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S300 «Sri-ndlaU s. d. Dtlchn. «ii-N-nd-I. Nichtamtlicher Teil. Pik 187. 13. August ISIS. endete und weihevolle Aufführung kann nur Bayreuth bieten. Wie oft wurde darauf schon hingewiesen, daß für Wagner, als er den Wunsch aussprach, ganz andere künstlerische Verhältnisse Vorlagen, als zurzeit I Bayreuth hat Schule gemacht, das be streitet heute kein rechtlich Denkender, aber diese Schule hat bereits ihre Früchte getragen. Ganz abgesehen davon, datz der Parsifal durchaus nicht das bedeutendste und vor allen Dingen nicht das am schwersten aufführbare Werk des Meisters ist, was in Musikerkreisen wiederholt betont wurde, wird es nach wie vor keine minderwertige Bühne wagen, ein Wagner-Drama zu ver hunzen, da es ihr dazu vor allen Dingen an einem geeigneten Orchester und ausreichendem Personal fehlt. Aber an wirk lichen Kunftstätten haben wir doch in Deutschland zurzeit tat sächlich keinen Mangel. Sie können den Parsifal nach ISI3 ohne jedes Bedenken ihrem Spielplan einverleiben und im Sinne des Meisters, wennl auch^ nicht immer mit vollem Gelingen, so doch nach dem Höchsten strebend, zu Gehör bringen. In Bayreuth ist auch nicht alles eitel Gold gewesen, was zu tage gefördert worden ist; unabhängige Stimmen haben bei den Festspielen oft recht erhebliche Ausstellungen zu machen gehabt, die sie mit unbestrittenen Beweisen belegten. Selbst in diesem Jahre ist manche Ungleichheit übel bemerkt worden. Das ist eben unvermeidlich. Weshalb man aber wieder Van Disk mit der Rolle des Parsifal betraut hat, ist direkt unver ständlich. Der Künstler ist 1881 geboren, also 51 Jahre alt, und seine Stimme erinnert heute nur schwach an den einstigen Glanz. Sein Spiel ist heute noch wie ehemals bedeutend, aber die stark gerundeten Formen seiner Gestalt zeigen zu kratz die Spuren liebevollster Pflege seines eigenen Jchs. Mag er 1886, also vor 26 Jahren, als er zuerst die Rolle des Parsifal übernahm, bezaubernd gewesen sein, in diesem Jah.e hat er es nicht mehr vermocht, den jungen reinen Toren auch den überzeugtesten Bayreuth-Schwärmern glaubhaft zu machen. Mit Ausnahme ganz blinder Verehrer sind alle sehr entzaubert gewesen. Solche Verstöße gegen die elementarsten Regieregeln würde sich niemals eine andere Bühne ungestraft erlauben dürfen. Wir haben jetzt schon Parsifal-Aufführungen in Amerika zu verzeichnen, die von Sachverständigen höher ein geschätzt wurden, als die besten Bahreuthcr. Es kommt dann noch hinzu, datz von durchaus zuverlässiger Seite darauf hin gewiesen worden ist, Parsifal sei gar nicht das begehrteste Bühnenwerk Wagners; Besteller auf Karlen zu dem vier Abende umfassenden Ring der Nibelungen wurden abgewiesen, ihnen aber Bewilligung zugesagt, wenn sie noch eine Parsifal- Aufführung mit in den Kauf nähmen. Wenn also die Bahreuther Schutztruppe weiter keine Gründe als die von mir angeführten ins Feld führen kann, dann könnte freilich die Redaktion des Börsenblatts mit ihrem Sturm im Wasserglas recht haben. Dann würde es auch nicht viel nützen, wenn der Vorschlag eines ebenso eifrigen wie naiven Monopol-Vertreters zur Tat würde, die Reichstags mitglieder mit Freibilletts (und Reisekosten?) für die Bah reuther Bestrebungen zu gewinnen. Die Herren vom Reichs tag gehören in musikalischer Beziehung Wohl ausnahmslos, ohne ihre politische Farbe'hier'verwischen zu* wollen, zur Fraktion Wilhelm Busch mit dem Leitmotiv: »Musik wird oft nicht schön gefunden, Weil sie stets mit Geräusch verbunden.« Ernst Challier oon.-Gietzen. Wie ein Buch entsteht. Von Arthur W. Anaer, k. k. Professor in Wien. (»Aus Natur und Geisteswelt«. Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Dar stellungen aus allen Gebieten des Wissens. 175. Band.) Verlag von B. G. T e u b n e r in L e i p z i g. 3. Auf lage. Mit 8 Tafeln und 26 Abbildungen im Text. 8°. 1912. Geh. ^ 1.