich die Bibliothek wieder öffnen und zugleich den neuen Katalog auSgeben zu können.« ^ 187, 13. August 1S12.P ^ «attischer «rchäologoilongrctz. — In.Stockholm wird heute der baltische Archäologenkongreß eröffnet, woran außer Skandinaviern auch Gelehrte aus Deutschland und den Ostsee provinzen teilnehmen. Die Verhandlungssprache ist ausschließlich deutsch. Vorträge werden u. a. gehalten von Professor Kossinna (Berlin), Museumskonservator M. Lienau (Lüneburg), Museums direktor H. Hahne (Halle) und vr. Ebert (Berlin). > Personalnachrichten. Auszeichnung. — Dem Kassierer der Hofbuchhandlung der Gesellschaft M. O. Wolff in St. Petersburg, Herrn Michael Denisoff, wurde für seine Person vom Kaiser von Rußland der Titel eines Ehrenbürgers verliehen. Gestorben: am 10. August nach langem Leiden der Verlagsbuchhändler Herr Hermann Gejenius in Wiesbaden, Gründer der Firma seines Namens in Halle a. S. Ein überaus langes und erfolgreiches Leben hat mit dem Heimgang des 78 jährigen seinen Abschluß gefunden. In jungen Jahren des Vaters beraubt, erhielt er von seiner vortrefflichen Mutter eine sorgfältige Erziehung, die durch den Besuch des Pädagogiums der Franckeschen Stiftungen in Halle ihren Abschluß fand. Als Beruf erwählte sich der junge Gesenius den Buch handel und trat bei der Rhodenschen Buchhandlung in Lübeck in die Lehre, während ihn seine Wanderjahre zum alten Frommann nach Jena und zu Rieger nach Augsburg führten. Am 1. Juli 1861 übernahm Gesenius A. G. Deislers Sortiment in Bremen, dem er sehr bald eine Verlagsbuchhand lung angliederte. Es sei hier auf das schon 1864 zuerst erschienene Hauptwerk des Verlags hingewiesen: Gejenius, Lehrbuch der eng lischen Sprache, aus der Feder eines älteren Bruders des Ver storbenen. Nach Verkauf des Sortiments siedelte Gesenius am 6. April 1872 nach Halle a. S. über und rundete seinen Verlag durch Übernahme einer Anzahl Artikel aus dem Grotejchen Verlage ab. Dazu kam dann im Jahre 1875 der Kauf des gesamten Verlages der Firma Carl Cnobloch in Leipzig und 1882 der Erwerb mehrerer Artikel aus dem Rümplerschen Konkurse, dem sich andere Ankäufe anschlossen. Mit Beginn des Jahres 1900 zog sich Gesenius von der Leitung des Geschäfts zurück und überließ sie seinem Sohne, der das Geschäft in seinem Geiste weiteiführt. Am 1. Juli vorigen Jahres hatte er noch die Freude, das fünfzigjährige Jubiläum seiner Firma zu erleben. Sein Andenken wird als das eines tüchtigen Buchhändlers alter Schule in Ehren bewahrt werden. Franz Felix Rosenberg in Wien -s-. — Einer der tüch tigsten und beliebtesten Buchhändler Wiens, Herr Franz Felix Rosenberg, ist mit seiner gleichfalls im Geschäft tätig gewesenen 22jährigen Tochter Elsa in den Stubaier Alpen verunglückt. Am 8. d. M. fand man die erstarrten Körper der beiden unweit des Erzherzog Carl-Schutzhauses im Schnee des Stubai auf. Während bei Herrn Rosenberg alle Wiederbelebungsversuche erfolglos blieben, gelang es, bei seiner Tochter schwache Lebenszeichen hervorzurufen, von denen zurzeit, wo diese Zeilen geschrieben werden, noch nicht gejagt werden kann, ob sie die Rettung der Dame verbürgen. Schlechtes Wetter mit argem Schneetreiben hatte die beiden auf dem Wege zur Hildesheimer Hütte über rascht, und ehe die sehr bald danach auf die Suche gegangenen Rettungsexpeditionen zu ihnen gelangen konnten, war das Unglück geichehen. Herr Rosenberg war ebenso wie seine beiden Töchter — die jüngere ist bei der Mutter zu Hause geblieben — ein leiden schaftlicher, aber auch überaus vorsichtiger und erfahrener Tourist. Sein Geschäft, das er am 1. Oktober 1894 nach einer langen Dienstzeit in ersten Wiener Firmen, wie Gilhofer L Ranschburg, Halm L Goldmann usw., eröffnete, gehört zu den beslgehenden der Residenz. Er war ein Antiquar vom guten alten Schlag, abhold jeder Schleuderet, ein Feind unfairer Konkurrenz, der den heimischen Verlag bevorzugte, wo immer es möglich war. Die Nachricht von seinem Tode wird alle, die ihn kannten, erschüttern; er wird vielen unvergeßlich sein. Möge wenigstens seine Tochter dem Leben und ihrem Berufe und ihrer Mutter zurückgegeben werden! Franz Unger.