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^ 321, 23. September 1830. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Neben dem Antiquariat errichtete Liebermann auch einen Verlag, besonders architektonischer und kunstgewerblicher Rich tung. Erweitert wurde der Verlag durch Übernahme bedeuten der Restbestände der I. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart, welche Verbindung er seinen freundschaftlichen Beziehungen zu dem Stuttgarter Buchhandel verdankte. Unter seinen Autoren waren bedeutende Männer, wie der Direktor der Kunstgewerbe- fchulc, Professor Hermann Götz, Professor Franz Sales Meyer, Professor vr. Marc Rosenberg, von denen ihn nur der Letzt genannte um wenige Tage überlebte, und viele andere. Mit den Jahren war das Bücherlager so angewachsen, daß keine Räume mehr gesündere wurden, um weitere Erwerbungen unterzubrin gen. Als das in der Kreuzstraße gelegene Magazin einem staatlichen Neubau weichen mußte, kaufte Liebcrmann, der bereits mit seinem Teilhaber Inhaber des Geschäftshauses am Markt platz war, das in der Kaiserstraße gelegene Gebäude der frü heren Hasperschen Druckerei, um darin sein Antiquariatslager unterzubringen. In der Nacht vom 2. zum 3. März 1908 (Fast- nachtdienstag auf Aschermittwoch) brach in dem Magazin ein Brand aus, der das ganze Istöckige Gebäude samt dem Bücher lager vernichtete. Die Inkunabeln, Holzschnittwerke, Wappen- und Turnierbücher waren darum seit alters her im feuerfesten Kassenschrank untergebracht und dieser war oft so voll, daß kein Platz für die Geschäftsbücher mehr blieb. Der Großherzog von Baden hatte schon vor 25 Jahren Liebermann für seine Ver dienste um die badische Literatur den Titel Hofbuchhändler und das Ritterkreuz des badischen Ordens vom Zähringer Löwen verliehen. Nach über 50jähriger Tätigkeit als Antiquar, Pro kurist, Teilhaber und seit 1882 als Chef der Firma A. Bielefeldes Hosbuchhandlung hatte Gustav Liebermann am 1. Januar 1921 sein Geschäft an vr. Erich Cohn verkauft. Zahlreiche Buch händler und Antiquare verdanken Liebermann ihre Ausbildung. In erster Linie Jacques Rosenthal in München, Karl Geß in Konstanz, Wilh. August Müller in Basel und der Schreiber dieser Zeilen. Neben seiner Tätigkeit für sein Geschäft fand Gustav Lieber mann noch Zeit, für die Interessen des Buchhandels im allge meinen zu arbeiten. So war er eine lange Reihe von Jahren Vorsitzender des Badisch-Pfälzischen Buchhändlerverbandes, der ihn nach Niederlegung seines Amtes zum Ehrenvorsitzenden er nannte. In der Rcformbewegung im deutschen Buchhandel, be sonders in den Jahren 1887—89 entfaltete er eine emsige Tätig keit, als Pionier im vordersten Graben stehend. Die äußerst schwierigen Einzelunterhandlungen mit auswärtigen Mitglie dern zwangen ihn zu vielfachen Reisen im Lande, besonders vor der Ostermesse, sodaß die Abreise zur notwendigen Anwesenheit in Leipzig oft erst im allerletzten Zuge erfolgen konnte. Viele Jahre war er Vorstand im Süddeutschen Buchhändlerverein und erst bei der Generalversammlung im Juni 1925 legte er sein Amt nieder. Liebermann war außerdem noch im Vorstand des badischen Kunstvereins, im Vorstand des Kolonialvereins, im Vorstand der Karten-Kommission des badischen Schwarzwald vereins und Vorstand des Allstadt-Bürgervereins, außerdem Ehrenmitglied der Gesellschaft Eintracht. Soweit ihn die ge schäftliche Arbeit dazu kommen ließ, führte Gustav Liebermann ein glückliches Familienleben. Früh verlor er seine Frau, ein Sohn von ihm war badischer Pionier-Offizier. Regelmäßig besuchte Liebermann, selbst als er sich zur Ruhe zurückgezogen hatte, solange es ihm seine Gesundheit erlaubte, die Pfingsttagung des Badisch-Pfälzischen Buchhändlerverbandes in Stuttgart. Seine aufrechte große Gestalt mit dem kräftigen weißen Schnurrbart glich auffallend dem Grafen Zeppelin. Sein Bildnis in genau derselben Stellung, wie sich der Erfinder des Luftschiffes hatte photographieren lassen, schmückt die im Jahre 1925 erschienene Festschrift des Badisch-Pfälzischen Buchhändler verbandes. Einsam verlebte Liebermann, durch