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Redaktioneller Teil. 50, 1. März 1916. tönte und ihn von seiner friedlichen Arbeit zu rauherem Handwerk rief. Wir wünschen Herrn von Gruchalla, an dem die Zentenarfeier seines Hauses ziemlich unbemerkt voriibergehen wird, eine gesunde Heimkehr zu weiterem ersprießlichen Wirken in Friedenszeiten! Auf ein 50jähriges Bestehen kann der Buch- und L a u d k a r t e u v e r l a g Alexius Kießling in Berlin znrückblicken. Der Gründer, Alexius Kießling, der seine Aus bildung in Berliner und Potsdamer Geschäften erhalten hatte, erwarb zunächst am 1. März 1866 einen Journallese-Zirkel, den er aber bald wieder aufgab, um trotz seiner beschei denen Mittel Verleger zu werden. Als Grundstock seines Ber lages erwarb er von dem Kartographen Delius dessen topographische Karte der Umgegend von Berlin ans 85 Quadratmeilen. Damit war Ziel und Richtung seiner verlegcrischen Tätigkeit gefunden, und, vom Glück begünstigt, schritt er auf der betretenen Bahn rüstig weiter. In rascher Folge erschienen Ubcrsichts- und Spezialkarten der wei teren Umgegend von Berlin, Karten der Provinz Brandenburg, Eisen bahnkarten von Deutschland, Pläne und Führer durch Berlin u. v. ä. Lin kleines Kursbuch: »Kießlings Berliner Berkehr« erschien zweimal im Jahre und erfreute sich bei der Berliner Bevölkerung großer Be liebtheit. Trotz des eng umschriebenen Gebietes seines Berlages er reichten seine Publikationen eine große Zahl, davon einige in hohen Auflagen. Nach 44jähriger buchhändlerischcr Tätigkeit trat Kießliny in den Ruhestand und übergab seinen Berlag seinem Schwieger sohn, Herrn Paul Machschefes, der ihn im Sinne seines inzwischen aus dem Leben geschiedenen Schwiegervaters weiterführt. Ebenfalls das 50jährige Jubiläum begeht am heutigen Tage die Firma Carl Brandes in Hannover, die als Buch-, Kunst-, Antiquariats- und Landkartenhandlung am 1. Mürz 1866 von Carl Brandes gegründet wurde. Mit Eifer und Fleiß führte er seine Handlung fast volle 29 Jahre, bis der Tod ihn am 2. Februar 1885 von seiner Lebensarbeit abrief. Da seine Kinder minderjährig waren, so übernahm seine Witwe Bertha, geb. Neuer die Handlung und leitete sie, unterstützt von einem erprobten Gehilfen, Carl Rath, dem sie Handlungsvollmacht erteilte. Am 1. März 1902 übernahm der Sohn das Erbe seines Vaters, dessen Namen er anch trägt. Herr Brandes ist zurzeit im Felde, ans dem er hoffentlich gesund zurück kehrt. Das 25jährige Jubiläum begeht heute die Firma Richard Matth es in Olsnitz (Erzgebirge), die 1891 von H. Sigling ge gründet und am 1. Juni 1913 von Richard Matthes übernommen wurde. Er firmierte zunächst H. Sigling Nachf., änderte aber im Jahre 1915 diese Firma in die seines Namens. Die Berliner Stadtbibliothck und die städtischen Bolksbibliothekcn im Kriege. - Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Benutzung der Berliner städtischen Büchereien während des Krieges nicht unerheblich znrückgcgangen, besonders seit dem Sommer 1915. Unmittelbar ans der Stadtbibliothek wurden im Etatsjahr 1914, das mit dem 1. April 1915 abschloß, und durch Vermittlung der Volksbibliothcken insgesamt 176 620 Bände nach Hause verliehen, gegen 200101 Bände im vorher gehenden Jahr. Zieht man dabei in Betracht, daß ein großer Teil der bisherigen Leser im Felde steht, so ist dieser Rückgang an sich nicht erheblich. Seitdem aber hat er wesentlich Angenommen. Aller dings hat sich trotz des Ernstes der Zeit das Bedürfnis nach ernster Lektüre nicht gehoben; cs werden vielmehr Bücher »leichteren« Inhalts bevorzugt — gleichsam als wolle der Leser wenigstens für ein paar Stunden die Sorgen des Alltags fliehen. Abgenommen hat das Ver langen nach fremdsprachiger Literatur und Übersetzungen — ein be sonderes Zeichen der Zeit. Auch die Benutzung des Lesesaals der Stadtbibliothek ist nicht mehr so rege wie früher. Im Etatsjahr 1914 auf 1915 wurde er von 98 862 Männern und 9103 Frauen, zusammen 107 965 Personen, besucht, was gegen das Vorjahr eine Zunahme von 2294 Lesern bedeutet. Durch Auslegung von Kriegskarten, Verlust listen, Kriegszcitungen und der neuesten Kriegsliteratur wurde das In teresse der Leser so sehr gefesselt, daß, besonders in den ersten Kriegs monaten, bevor die Einberufung weitere Kreise traf, kaum ein Platz im Saal unbesetzt blieb. Die Bcvölkerungszahl Berlins ist seitdem zurückgcgangen, Tausende von Männern und jungen Leuten stehen im Felde, und die lesenden Frauen sind durch häusliche Arbeit oder