—, in Leinwand geb. ^ 1.25 ord. Je mehr die Freude am Besitz des Buches wächst und die richtige Einschätzung seines Wertes dem Menschen be wußt wird, desto größer wird das allgemeine Interesse an den bedeutsamen technischen Grundlagen der Buchherstellung und das Verständnis für die äußere Ausstattung und Qualität eines Schriftwerkes. Wenn das im Rahmen der bekannten Sammlung Aus Natur und G e i st e s w e l t bei Teubner erschienene Ungersche Kompendium »Wie ein Buch entsteht« innerhalb eines verhältnismäßig kleinen Zeitraumes bereits die 3. Auflage erlebt hat, so ist dieser Erfolg allerdings nicht allein dem zeit gemäßen Gegenstände, sondern in besonderem Maße auch der Art seiner Behandlung zuzuschreiben. Klar und verständlich von einem Fachmann geschrieben, der alle in Frage kommenden Ge biete beherrscht, beginnt es mit einer kurzgefaßten Einleitung über die Geschichte des Buches und begleitet dieses sodann auf allen Etappen seiner Entstehung, um dadurch einen Überblick über die Anwendung der verschiedenen graphischen Techniken, über die vielfach verwickelten, bei der Herstellung des Buches in Betracht kommenden Vorgänge, die Herstellung des Satzes und der Illustrationen, den Druck, die Papiererzeugung und die Buch binderei, und schließlich auch über den Büchervertrieb zu geben. Mittels eines reichen, praktisch und sinnreich angeordneten An schauungsmaterials wird die Kenntnis der wichtigsten Papier sorten, .der geläufigsten Druckschriften, der verschiedenen Repro duktionsverfahren usw. vermittelt. Ich wüßte kaum ein Buch, das wie dieses, seinen rein praktischen Zweck innerhalb eines so kleinen Rahmens in so umfassender Weise zu erfüllen vermöchte. Insofern wird es auch dem Buchhändler, der auf den Grenzgebieten seines Berufes des theoretischen Wissens nicht entbehren kann, stets ein willkommener und brauchbarer Ratgeber bleiben. I.. Kleine Mitteilungen. Denkschriften für den Reichstag. — Abgesehen von den üblichen alljübrlich wiederkehrenden Denkschriften werden nach stehende Denkschriften für den Reichstag schon jetzt offiziös ange- kündigt: eine von der Militärverwaltung in Arbeit genommene Denkschrift über das Zulagewesen im Heere, eine Denkschrift über die Abonnentenversicherung bei Zeitungen, sowie eine Denkschrift über das Erbbaurecht. Zar Vedeutuna des HaadfertigkeitSunterrichtS in den Schulen. — Der Minister der geistlichen usw. Angelegenheiten in Preußen hat in einem Erlaß vom 26. Juni d. I. an die Regierungspräsidenten, Landräte und Bürgermeister auf die Bedeutung de- Handfertigkeitsunterrichts insbesondere auch für die Zwecke der Jugendpflege hingewiesen und ihm nachstehende Begründung beigegeben (abgedruckt im Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen 1912, Heft 81» Folgende Gründe lassen für die Handels- und Gewerbe verwaltung eine Förderung des Handfertigkeitsunterrichtes in den allgemeinbildenden Schulen, besonders in den Volksschulen, als wichtig erscheinen. Die Umbildung des gesamten Wirtschaftslebens im letzten Jahrhundert hat für einen großen Teil der Heranwachsenden Jugend die Voraussetzungen für die spätere Berufserziehung vollständig verschoben. In bäuerlichen Verhältnissen lernt der junge Mensch noch heute das Beste für seinen Lebensberuf dadurch, daß er von Jugend auf den Erwachsenen zur Hand geht; auch in der kleinen und mittleren Stadt hat das Kind Gelegen heit, bei der Arbeit der Erwachsenen zu helfen, sie zum mindesten durch eigene Anschauung genau kennen zu lernen. Anders liegen die Verhältnisse in der Großstadt. Gütererzeugung und Güter- verbrauch sind räumlich meist völlig getrennt. Zwischen dem Leben der Arbeitsstätte und dem der Familie besteht in der Regel kein anderer Zusammenhang als der Geldlohn. Dem Kinde bleibt die Arbeit des Vaters und vielfach auch der Mutter unbekannt und unverständlich. Eine planmäßige Beschäftigung innerhalb der engen Wohnung ist meist unmöglich. Auch für genügende Spielplätze ist nur ausnahmsweise gesorgt. So bleibt nichts übrig als die Straße, die gewiß viel Anregung und Zer streuung bietet, aber nicht der Platz für eine geregelte körperliche Betätigung ist. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse lassen es uns als notwendig erscheinen, daß soweit als möglich die Schule das übernimmt, was Familie und Haus in ^der Regel nicht mehr leisten und nicht zu leisten vermögen. Das; einem beträchtlichen Teile der Großstadtjugend die planmäßige Anleitung zur körperlichen Erziehung fehlt, die