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2172 Nichtamtlicher Theil. 127, 3. Juni. zu nennen ist, so dürfte dies nicht in letzter Reihe seinen Grund darin haben, daß noch keine Bibliographie existirte, welche allen An forderungen des Sammlers gerecht wurde. Dem ist nun abgeholfen, und unter den schönen Gaben, welche die Verlagshandlung in ihrer „National-Bibliothek" dem deutschen Volke bringt, ist die neue Lessing-Ausgabe und die in ihr enthaltene „Lessing-Bibliothek" sicherlich eine der schönsten und werthvollsten. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, daß der von Hrn. Redlich unternommene Versuch: in ähnlicher Weise die Ausgaben der Lessing'schen Schriften zu ver zeichnen, wie Hirzel die Goethe'schen und Trömel die Schiller'schen Werke katalogisirten, durchaus gelungen genannt werden darf, und daß wir in der vorliegenden Arbeit einen ebenso trefflichen und zuver- lässigen Führer für die Lessing-Bibliographie erhalten haben, wie wir an Hirzel's und Trömel's Verzeichnissen für die Goethe- und Schiller- Bibliographie besitzen. Wie die letzterenSammler hat auch Redlich die allein zulässige chronologische Anordnung gewählt, die dadurch jedoch noch übersichtlicher als bei jenen geworden ist, daß die Titel der jenigen Bücher, welche erste Drucke Lessing'scher Schriften enthalten, durch größere Schrift hervorgehoben sind. Nachdrucke (mit Ausnahme einiger literarisch interessanten) und Uebersetzungen sind grundsätz lich ausgeschlossen worden; ebenso alle Erklärungsschriften, sofern sie nicht Bereicherungen des Lessing'schen Textes enthalten, und sämmt- liche Wiederabdrucke einzelner Stücke, die später als Maltzahn's Ausgabe erschienen sind. Als besonderes Verdienst der Arbeit kann die genaue Aufzählung der Abweichungen bezeichnet werden, welche die verschiedenen Drucke der ersten sechsbändigen Ausgabe von Lessing's Schriften (Berlin 1753—55, Voß) besitzen. So existiren von den ersten vier Theilen (1753. 54) drei, von den letzten beiden (1755) zwei verschiedene Drucke mit derselben Jahreszahl auf dem Titel, und ein vollständiges Exemplar des ersten Druckes dürste nach den von Redlich angegebenen Unterscheidungsmerkmalen wohl wesentlich schwieriger zu erlangen sein, als es seither die Ankün digungen in Antiquarkatalogen glauben machten. Allen Buchhändlern, insbesondere den Antiquaren kann dieser praktische Leitfaden durch die reiche Lessing-Literatur aufs wärmste empfohlen werden. Miscellen. Traurig! — Hr. F. A. Brockhaus in Leipzig wird in Nr. 112 des Börsenblattes in dem Artikel „Für Herrn Klasing" unter den Verlegern genannt, die gegen die Schleuderei im Sorti ment Front machen könnten. Dem Hrn. Verfasser ist jedenfalls nicht bekannt, daß diese alte, berühmte Firma den Mitgliedern des Spar und Vorschuß-Vereins für die Beamten der Post- und Telegraphen- Verwaltung das kleineBrockhaus'scheLexikonmit fünfzig Procent Rabatt liefert. Der Sortimenter erhält bekanntlich 40H>, und nur bei Bezug von 100 Exemplaren 50Ä, Rabatt. — Nun Ihr Herren Collegen vom Sortiment: ist dies nicht traurig? K. Entgegnung. — Die vorstehend mitgetheilte Thatsache ist in sofern unrichtig, als ich die dritte Auflage meines „Kleinen Conver- sations-Lexikon" durchaus nicht den einzelnen Mitgliedern des ge nannten Spar- und Vorschußvereins liefere, weder mit 50H, noch mit einem geringeren Rabatt, wie ich überhaupt alle directen Bestellungen auf meine Verlagsartikel, wo es irgend thunlich, Sor timentshandlungen überweise. Allerdings aber habe ich mich bereit erklärt, der Oberpostdirection in Leipzig zum Behufe einer unter den Mitgliedern jenes Vereins einzuleitenden Subscription auf das Werk Exemplare desselben direct zu liefern und zwar mit dem für den Sortimentsbuchhandel schon bei Bezug von 100 Exemplaren (der bei jener Subscription natürlich weit überschritten werden dürste) geltenden Rabatt