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Die russische Literarkonverrtion mit Deutschland. — Nachstehende von Petersburg eingesandte Mitteilung wurde von vielen deutschenTageszeitungen abgedruckt. Sie lautet: Die deutsche Reichsregierung hat bekanntlich schon vor geraumer Zeit Unter handlungen mit dem russischen Ministerium des Äußern wegen eines Literaturvertrags zwischen beiden Reichen angebahnt. Eine beiderseits befriedigende Verständigung dürfte, wie nunmehr ver- lautet, keine weiteren Schwierigkeiten darbieten, wenn ihr die gleichen Grundsätze zugrunde gelegt würden, wie der bereits aus gearbeiteten Literaturübereinkunft mit Frankreich (vgl. Börsen blatt 1912, Nr. 144). Der Text dieses Vertrages ist das Ergebnis eingehender Beratungen und Arbeiten im russischen Justiz ministerium und in allen Übrigen beteiligten Abteilungen der Regierungen beider Länder, und seine Hauptpunkte waren über dies dem russischen Ministerrat unterbreitet und sind von diesem begutachtet. Der Inhalt des Vertrages ist also mit großer Vor sicht und sachgemäßem Ernste ausgearbeitet. Entschlösse sich das Deutsche Reich, den von Rußland festgesetzten Text des russisch-französischen Vertrages gleichfalls anzunehmen, so würde es, wie man hier vielfach betont, einer auch in Deutsch land wiederholt angewendeten und von der öffentlichen Meinung Europas unterstützten literarischen Übereinkunft bei treten. Diesen russischen Wünschen steht nun.frei!ich der deutsche Standpunkt gegenüber, der begreiflicherweise den Wortlaut des deutsch.russischen Schutzgesetzes in Einklang mit den übrigen deutschen Literaturverträgen zu bringen bemüht sein muß. Bei gutem Willen darf jedoch eine Überbrückung der mehr formellen als gegenständlichenStreitpunkte mit Bestimmtheit erwartet werden. Pariser internationales Abkomme« vom 4. Mai 1910 zur Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger «eröffent- lichuugen. — Das Österreichische Reichsgesetzblatt ver öffentlicht das von den Regierungsvertretern Deutschlands, Öster reich.Ungarns, Belgiens, Brasiliens, Dänemarks, Spaniens, der Vereinigten Staaten, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, der Niederlande, Portugals, Rußlands und der Schweiz in der Pariser Konferenz im Frühjahr 1910 getroffene Abkommen betreffend die Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen. Die wesentlichsten Bestimmungen dieses Vertrags sind bekanntlich folgende: Jede der vertragschließenden Regierungen verpflichtet sich, eine Behörde zu errichten oder zu bezeichnen, der es obliegt, alle Nachrichten zu sammeln, die die Ermittlung und die Bekämpfung unzüchtiger Schriften, Zeichnungen, Bilder oder Gegenstände betreffen und deren Tatbestandsmerkmale einen internationalen Charakter haben, und alle Nachrichten zu liefern, die geeignet sind, die Einfuhr solcher Veröffentlichungen oder Gegenstände zu hindern wie auch ihre Beschlagnahme zu sichern oder szu beschleunigen. Diese Behörde soll das Recht haben, mit der in jedem der anderen Vertragsstaaten errichteten gleichartigen Dienststelle un mittelbar zu verkehren. Jetzt soll nun auch in Wien eine Zentralstelle, wie sie das Abkommen vorsieht, zur Bekämpfung der Unzuchtliteratur in der Polizeidirektion errichtet werden. Ihre Tätigkeit soll nicht so sehr die Verfolgung des pornographischen Kleinbetriebes um- fassen, wie vielmehr jenen Verschleißern von Unzuchtschriften gelten, denen der Charakter der Jnternationalität beizumessen ist. Sie wird daher bedacht sein, sich in stetige Fühlung mit den entsprechenden Einrichtungen anderer Staaten zu setzen. So dürfte es für sie von Wichtigkeit sein, etwa die Flucht eines Wiener Autors von Unzuchtschriften, der sich, wie es öfter der Fall ist, nach dem Ausland gewendet hat, zur rechten Zeit zur Kenntnis der anderen Zentralstellen zu bringen. Dann soll das Augenmerk besonders auf solche Wiener Veröffentlichungen pornographischer Art gerichtet werden, deren Export und deren Verbreitung im Ausland zu befürchten ist. Papierhandel. — Soweit sie den Buchhandel interessieren, mögen aus dem kürzlich erschienenen »Jahresbericht der Handels kammer zu Leipzig für 1911« die Ausführungen über den Papier handel hier Platz finden: Die Besserung des Papier-Großhandels, die sich schon im Jahre 1910 bemerkbar gemacht hatte, hielt auch im Berichts jahre an. Der Geschäftsgang war befriedigend und