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vorwiegend auf illustrativem Gebiete bewegen sollte. Dieses selb ständige Geschäft errichtete er in Leipzig am 31. März 1847. Dem Auge der Zeit folgend, umfaßte der Verlag anfangs zum großen Theil Schriften und Flugschriften politischen Inhalts. Die bald darauf ausbrechenden Stürme einer gewaltig erregten Zeit rüttelten auch an unserm jungen Geschäftshause, und die Wind stille der trägen Reactionszeit, die nun folgte, schien wenig geeignet, das ins Stocken geratene Fahrzeug wieder flott zu machen. Dennoch verlor der Steuermann den Muth nicht,-und,nachdem diese Krisis einmal überwunden war, nahm das Geschäft einen raschen, stets wachsenden Aufschwung. Sehr richtig hatte Spamer erkannt, daß bei uns in Deutschland die Literatur, aus der die große Masse des Volkes und die Jugend ihre geistige Nahrung zog, mit dem beflügelten Fortgange der Wis senschaft, mit den gewaltigen Entdeckungen und Errungenschaften auf allen Gebieten modernen Lebens und Schaffens nicht gleichen Schritt gehalten hatte. Auf diesem Gebiete fördernd und bessernd aufzutreten, hielt er sich für berufen. Vor allem galt es, die reichen Schätze geistiger und sittlicher Bildung, welche die heutige Wissen schaft in harter Arbeit angcsammelt, für die Jugend zu heben, sie dieser durch anschauliche und gefällige Darstellung zuzuführen und zu diesem Zwecke die illustrirenden Künste in ausgiebigster Weise heranzuziehen. Der durchschlagende Erfolg einiger Lehr- und Hand bücher (wie Rothschilds „Taschenbuch für Kaufleute" und andere) bot die Mittel zu einem umfassender» Vorgehen in dieser Richtung. Statt der gewöhnlichen, nur spärlich und mehr zum Schmucke als zur Verdeutlichung mit Abbildungen versehenen Unterhaltungs- lectüre, die bis dahin gepflegt worden war, brachten die Spamer'- schen Publicationen eine Fülle belehrenden Stoffes, veranschaulicht durch sauber ausgeführte, zum Texte in engste Beziehung gesetzte Holzschnittillustrationen. Mit dem Reichthume des Inhalts und der anregenden Darstellung, die den Ergebnissen der strengen Forschung ein freundliches Gesicht zu leihen suchte, wetteiferte die äußere Aus stattung, die durch ihre Eleganz anzog, während der verhältnißmäßig billige Preis diesen Werken den Weg in die weitesten Kreise bahnte. Diese Richtung verfolgte zunächst seine „Neue Jugend- und Hausbibliothek", eine größere Sammlung von Jugendschriften, welche sich in planmäßiger Wahl und Folge über die verschiedensten Fächer des Wissens verbreitete. Nebenher ging eine Reihe unterhaltend belehrender Volksschriften zur Fortbildung der Erwachsenen unter dem Titel „Malerische Feierstunden" („Länder- und Völkerkunde", „Buch der Reisen", populäre Lehrbücher über Astronomie, Geologie, Zoologie, Botanik und andere Gebiete der Naturwissenschaft). Hieran reihten sich umfassendere Fachschriften, wie „Die Schule der Bau kunst", ein Werk von etwa 20 Bänden, das der Vollendung nahe ist, ferner eine größere Anzahl von Lehr- und Hilfsmitteln für den kaufmännischen Beruf („Rcchenkunde", „Verkehrsmittel", „Volks- wirthschaftslehre") w. Im Laufe der Zeit gelang es, aus den erwähnten Serien größere Prachtwcrke herauszubilden, wie „Das Buch der Erfin dungen", das bereits sechs Auflagen erlebte, „Das Buch berühmter Kaufleute", an dessen Abfassung der Verleger selbst einen großen Antheil hatte, u. a. m. In neuester Zeit hat sich der Verlag der lexikalischen Richtung zugewandt. Dem „Jllustrirten Baulexikon", das gegenwärtig in dritter Auflage erscheint, folgte seit 1869 ein „Jllustrirtcs Conver- sations-Lerikon", das die Methode der vergleichenden Darstellung durch Wort und Bild consequent durchzuführen sucht; ein „Jllu- strirtes Lexikon der Archäologie" ist in Vorbereitung. Nur in Kürze sei schließlich der großen Reihe patriotischer