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X- Ml, 23, September 1830, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn.Buchhandel. Nun ist dieser Lehrgang durch die vom 3. bis 9. August 1930 in Reichenberg durchgeführte zweite Woche zuin Abschluß gelaugt. Es ist für den Kursusleiter selbst mißlich zu berichten, da ja in jedem Bericht ein Werturteil mit verwoben wird. Dies läßt sich diesmal aber nicht vermeiden, da außenstehende kritische Beobachter nicht an wesend waren. Herrn Curt F e r n a u - Leipzig mit der Be richterstattung zu belasten, ging nicht an, da auch er nur an einem Kursustage anwesend war. Doch sei ihm auch an dieser Stelle aus- richtigst gedankt. Sein sehr wertvolles und aufschlußreiches Referat kann durch den Verein Leipziger Kommissionäre bezogen werden, der es in kluger Erkenntnis drucken ließ. Kann man überhaupt schon sagen, daß die Wünsche, die wir alle mit der Abhaltung dieses zweijährigen Lehrganges verfolgten, er füllt sind? Uber die internen Zusammenhänge, über Besserungs vorschläge und Ausbaumöglichkciten wirb von mir an einer anderen Stelle berichtet werden. Diese Fragen eignen sich nicht für die Be richterstattung in der breiten Öffentlichkeit, vielmehr will ich mich hier nur ganz kurz über das Prinzipielle dieser Angelegenheit verbreiten, zumal ja die Durchführung dieses Lehrganges nur durch die namhafte Unterstützung möglich war, die der Börsenverein der Deutschen Buchhändler dem Verbände bewilligt hat. Wie erinnerlich, teilte sich dieser Lehrgang in drei Teile. Es fand vom 3. bis 7. Juli 1929 eine Anfangswoche statt. Die Zwi schenzeit wurde ausgenutzt durch Fernunterricht, wozu die vom Bildungsausschuß herausgegebene Schrift Fuege-Quitzow, Der Sortimentslehrling, benutzt wurde. Die Woche vom 3. bis 9. August 1930 stellte den dritten Teil und damit gleichzeitig den Abschluß dar. Die Gegenüberstellung der beiden Programm- Wochen wird dem Kundigen bereits zeigen, welche weiteren Ziele uns vorschwebten. Das Programm der Woche 1929 lautete wie folgt: Montag: Auflockerungsgespräch: Warum wurdest Du Buchhändler? Schriftliche Wiedergabe des Auflockerungsgesprächs. — Von der Gliederung des Gesamtbuchhandels (Verlag, Sortiment, Kom missionär usw.). — Wo steht der Lehrbetrieb im Gesamtrahmen des Buchhandels? Dienstag: Von der Bibliographie. — Praktische Aufgaben in der Ge samtheit und gruppenweise. — Wie orientiere ich mich über die Strömungen der modernen Literatur? Mittwoch: Vortrag über buchhändlerische Werbung. — Besprechung von einzelnen Werbemitteln mit praktischen Übungen. Donnerstag: Schule und Buch. — Frau und Buch. (Anhand dieser beiden Themen sollte gezeigt werden, auf welche besonderen Mo mente der Buchhändler bei seiner Werbung achten muß.) Freitag: Schriftliche Wiedergabe des Donnerstags nach freier Wahl des Themas. — Durchbesprechung der schriftlichen Arbeiten. — Die Grenzen buchhändierischer Werbung. Sonnabend: Beruf und Berufung mit Schlußgespräch. Das Programm der Abschlußwoche war fol gendes: Sonntag: Gemeinsame Jause mit zwanglosem Wiederhineinfinden in den Kreis. Thema: Was brachte mir das letzte Jahr? Welche Arbeit (s. Fuege-Quitzow, Der Sortimentslehrling) ist mir noch unbekannt? Montag: Die geistigen Strömungen der Gegenwart. — Stellung von Autor, Buchhändler und Publikum. Dienstag: Buchhändlerische Käuferkunde. — Praktische Verkaufsge spräche. Mittwoch: Buchhändlerische Werbung. — Praktischer Aufbau von Schaufenstern. — Schaufensterwettbewerb der Teilnehmer. Donnerstag: Buchhandel und Presse. — Buchhandel und Bibliothek. — Buchhandel und Schule. — Besuch von Stiepel. Freitag: Der Leipziger Platz. Vortragender Herr Curt Fernau, Leipzig, 1. Vorsitzender des Vereins Leipziger Kommissio näre. — »Vom Gesamt-Organismus des Buchhandels«. Zwie gespräch zwischen Herrn Fernau und Herrn Theodor Marcus. Fragestunde. Sonnabend: Beruf und Berufung. Schlußgespräch. Zu diesem Programm sei wegen der pädagogischen Wirkung folgendes bemerkt. Das Programm weist eine absichtliche Drei teilung auf: Sonnta g—D ienstag : »Das Problemhafte des Buchhandels«, wenn man so etikettieren darf; Mittwo ch—F rei - tag: »Die Praxis«. Anhand der Tagesthemen sollte bewiesen wer den, daß es Theorie und Praxis nicht gibt. Diese Zweiteilung, die selbst ältere und erfahrene Menschen öfters vornehmen, läßt sie dann Schlüsse ziehen, die in ihrer Einseitigkeit oft ein schiefes Bild von dem wirklichen Sinn des Lebens geben. Gercrde im Buchhandel, wo alles von der geistigen Durchdenkung auch unbedeutender Ge schäftsvorgänge abhängt, kann nicht früh genug auf die Zusammen gehörigkeit der Geschehnisse hingewiesen werden. Das oben erwähnte Referat des Herrn Fernau war ein schlagender Beweis für die