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1S7, 9. Juli 1908. Nichtamtlicher Teil. «örsendlLtt s. d. Dlschn. «uchhandkl. 7477 als Neklameartikel für ein Buch noch vor dem Erscheinen an besonders gelesene Zeitungen, damit von vornherein die Auf merksamkeit des Leserkreises auf das Buch gelenkt werde. In wieweit sie dazu ohne besondere Abmachung mit dem Autor be rechtigt sind, ist Tatfrage. Zu entscheiden ist für die Zulässig keit, wenn der zum kostenfreien Abdruck verwandte Aushängebogen sich im Rahmen der für die vertragsmäßige Verbreitung unum gänglichen, üblichen und deshalb zulässigen Reklame hält. Un zulässig wäre es zum Beispiel, bei der Edition eines freien Schrift stellers die ganze Einleitung des Herausgebers, dessen einziges Originalwerk an der ganzen Herausgabe, zum Abdruck als Aus hängebogen zu versenden. Anderer Ansicht ist Voigtländer All Nr. 3 l>, der stets Zustimmung des Verfassers fordert. Berechtigt auf alle Fälle sind Aushängebogen natürlich auch mit Genehmigung des Verfassers, oder wenn der Verleger das Werk mit allen Rechten erworben hat, endlich, wenn das Werk auf Grund eines Werkvertrages hergestellt ist. Nicht in den Rahmen dieses Aufsatzes fallend ist die Frage nach der Zulässigkeit des Teilabdruckes von Zeitungsartikeln. Dar über entscheidet der K 18 des Urheberrechtsgesetzes. Bemerkt sei nur, daß Nachdruck von Zeitungskritiken auch ohne Vorbehalt der Rechte stets strafbaren Abdruck darstellt, selbst wenn der nach gedruckte Artikel selbst nicht strafbar ist. Denn Kritiken, die sich im zulässigen Rahmen halten, stellen zweifellos Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen oder unterhaltenden Inhaltes dar. Ausgenommen könnten vielleicht Kritiken über Werke der Kol portage oder der Tagessensation sein, deren Besprechung unter Umständen eine vermischte Nachricht tatsächlichen Inhaltes dar stellen möchte, deren Nachdruck frei ist. (Ganz anders Allfeld, Deutsche Juristenzeitung 1908 Nr. 9, Seite 527.) A. Praktisch wichtig ist die Frage des Nachdrucks von Zitaten in Titeln. Dabei ist zu unterscheiden, ob das nachgedruckte Zitat selbst Titelinschrift war oder nicht. Wenn ich ein Titelzitat im Titel Nachdrucke, — beispielsweise veröffentlicht ein Autor einen Roman unter dem zum Zitat gewordenen Titel „Briefe, die ihn nicht erreichten" —, so liegt zwar kein Nachdruck vor, wohl aber ein Vergehen gegen § 8 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs; denn es wird hier die besondere Bezeichnung einer Druckschrift in einer Weise, die geeignet und offensichtlich auch darauf berechnet ist, Verwechslungen hervorzurufen, nachgeahmt (vrgl. hierzu Reichsgericht 2. IV. 1884, Entscheidungen in Zivil sachen, Band 12, Seite 113 folg., und Daude, Gutachten S. 42). In ähnlicher Weise hat das Reichsgericht s2. Zivilsenats diese Frage in bezug auf den Titel „Sherlock Holmes" entschieden (vrgl. Vossische Zeitung Nr. 144, 1908, vom 25. März, Abend ausgabe). Benutze ich dagegen ein bisher nicht Titel gewesenes Zitat zur Bezeichnung eines neuen Werkes, so liegt Nachdruck nicht vor, denn es ist ja nur ein unverhältnismäßig geringfügiger Teil eines fremden Geistesprodnktes vor eine ganz fremde Schrift gesetzt, die einen ganz anderen Inhalt und eine ganz andere Form trägt; ebensowenig natürlich unlauterer Wettbewerb, denn es fehlt das Nachahmungsobjekt und die Vorspiegelung, das Nachahmungsobjekt zu sein. ll. Hervorzuheben ist noch, daß der Urheber das Recht hat, sich selbst zu kritisieren (Waschzettel) und in einem neuen Werke zu zitieren (K 2 I des Verlagsgesetzes). IN. Zitate aus unveröffentlichten Manuskripten sind stets verboten (vrgl. Reichsgericht im Buchhändler-Börsenblatt 2. X. 06, Seite 9513). Der Vortrag eines Werkes, einer Rede usw. ge nügt also nicht, sie müssen erschienen sein. IV. Selbstverständlich ist beim Zitat die Quelle deutlich an zugeben (tz 25 