Krankheit an sein Haus gefesselt, die letzten Jahre seines Lebens. Die Herbstmonate fand er Linderung in Baden-Badens heilbringenden Quellen und an schmerzensfreien Tagen verbrachte er die Abende oft noch bis 918 nach Mitternacht im Freundeskreise. Es sind nicht mehr allzu viel Bcrussgenossen und Leser des Börsenblattes, die den Ver storbenen gekannt haben, deckt doch der grüne Rasen schon viele, die ihm ihre Ausbildung verdankten, wie den erst kürzlich ver storbenen Dr. Eugen Diederichs, den Antiquar Gottlob Heß in München, den Antiquar Adolf Weigel in Leipzig und den im Buchhandel unvergeßlichen Otto Petters in Heidelberg. Mit Liebermann ist einer der letzten Antiquare vom alten Schlage dahingcgangen. Er war ein Biedermann Und lebte seiner Pflicht, Wer diesen Ruhm gewann Stirbt selbst im Tode nicht. Dom amerikanischen Buchhandel. Von Egon Eisenhauer. Als im Frühjahr einige New Dorier Verlage fast gleichzeitig die überraschende Ankündigung erließen, sie würden zur Hebung ihres Umsatzes fernerhin ihre Romanneuheiten dem Publikum zu dem populären Einheitspreise von 1 ? anbieten (j. Nr. 147), sich dabei auch nicht auf die Buchhandlungen beschränken, sondern ver suchen, an das große Publikum durch Verwendung von Läden ver schiedener Branchen als Verkaufsstellen heranzukommen, wurde diese Mitteilung in der Öffentlichkeit zwar mit Befriedigung aus genommen. Doch die alten und konservativen Firmelt glaubten in diesem revolutionären Vorgehen besonders fortschrittlich ge sinnter Häuser deren Absicht zu erkennen, nämlich die Grün dung eines »Büchertrusts«. Die Kontroverse ist noch nicht völlig beigelegt, wenngleich das »Dollarbuch« nicht mehr in gleichem Maße den Zankapfel bildet. Die schon lange im Ver lagsgeschäft vorhandenen wirtschaftlichen Mißstände wurden durch die Erörterung besonders scharf beleuchtet und führende Fachleute kamen zu der Einsicht, daß die Lösung des Problems sich nur durch systematisches Studium der innerhalb der Branche bestehenden Verhältnisse erzielen lasse. Daraufhin kam cs im Juli zunächst zu der von fünf Verlagssirmen bewirkten Grün dung eines »Loot! Uudliskers' kssssrcb Institute«, welches dem Prospekt zufolge sich die Aufgabe stellt, bezüglich der den Buchhandel betreffenden Probleme nach innen und außen auf- llärend zu wirken. Die Mitglieder des Instituts erläuterten seine Aufgabe dahin, daß es als Dolmetscher zwischen Publikum und Buchhandel und umgekehrt wirken solle. DaS Institut (Adresse 730 kiktk Lvsuue) hat sich mit einer Kampagne gegen den 1 8-Roman eingesührt, der »einen wirt schaftlichen und kulturellen Fehler« bedeute. Zum Beweise der im Verlagsgeschäft möglichen nur geringen Gewinne hat das Institut Ziffern veröffentlicht, aus welchen hervorgeht, daß, falls der Verleger einen Originalroman in durchschnittlicher Auflage von 3270 Exemplaren veröffentlicht und ihm der Verkauf der ganzen Auslage gelingt, nach Abzug der Beträge für Druck, Pa pier, Einband, Umschlag, Druckplatten, Werbung und Handlungs unkosten unter Einrechnung der Abgabe an den Verfasser sowie der üblichen Rabatte von dem Ladenpreise von 8 2.50 je Exem plar nur ein reiner Nutzen von 6K Cents bzw. 2.7"/» für ihn übrigbleibt. Dazu gehen, wie es in der Veröffentlichung heißt, etwa 45?L der Romane nicht über eine erste Auflage hinaus, und die zweite und etwaige folgende Auflagen umfassen zumeist nur je 500 Exemplare. Die Gründung des erwähnten Instituts war augenscheinlich nur ein erster Versuch zur Besserung der Lage, denn jetzt hat sich die »national Lssoeiation ok Look l^ublisbers« mit den im Sorti mentsbuchhandel, im Buchbindergewerbe, in der Papierfabrika- tion und verwandten Zweigen bestehenden Vereinigungen zu sammengetan, um zur Erreichung des gleichen Zieles methodisch vorzugehen. Wie der Präsident der erstgenannten Gesellschaft, Edwards H. Mills, Leiter der Verlagssirma Longmans, Green L Co., bekanntgegeben hat, hat man gemeinsam einen Volkswirt- schaftler mit der Aufgabe betraut, den Buchhandel zum Gegen stand einer wissenschaftlichen Untersuchung zu machen, mit dem