Be rufstätigkeit weit mehr als zur Friedcnszeit in Anspruch genommen. Die Gründung einer Konferenz Deutscher Evangelischer Arbeits organisationen. — Vertreter von einundzwanzig evangelischen Vereinen und Verbänden haben am 22. Februar in Berlin eine Konferenz Deut scher Evangelischer Arbeitsorganisationen gegründet, die folgendes Ziel verfolgt: »die größeren mit ihrer Arbeit über den Umkreis der ein zelnen Landeskirchen hinanSreichenden Vereinigungen, die deutsches evangelisches Leben in unserem Volke auf dem Wege praktischer Be tätigung zu wecken, zu fördern und zu vertiefen bestrebt sind, derart mit einander in Fühlung zu bringen, daß sie über ihr gedeihliches Zu sammenarbeiten an der Verwirklichung dieser Aufgabe in regelmäßig wiederkchrenden Verhandlungen Verständigung suchen«. An der Grün dung der Konferenz haben sich folgende Verbände und Vereine be teiligt: Zentralausschuß für Innere Mission, Deutsch-evangelische Mis sionshilfe, Deutsch-evangelischer Volksbund, Evangelischer Bund zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen, Evangelisch-kirch licher Hilfsverein, Evangelisch-sozialer Kongreß, Evangelischer Verein der Gustav-Adolf-Stiftnng, Freie kirchlich-soziale Konferenz, Konfe renz für evangelische Gemcindearbeit, Verband der deutsch-evangeli schen Pfarrvercine, Allgemeiner evangelisch-protestantischer Missions verein, Bund deutscher Jugcndvereine, Deutsch-Evangelischer Frauen bund, Deutsch-Evangelischer Verein zur Förderung der Sittlichkeit. Deutscher Evangelischer Missionsausschnß, Evangelischer Preßverband für Deutschland, Evangelischer Verband zur Pflege der weiblichen Ju gend Deutschlands, Generalkonferenz der evangelischen Diakonissen häuser, Gesamtverband evangelischer Arbeitervereine Deutschlands, Konferenz der Vorsteher der Brüderhäuser und Diakonenanstaltcn, Nationale Vereinigung der evangelischen Jünglingsbündnisse Deutsch lands. Zur Erledigung der Geschäfte der Konferenz wurde ein Ar beitsausschuß gebildet. Personalnachrichte». Jubiläen. Am 1. März begeht Herr Prokurist Max Costede in nie ermüdender Schaffenskraft und Arbeitsfreudigkeit die Wieder kehr des Tages, an dem er vor 25 Jahren in die hochangesehcne Ver lagsbuchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften August Hirsch wald in Berlin eintrat. Am gleichen Tage feiert Herr Bruno Schröter im Hause F. Volckmar in Leipzig sein 40jährigcs Jubiläum als Angestellter dieser Weltfirma. Der Jubilar, ein verdienter Beamter des HauscS. bekleidet eine Vertrauensstellung. Kriegsauszeichnung. — Herrn Robert Krön er, Inhaber der I. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart, der seit Kriegs beginn als Hauptmann d. L. eine Ersatz-Batterie führt, wurde von S. M. dem König von Württemberg das Wilhelms-Kreuz mit Schwer tern verliehen. Gestorben: am 26. Februar nach längerem Leiden der Teilhaber der Kgl. Sächs. Hofbuchhandlung H. Burdach in Dresden, Herr Hofbuch- händler Walther Lehmann im 39. Lebensjahre. Nachdem er eine dreijährige Lehrzeit in der Dieterich'schcn Buch handlung in Göttingen durchgemacht und dann als Gehilfe bei Misch L Thron in Brüssel gearbeitet hatte, trat er im Oktober 1899 ins väterliche Geschäft als Gehilfe ein. Im Januar 1903 wurde ihm Prokura erteilt, und seit 1. Juli 1912 war er Teilhaber. Dem jungen Berufsgcnossen nahte der Tod als Erlöser von monatelangcm, qual vollem Leiden. Die allgemeine Teilnahme wird sich dem bedauerns werten Vater zuwenden, der in seinem Sohne den treuen Helfer im Geschäft und die Stütze und Hoffnung seines Alters ins Grab sinken sieht; am 24. Januar plötzlich durch Schlaganfall auf der Fahrt im Kraftwagen nach dem Geschäft Herr John Alexander Hill, leitender Direktor der Hill Publishing Companq und der McGraw-Hill Book Co. in London, die unter der Firma Deutscher Hill Verlag G. m. b. H. in Berlin eine mit dem deut schen Buchhandel in Verbindung stehende Zweigniederlassung un terhielten. Der im Alter von fast 58 Jahren Verstorbene hatte, wie Publishers' Wcekly meldet, den Weg zum Verleger über den Setzerkastcn, die Ma schinenwerkstatt und den Schriftleiterstuhl gefunden. Mit einem Teil haber erwarb er den »American Machinist«, der den Grundstock der seinen Namen tragenden Gesellschaft bildet. Die-Zeitschrift fand auch in Deutschland großen Anklang, sodaß man sich zu einer deutschen Ausgabe entschloß. Der technische Buchvcrlag der Gesellschaft wird sowohl von den Wissenschaftlern als auch den Praktikern sehr hoch geschätzt. X. 228