des Urheberrechtsgesetzes), auch wenn man sich aus Werken, die in anderem Verlage erschienen sind, selbst zitiert. Im Zuwiderhandlungsfalle tritt die Strafe aus 8 44 des Ur- Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. Heberrechtsgesetzes (150 Geldstrafe; Strafverfolgung nur auf Antrag) ein. V. Für das Gebiet des Kunstschutzgesetzes bestehen Vor- chriften über Zitate nicht. Gleichwohl ist es denkbar, daß ich beispielsweise bei einem Kupferstich bestimmte Teile einer ge- chützten Photographie zitiere, indem ich sie entlehne. Ebenso wird man bei Bauwerken Anklänge, ja Nachahmungen anderer geschützten Bauwerke, also gewissermaßen Zitate finden. Da im Bereich des Kunstschutzgesetzes irgendwelche Vorschriften, welche die Entlehnung kleinerer Partien gestatten, fehlen, so muß man Zitate im vorbezeichneten Sinne allgemein für unzulässig erklären. Diesem Gedanken scheint der Z 26 des Kunstschutzgesetzes Ausdruck zu leihen, der Vervielfältigungen usw. unter Verletzung der aus- chließlichen Befugnisse des Verfassers selbst dann für rechtswidrig erklärt, wenn das Werk nur zu einem Teile vervielfältigt, ver breitet oder vorgeführt wird. Ich bemerke hierzu, daß die Nachahmung oder teilweise Nachahmung von Bildern oder Statuen durch lebende Bilder auf der Bühne oder in Gesellschaftskreisen (Aufführung von Zitaten und Scharaden) nicht verboten ist, da das Zurschaustellen kein Vervielfältigen, gewerbsmäßiges Verbreiten oder Vorführen mittels mechanischer oder optischer Einrichtungen im Sinne des Kunstschutzgesetzes (Z 15) ist. Eine Ausnahme machen wiederum Bildnisse, die nicht öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. 6. Die Aufnahme. I. Die Aufnahme im Gegensatz zum Zitat ist die erweiterte Anführung von Stellen eines bereits erschienenen fremden Werkes in einer selbständigen literarischen oder wissenschaftlichen Arbeit oder Sammlung mit dem Zweck, eigene Erörterungen daran zu nüpfen oder der Erläuterung, Sammlung, Sichtung, Veranschau lichung des Materials zu dienen. Der Unterschied vom Zitat ist also wesentlich ein quantitativer. H. Über die Zulässigkeit von Aufnahmen finden sich folgende, genaue, gesetzliche Bestimmungen: u. Erlaubt ist die Aufnahme einzelner Stellen oder kleinerer Teile eines Schriftwerkes, eines Vortrages oder einer Rede nach der Veröffentlichung in eine selbständige literarische Arbeit (Z 19 Ziffer 1 des Urheberrechtsgesetzes), ferner die Aufnahme einzelner Stellen eines bereits erschienenen Werkes der Tonkunst in eine selbständige literarische Arbeit (Z 21 Ziffer 1 des Urhebcrrechts- gesetzes). In beiden Fällen deckt sich die Zulässigkeit der Auf nahme mit der Zitationserlaubnis. Diese Fälle der Aufnahme sind nach dem Sprach- und Lebensgebrauch Zitate. I>) Erlaubt ist die Aufnahme einzelner Aufsätze von ge ringem Unfange oder einzelner Gedichte nach dem Erscheinen in eine selbständige wissenschaftliche Arbeit, ferner die Aufnahme kleinerer Kompositionen nach dem Erscheinen in eine selbständige wissenschaftliche Arbeit (Z 21 Ziffer 2 des Urheberrechtsgesetzes). Hier ist im Gegensatz zu Nr. I. die Wissenschaftlichkeit der Arbeit Bedingung für die Erlaubnis der Aufnahme. Was unter Selbständigkeit der Arbeit zu verstehen ist, hat das Reichsgericht am 2. XI. 1904 (Droit ä'autsur 1905 S. 98) eingehend ausgeführt. Ich verweise auf das Zitat im Buchhändlerbörscublatt Nr. 302 vom 30. XII. 1907 S. 14030. e. Erlaubt ist die Ausnahme einzelner Gedichte nach dem Erscheinen in eine Sammlung, welche die Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach zur Benutzung bei Gesangvorträgen (wenn auch nicht ausschließ lich) bestimmt ist (8 19 Ziffer 3 des Urheberrechtsgesetzes) — Gesangbücher —, ferner die Aufnahme von einzelnen Aufsätzen geringeren Umfanges, einzelnen Gedichten oder kleineren Teilen eines Schrift werkes nach dem Erscheinen in eine Sammlung, welche Werke 974