von 50°/b- Ob die betreffende Oberpostdirection diesen Rabatt den Mitgliedern jenes Vereins ganz oder nur teil weise zukommen läßt, weiß ich nicht und berührt mich nicht. — So vollständig ich es als eine Pflicht des Verlegers anerkenne, den Sor timenter in dessen Verwendung für einen Verlagsartikel zu unter stützen und nicht durch directes Liefern an das Publicum mit hohem Rabatt zu beeinträchtigen — eine Pflicht, die ich mir bewußt bin stets auf das gewissenhafteste erfüllt zu haben —, so muß ich anderer seits dem Verleger doch unbedingt das Recht wahren, bei für Massen vertrieb geeigneten und einen solchen bedingenden, wegen ihrer großen Billigkeit erst spät Gewinn bringenden Verlagsartikeln auch Absatzgebiete aufzusuchen und Absatzformen zu wählen, die dem Sortimenter gar nicht oder größtentheils nicht zugänglich sind. Dies habe ich bei der neuen Auflage meines „Kleinen Conversations- Lexikon" gethan, durch Aussendung von Reisenden, durch Einleitung von Subscriptionen rc., und die oft sehr erfreulichen Resultate dieser mühsamen und kostspieligen Extramanipulationen Sortimentshand lungen überwiesen. Im vorliegenden Fall, der Leipziger Oberpost direction gegenüber, war dies nicht ausführbar, da von derselben jener hohe Rabatt beansprucht und zur Bedingung ihres Eingehens auf eine derartige Subscription gemacht wurde. Auch ist es ganz unzweifelhaft, daß die große Mehrzahl der betreffenden Subscribenten ohne eine solche directe Veranlassung und ohne die ihnen von ihrer Behörde gebotenen Vortheile sich das Werk niemals angeschafft hätten. — Nachdieseroffenen Darlegung zweifle ich nicht,daß die großeMehr- zahl der Sortimentshandlungen das von dem Einsender gerügte Verfahren ganz gerechtfertigt finden und in keiner Weise als in das Gebiet der „Schleuderei" gehörig betrachten wird. Auch ich bin von jeher ein Feind der Schleuderei gewesen und habe von derselben als Verleger wie für mein Sortiment und Antiquarium — fortwäh rend empfindlich zu leiden, sodaß ich mich an einem gemeinsamen rationellen Vorgehen gegen dieselbe mit Freuden betheiligen würde. Daß ich das Interesse des Sortimentsbuchhandels als ein mit dem des Verlegers gemeinsames betrachte und deshalb durch die günstig sten Bezugsbedingungen zu fördern suche, glaube ich auch bei diesem Unternehmen bewiesen zu haben, und benutze gern diese Gelegenheit, den vielen Handlungen, die demselben ihre lebhafte Theilnahme ge schenkt haben, für ihre Verwendung aufrichtigen Dank auszusprechen. Leipzig, 23. Mai 1878. F. A. Brockhaus. Wie man in England Verleger unsittlich er Schriften straft. — Unlängst kam ein Verdict der Jury gegen einen Verleger zu Stande, der unter dem unverfänglichen Titel „Moral-Physiologie, eine Untersuchung der Bevölkerungsfrage" eine Schandschrift ver öffentlicht hatte. Verfasser war ein gewisser Robert Dale Owen. Die Geschwornenbank des „Central-Criminalgerichts" in London erklärte den Angeklagten des ihm beigemessenen Vergehens schuldig, und der Richter bemaß darauf die Strafe auf vier Monate Gefäng- niß ohne harte Arbeit und 50 Pfd. Sterling (1000 Mark) Brüche. — Die Verfolgung geschah aus Antrag eines Vereins zum Schutze der Sitte, oder wie er sich nennt, „zur Unterdrückung des Lasters". (Lpzg. Tgbl.) Soeben hat die Pariser Akademie Hrn. MackenzieWallace für sein Werk über Rußland den Langlois-Prcis (1500 Frcs.) verliehen. Die französische, von Henri Bellenger besorgte Ausgabe erschien bei Dreyfous in Paris. Das Buch hat einen seltenen Er folg gehabt. Trotz des Preises von 1 4 st», wurden in England sechs starke Auflagen abgesetzt; es erschienen außerdem: eine ameri kanische, eine schwedische, eine italienische, eine ungarische und eine dänische Ausgabe. Erst jetzt verlautet, daß von der Verlagsbuch handlung Carl Röttger in St. Petersburg eine autorisirte Ueber- setzung für das deutsche Publicum vorbereitet wird.