Rich- 920 tigkeit dieser Ansicht. Die sinngemäße Organisation des Leipziger Platzes zeigte auch dem Schwerfälligsten, was es bedeutet, ein Räder werk in Betrieb zu setzen und im Gang zu halten. Wäre nur immer Nationalisierung im deutschen Wirtschaftsleben so durchgeführt wor den wie im Leipziger Buchhandel, wir hätten heute weniger Mil lionen Arbeitslose. Der Sonnabend als Abschluß war rein unter die Devise: Mensch zu Menfch gestellt. Uber ihn zu berichten ist unmöglich. Wer aber die Jugend kennt, weiß, daß an einem der artigen Tage erst wirklich erkannt werden kann, ob man verstanden wurde. Von den 20 Teilnehmern der ersten Kursuswoche nahmen 13 an der zweiten Woche teil, ein Prozentsatz, der als durchaus be friedigend anzuerkennen ist, zumal man berücksichtigen muß, daß einige von den 7 abgesprungenen Teilnehmern bereits den Beruf gewechselt hatten. In einigen anderen Fällen kamen Verhältnisse bei der Lehrfirma in Frage, die eine Absendung des Lehrlings un möglich machten. Es wurde daher die Zahl der 13 Teilnehmer da durch aufgestillt, daß man 10 neuen Gehilfen und Lehrlingen die Teilnahme ermöglichte, nachdem man sich durch verschiedene schrift liche Vorarbeiten die Sicherheit verschafft hatte, daß diese neuen Teilnehmer durchaus in der Lage wären, auch die ordnungsgemäße Durchführung des Kursus zu ermöglichen. Es ist vorgesehen, daß auch nach der diesjährigen Woche die Lehrfirmen befragt werden sollen, inwieweit sie in der praktischen Tätigkeit eine Leistungs steigerung der Teilnehmer haben feststellen können. Es war nämlich nicht so, daß die 13, die wiederkamen, nur deshalb wiederkamen, weil es einmal vereinbart war, vielmehr kamen diese Teilnehmer sowohl aus freiem Willen zum Kursus wieder, wie auch die anmeldenden Lehrfirmen bereit waren, die Teilnehmer wieder zu entsenden, weil sie Leistungssteigerungen festgestellt hatten. Es ist wohl nicht belanglos, wenn ich erwähne, daß die 20 Teilnehmer folgende Berufsjahre absolviert hatten: 6 standen im 2., 12 im 3., je 1 im 4. und 5. Berufsjahr. Diese Einheitlichkeit der Berufsjahre erleichtert ganz wesentlich die Ausbil'dungsarbeit und bietet meiner Überzeugung nach ein bedeutendes Plus gegenüber anderen Ver anstaltungen; mildern doch die gleichen Berufsjahre manche andere Verschiedenheiten (Schule, Elternhaus, Lehrstelle usw.). Ohne im Augenblick schon ein abschließendes Urteil abgeben zu wollen, kann doch selbst bei skeptischer Einstellung gesagt werden, daß derartige Lehrgänge wie dieser zweijährige weiter versucht werden müssen. Die kontinuierliche Fortführung des einmal gefaßten Planes wird sich ermöglichen lassen, weil es ja im nächsten Jahr notwendig ist, den 10 Teilnehmern, die dieses Jahr erstmalig kamen, einen ab schließenden Kurs zu ermöglichen. Pädagogisch gesehen ist die Ein wirkung eine ungleich größere, wenn der Kursusleiter bereits einen Teil der Teilnehmer genau kennt, wenn er weih, wes Geistes Kind der einzelne ist und wenn er durch den Fernunterricht bereits unterscheiden gelernt hat, welche innere Berufsfreudigkeit beim einzelnen vorausgesetzt werden kann. Uber den Rahmen des Versuchs, des Einzelfalles hinaus er scheint mir aber diese Arbeit deshalb so wesentlich, weil sie auch Rückschlüsse zuläht für die weitere Ausgestaltung der Bildungsarbeit in Deutschland. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Es wäre grundfalsch, wenn anhand dieser kurzen Zeilen etwa angenommen würde, daß ich glaube, dieser Weg ist der allein richtige. Ich selbst habe ja in all den Jahren immer und immer wieder neu experimen tiert und so fasse ich das aus der Eigenart der Lage im Verbands gebiet Entstandene lediglich als einen Beitrag für die AUs - bildungsarbeit auf. Es ist überflüssig, an dieser Stelle zu betonen, daß die Ausbildungsarbeit für den Nachwuchs der deutschen Buchhandlungen in der Tschechoslowakei nicht nur eine buchhändle rische, sondern auch eine eminent kulturelle ist. Gerade deshalb möchte ich hoffen, daß diese. Arbeit, die dort von den Lehrchefs im weit größeren Maße gefördert wird wie im Reich, nicht einschläft, sondern immer weiter ausgebaut wird. Für die buchhändlerische Fachbibliothek. Alle für diese Rubrik bestimmten Einsendungen sind an die Schrift' leitung des Börsenblattes, Leipzig C 1, Gerichtsweg 26, Postschließ- fach 274/75 zu richten. Vorhergehende Liste s. 1930, Nr. 215. Bücher, Zeitschriften, Kataloge usw. ^lLackemiseber Verlaß vr. kritr ^Vvckelrinä L 6o., Stuttgart: Ver- lags-Verreiednm. 15 8. varlk. Zollamt Ambrosius, L-viprix: kdilosopkie, ?syedologie, Pädagogik. Uonatlieder Anreißer aller kleuersedeinungen ckes in- und ausländiseken küedermarlrtes 8orvie mit ausgewäblteu ^usrügen aus paedreitsedrikteu. 6. 3g. klr. 9.