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658 Nichtamtlicher Thcil. 43, 2t. Februar. Hinblick auf den Umfang der Anlage von der Energie der Besitzer, wie der mit der Ausführung beauftragten Techniker das günstigste Zeugniß ablegt. Die Fabrik besteht ans zwei Hauptgebäuden, einem Dampfmaschinenhaus und sechs Nebengebäuden, mit Einschluß des Wohnhauses des Directors. Die beiden Hauptgebäude, wovon das eine zwei Stockweike hoch, haben eine Länge von je 300 Fuß, und das höhere 96 Fuß, das andere 52 Fuß Tiefe. — In dem Papicr- maschinen-Saal, welcher sein Licht durch 19 Bogenfenster von 16 Fuß Höhe und 9 Fuß Breite erhält und in der Länge 150, in der Breite 52 und in der Höhe 30 Fuß mißt, arbeiten: n) eine deutsche Papiermaschine, welche täglich 18 Centncr 40 Zoll breites Papier liefert; b) eine englische Donkin'sche Papiermaschine, mit doppeltem Reinigungs-Apparat, mit einer täglichen Production von 48 Ceut- ncr und einer Papierbreitc von 60Zoll, und e) eine Riesen-Papier- maschine, versehen mit Vorrichtung für animalische Leimung, aus der Fabrik von Bertram L Sohn in Edinburg. Dieselbe arbeitet 100 Zoll breites Papier und ihre Leistung würde unter gewissen Voraussetzungen auf circa 170 Ccntner oder 2 l00 Ries gewöhn lichen Schreibpapiers pro Tag angeschlagen werden dürfen. In Wirklichkeit haben bisjetzt einzelneTagewerke die Höhe von 150Cent- ner erreicht. — In dem Compler der Fabrik sind 400 männliche und weibliche Arbeiter beschäftigt. Das Interesse derselben für ihre Arbeit und somit auch für das Geschäft wird von Seilen der Eigen- thümer durch Gewährung von Tantiemen, durch freie Wohnung oder andere Begünstigungen rege gehalten." Die zweite große Anlage des Hauses Flinsch besteht in der Umgestaltung der ererbten väterlichen Papiermühle zu Blanken berg zu einer ebenfalls großartigen Maschinen-Papierfabrik, die im Jahre 1843 mit aller Energie und in Anwendung der neuesten und bewährtesten Verbesserungen in der Maschinen-Papierfabrikation zur Ausführung kam, so daß schon im folgenden Jahre die Fabrik im vollkommensten Betriebe stand und die ehrendsten Anerkennungen ihrer Leistungen fand. „Die Bestellungen wuchsen jedoch", so schreibt Hr. Süs, „bald in einer Weise, daß das Haus mit den be stehenden Bauten und Wasserkräften nicht mehr ausreichtc. Es wurde das unterhalb der Fabrik an der Saale gelegene ehemalige Gcier'sche Hammerwerk angekauft und daselbst ein stattliches Hilfs- Werk mit zwei Turbinen, die ersten, welche in weitem Umkreise ange legt sind, zum Betriebe einer Anzahl Halbzeug-Holländer aufgeführt. Aber auch diese Erweiterung konnte mit dem fortschreitenden Wachs thum des Papierbedürfnisses nicht lange gleichen Schritt halten. Im Jahre 1860 mußte zu neuen Bauten geschritten werden, wenn anders die regelmäßigen Bestellungen der Geschäftsfreunde befrie digt werden sollten. Nachdem durch rationellere Leitung des Was sergrabens die vorhandene Kraft auf ihren Höhepunkt gebracht, wurden zur Begegnung aller Wechselstelle gleichzeitig Dampfmaschi nen zum Betriebe der eigentlichen Papiermaschine sowohl, als auch der Holländer eingesührt, und arbeitet die Fabrik jetzt mit vierzehn Holländern. Zur Gewinnung der erforderlichen vergrößerten Ar beitssäle erhöhte man das Fabrikgebäude in seiner ganzen Ausdeh nung um ein Stockwerk. — Die Papiermaschine arbeitet 60 Zoll breit und liefert per Tag durchschnittlich 30 bis 36 Eentner Papier, oder 300 bis 360 Nies gewöhnlichen Schreibpapierformates. Eine sehr gut evnstruirte Schneidemaschine zerlegt das Papier in die ge forderten Formate. Ein Aufzug führt es dann in den Papiersaal, wo cs sortirt und je nach Erforderniß vermittelst zwei cylindrischer Glättpressen bis zum höchsten Glanze salinirt wird. Durch hydrau- lischePressen von 2000 Eentner Druckkraft werden später die fertigen Papiere verpackt und die zu versendenden Päcke, wiederum auf einem Schienenwege, an die zur Beförderung bereitstehenden Frachtwagen geführt. — Gegen 100 Arbeiter finden in der Fabrik direct ihren Lebensunterhalt, und wir dürfen sämmtliche Einzelheiten der Fabrik als musterhaft