Volksbücher gedacht, durch welche die Verlagshandlurrg nicht wenig zur Hebung des na tionalen Sinnes und des Interesses für die vaterländische Geschichte beigetragen hat. Schon diese flüchtige Skizze zeigt, welch eine reiche und gemein nützige Thätigkeit diese Verlagshandlung in dem abgelaufenen ersten Vierteljahrhundert entfaltet hat. Möge es ihrem unermüdlichen Be gründer und Leiter beschieden sein, auf dem mit so vielem Glück von ihm angebauten Felde noch recht lange zum Frommen unsers Volkes und zur Freude unserer Jugend zu wirken! Auf diese Miltheilungen der Deutschen Allgemeinen Zeitung lassen wir nun noch nachstehenden Bericht des hiesigen Tageblattes über den Verlauf der Festfeier folgen: „Am Morgen des Jubeltages begab sich eine Deputation des Spamer'schen Geschäfts- und Redactionspersonals in die Wohnung ihres Chefs, um diesen im Namen der College» zu beglückwünschen. Als Festgabe wurde ein vom Maler Kirchhof ausgeführtes Aqua rellbild überreicht, welches das Arbeitszimmer Otto Spamer's, die Wiege so manches glücklichen Verlagsgedankens, charakteristisch und in sauber», freundlich ansprechenden Zügen darstellt. Ein gemüth- volles Widmungsgedicht, verfaßt und vorgetragen von Heinrich Pfeil, erhöhte die Feierlichkeit dieses Actes. Der Jubilar dankte in bewegten Worten, erklärte, daß er seine Schwiegersöhne, Or. Max Lange und Richard Oberländer, mit dem heutigen Tage auch nomi nell als Procuraführer in sein Geschäft ausgenommen habe, und theilte mit, daß er zum Dank für die eifrigen Dienste, durch die er sich seinen treuen Mitarbeitern verpflichtet fühle, sich entschlossen habe, künftighin das Geschäftspersonal am Reingewinn bedeutender und gewinnbringender Unternehmungen bis zu einem gewissen Pro centsatz (10U,) theilnehmcn zu lassen. In diesem Sinne soll schon jetzt eine namhafte Summe (als entsprechender Antheil an dem zu erhoffenden Reingewinn des in neuer Auflage erscheinenden »Buchs der Erfindungen«) zur Vertheilung gelangen, und zwar an die über 3 Jahre im Geschäft thätigen Mitarbeiter und Gehilfen des Comptoirs, des Nedactionsbureaus, der Artistischen Anstalt und der Buchbinderei. Bei der Vertheilung sollen allein maßgebend sein ehrenhafte Führung, langjährige treue Dienste, Anhänglichkeit an das Geschäft, keineswegs höhere Stellung oder höheres Gehalt; doch können auch höhere Sätze solchen Kollegen zuerkannt werden, Welchen die allgemeine Liebe und Achtung sich zuwendet. — Wenn man bedenkt, daß kaum bei einem andern Geschäft der Gewinn sich schwerer berechnen läßt als beim Buchhandel, wenn man die schwie rigen Abrechnungsverhältnisse crwägl, die gerade dieser Beruf mit sich führt, so verdient der edle Entschluß des Jubilars doppelte An erkennung. Wir begrüßen denselben freudig als einen praktischen Beitrag zur Lösung der socialen Frage und wünschen, daß das hier gegebene Beispiel recht vielseitige 'Nachahmung finden möge. — Der Abend vereinigte einen Kreis von Mitarbeitern und Freunden mit ihren Familien zu fröhlicher Geselligkeit im Hause des Jubilars. Ein mit vielem Geschick inscenirtes Festspiel führte in sinnigen alle gorischen Gestalten, die in prächtigen Kostümen über die Bühne schritten, die volksbildenden Leistungen des Spamer'schen Verlags vor. Am Schluß wurde dem Jubilar ein silberner Lorbeerkranz überreicht, auf dessen Blättern die Titel der Haupt-Werke eingravirt waren. Nicht minder wirkungsvoll waren die lebenden Bilder, Welche das jüngste Kind des Verlages, das »Jllustrirte Märchenbuch« sinnbildlich feierten. Ein von den Klangen der Musik begleiteter und durch manch kräftiges Wort gewürzter Fcstschmaus folgte, und während die jüngere Welt sich den Freuden des Tanzes ergab, rück ten die älteren Festgenossen dichter zusammen, um zu Ehren des- Tages dem Bacchus die gebührenden Spenden darzubringen."