hätte noch Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. günstigere Ergebnisse aufzuweisen gehabt, wenn nicht der lange andauernde Streik im Steindruckgewerbe und die Trocken heit bzw. der dadurch hervorgerufene Wassermangel in der Papierfabrikation hemmenden Einfluß gehabt hätten. Infolge ungünstiger Wasserverhältnisse lieferten einzelne Fabriken bisweilen unreine Ware und verlangten ungewöhnlich lange Liefer fristen. Es gelang dem Großhandel nur schwer, einige Mehr forderungen der Fabriken auf die Konsumenten abzuwälzen. Auch im Berichtsjahre versuchten einige Fabriken, den Großhandel auszuschalten. Nicht betroffen wurden von der Preissteigerung, obwohl die Rohstoffe auch für diese Sorten erhebliche Aufschläge erfahren haben, die holz freien Papiere. Die Gründe hierfür sind in der verbesserten Technik zu suchen. Unberührt von den Preisschwankungen blieben auch die Papiere für besondere Zwecke. Über den Verkauf im allgemeinen ist nur Gutes zu berichten. Die Bücherproduktion des deutschen Verlagsbuchhandels war wieder ganz erheblich. Die Unruhe in der allgemeinen politischen Lage wirkte durch die damit zusammenhängende literarische Produktion gleichfalls absatzfördernd, und schließlich räumten die Wahl kämpfe am Ende des Jahres gewaltig unter den Lagerbeständen an billigen Druck- und Plakatpapieren auf. Nicht ohne Einfluß auf den Großhandel war auch die allgemeine Hebung des Ge schmacks und die Freude an schönen Druckerzeugnissen, die neben den fortschrittlichen Verlagshäusern auch Handels- und Jndustrtesirmen immer mehr zu einer würdigen, zum Teil präch tigen Herstellung ihrer Kataloge und Geschäftspapiere veranlaßt. Der Absatz feiner und allerfeinster Druck-, Umschlag- und Schreib papiere ist dadurch erheblich gestiegen. Die Kreditverhältnisse waren nicht ungünstig. Das im graphischen Gewerbe, besonders auch im Verlagsbuchhandel, früher allgemein übliche Ostermeß ziel wird eigentlich nur noch von alten Verlagsfirmen gewöhn- heitsmäßig in Anspruch genommen, doch wurden vereinbarte kurze Ziele häufig um einige Monate überschritten. Die Aus sichten für das kommende Jahr werden günstig beurteilt. Man erwartet, daß die Preise für holzhaltige Stoffe zurückgehen werden, sobald wieder normale Fabrikationsverhältnisse ein- getreten sind. Der Großhandel mit Pappe und Packpapier hatte im Berichtsjahre, von einigen Ausnahmen abgesehen, einen steigenden Umsatz zu verzeichnen. Gleichwohl war das Ergebnis infolge der gedrückten Preise, der starken Konkurrenz und namentlich der Unterbietung durch auswärtige Großfirmen nicht das erwartete. Das im allgemeinen belebte Ge schäft hatte überdies durch den trockenen Sommer und den damit verbundenen Wassermangel unter langsamer Lieferung zu leiden. Geklagt wurde auch in den Berichten dieses Jahres über die Versuche der Fabriken, bzw. deren Vertreter, unter Um gehung des Großhandels unmittelbar an die Kundschaft heran zutreten. Selbst bei mittleren Objekten mußte man vielfach deshalb die Preise auf das äußerste bemessen. Graue und Halbweiße Buchbinder- sowie Packpappen stiegen im Gegensatz zu anderen Pappen nicht im Preise, da ihr Rohmaterial (Altpapier) in großen Posten angeboten wurde, doch fehlte auch hier das Betriebswasser zur rationellen Fabrikation und prompten Lieferung. In Lederpappen wurde ein guter Umsatz erzielt, jedoch nur in den besseren Qualitäten und infolge des großen Angebots zu gedrückten Preisen. Die Holzpappen.Vorräte der Fabriken wurden, weil Holzschliff mangelte, zur Papierfabrikation verkauft, so daß die Preise hierin beträchtlich stiegen. Die Wechselunterschrift mit Künstlernamen rechtsgültig. — Das preußische Kammergericht hat jetzt in einer bemerkens werten Entscheidung die Rechtsgültigkeit einer Wechselunterschrift, bei der ein Künstler nicht seinen bürgerlichen, sondern seinen Künstlernamen unterschreibt, anerkannt — in dem bekannten Falle Emmy Destinn war die Frage vor kurzem akut geworden. Das Reichsgericht hat über dieses Thema noch keine Entscheidung gefällt. Da bedeutet jetzt der Spruch des Kammergerichts die Erfüllung eines notwendigen praktischen Bedürfnisses, einen Verzicht auf den strengen Formalismus im Sinne einer freieren Auslegung des Gesetzes. Wie Landgerichts rat Ür. Schellhas in der »Deutschen Juristen-Zeitung« (Nr. 12 vom 16. Juni, Verlag von Otto Liebmann, Berlin) schreibt, betont da> 1014