betrachten, da sie von verschiedenen neueren Anlagen dieser Art mehr oder weniger zur Richtschnur genommen sind." Nicht unerwähnt dürfen wir hier den reichen Segen lassen, den die gewerb lichen Anlagen des Hauses Flinsch über das heimathliche Stamm dörfchen Blankenberg gebracht haben, sowohl indirect durch die emi nente Förderung des gewerblichen und Gemeindelcbens, wie auch direct durch unmittelbare reiche Opfer der Familie Flinsch für Hebung, des geistigen und religiösen Lebens in der zahlreicher ge wordenen Gemeinde, namentlich durch die überaus reichen Spenden für den Bau einer neuen Kirche; ein Verdienst, das auch vom König von Preußen durch die Verleihung des Rothen Adlerordens an den Chef des Hauses anerkannt wurde. Wir kommen nun zurdritten großen Anlage desHauses Flinsch, der großen Maschinen-Papierfabrik zu Freiburg i. B-, die Heinrich Flinsch 1852 zu einem Etablissement umgcstaltete, das nach dem com- petenten Urtheile des Hrn. Süs den ersten Rang unter allen Papier fabriken einnimmt. Der anziehenden eingänglichen Schilderung, welche derselbe von diesen Fabrikanlagen gibt, entnehmen wir als das Wesentlichste Folgendes: „Vieljährige Erfahrungen in eigenen und ausgedehnte Verbindungen mit den bedeutendsten Papierfabriken in ganz Deutschland setzten den Gründer in den Stand, für die Ein richtung derselben das Programm in der Weise festzustclle», wie cs die Bedürfnisse eines rationellen Betriebes erfordern. Der Maschi nenfabrik Carlsruhe, die zu jener Zeit noch unter der Leitung des Hrn. Emil von Keßler stand, wurde die Ausführung der ganzen mechanischen Einrichtung der Fabrik mit Ausnahme der Papier maschine, die Flinsch in dem berühmten Atelier der Hrn. Escher, Whß & Co. in Zürich bestellte, übertragen. Der damalige Constructeur der Maschinenfabrik Carlsruhe, Hr. Moritz Schröter, entwarf nach dem ihm vorgelegten Programm den Dispositionsplan für sämmtliche Arbeitsräumc und für die ganze Betriebseinrichtung des Gebäudes, letzteres aber wurde nach den Bauplänen des Hrn. Architekten F. Schneider in Frciburg von diesem ansgeführt. An dem Gewcrbe- kanal, der von dem Flusse Dreisam den Wasserwerken der Stadt Freiburg das erforderliche Betriebswasser znführt, besaß (wie schon erwähnt) Heinrich Flinsch seit dem Jahre 1844 bereits eine Papier fabrik, die er nach und nach so erweiterte, als es die disponible Wasserkraft erlaubte. Unmittelbar oberhalb dieser Fabrik befanden sich zwei Hammerschmieden, die Flinsch käuflich an sich brachte und durch Vereinigung der beiden Gefälle die für den Betrieb einer neuen Papierfabrik erforderliche Wasserkraft gewann, ca. 65 Pferde kraft, welche als genügend gefunden wurde, um neun Holländer sammt den nöthigen Hilfsmaschincn und eine Papiermaschine von der größten Breite gehörig zu betreiben. Die Niveauverhältnisse des Terrains führten zu der Vereinigung sämmtlicher Arbeitsräumc in einem einzigen Gebäude, welches parallel mit der längs dem Ge- wcrbekanal führenden Straße angelegt wurde. Den drei Haupt- stadicn der Fabrikation entsprechend ist das Gebäude in drei Theilcn angelegt, die bis unter das Dach von einander durch Mauern ge trennt, unter einander aber durch Gänge verbunden sind nnd so ein Ganzes bilden, in welchem die Aufsicht sehr leicht zu führen ist, in dem die Arbeiter der einzelnen Abtheilnngen nicht unbemerkt mit einander verkehren können, denn jede Abtheilung hat ihren eigenen Ausgang, Stiege und Abtritt. Der östliche Flügel, zwei Stockwerke hoch, 39,9 Meter lang und 16,5 Meter breit, enthält sämmtliche Räume, die zur Vorbereitung und Aufbewahrung der Hadern er forderlich sind. Der Mittelbau, drei Stockwerke hoch, 31,2 Meter lang und 17,4 Meter breit, enthält die Maschinen, mittelst welcher die Hadern in breiartigen Stoff verwandelt werden, und gleichzeitig auch die Räume zur Aufbewahrung dieses Halbfabrikats. Der westliche Flügel, zwei Stockwerke hoch, 39,9 Meter lang und 16,5 Meter breit, enthält die Maschine, auf der das Papier gemacht, und die Räume, in denen demselben die letzte Appretur gegeben wird. Der ganze Bau hat somit eine Länge von 111 Meter; er ist ganz