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>Ä 291, 14. Dezember 1912. Nichtamtlicher Teil. «SrI-nil-u s. d. Dtjchn. «uchhandll. 18003 Nichtamtlicher Teil Verein Leipziger Musikalienhändler. Mitglieder-Versammlung am 4. Dezbr. 1912. Jahresbericht. Die allgemeine Geschäftslage im Berichtsjahre war nicht günstig. Die politischen Verhältnisse mögen nicht wenig dazu beigetragen haben. Das Sortiment verspürt fortgesetzt die unlautere Konkurrenz der Warenhäuser und kann schon mit Rücksicht hierauf des noch bestehenden Kundenrabatts nicht entraten. Besonders bemerkbar macht sich das bei der Schleu derei mit den sogenannten Operettenschlagern. Der Musikalienmarkt bot verschwindend wenig wirklich gut gehende neue Werke, und mit vielen der alten »Brotartikel«, so z. B. den Wagner-Klavierauszügen lohnte sich das Ge schäft nicht, wegen zu geringen Verleger-Rabatts; anderer seits bietet die billige Massenware auch nicht gerade viel Ver lockendes. — Die Begründung einer musikalischen Volksbiblio thek hier am Platze sei nur kurz vermerkt. Trotz der Sym pathie-Unterschriften einiger Musikalienhändler unter dem Auf ruf begegnen wir der Unternehmung mit großer Zurück haltung. Auffällig war der Wechsel der Geschäftslokale von Ver einsmitgliedern, er erklärt sich aber durch die ganz gewal tigen baulichen Veränderungen im Zentrum der Stadt und wohl auch teurere Ladenmieten. Den Markthelferstreik empfand der Musikalienhandel weniger als der Buchhandel; die großen und wichtigen Musikverlage sind ja jetzt wenigstens mit einem Auslieferungslager in Leipzig vertreten. über den Stand der Angelegenheit betreffend Kaufhaus Brühl und Warenhaus Gebr. Joske erfolgt besondere Aus sprache. Der Verein hatte den Tod der Mitglieder Maximilian Oelsner (s- 13. Febr.) und Bernhard Liebisch (s- 31. Aug.) zu beklagen, deren Andenken bei uns in Ehren fortbestehen wird. Beglückwünschen konnte der Vorstand Herrn Rob. Max Forberg zum 50jährigen Bestehen seiner Firma, desgl. die Herren Martin Sander und Otto Forberg zu ihren 25jährigen Geschäftsjubiläen. Die regelmäßigen zwanglosen Zusammenkünfte am 1. Mitt woch jeden Monats werden fleißig besucht und tragen reichlich dazu bei, sowohl den persönlichen, wie geschäftlichen Verkehr zu fördern, als auch vielfach aufklärend zu wirken. Der Stoff zur Aussprache und Unterhaltung war nie zu knapp, auch er freuten uns wiederholt auswärtige Kollegen, so in letzter Zeit Herr Wilhelm Graf von der Firma Simrock in Berlin, Herr Hüni von der Firma Hllni L Co. in Zürich mit ihrem ange nehmen und anregenden Besuch. Das Aufsuchen öffent licher Veranstaltungen, z. B. der Elektrotechnischen Ausstel lung im Sommer, auch einmal ein vergnügter Meßbummel, zum Studium der Volkskunst, wurde damit verbunden. Blicken wir auf das große Ganze, so müssen wir leider erkennen, daß der Verlag trotz aller Opfer und Liebesdienste von der Genossenschaft deutscher Tonsetzer völlig beiseite ge schoben wird, und wenn er sich nicht jetzt noch einmütig und ganz energisch ausrafft, so wird er auch bald aus der letzten Tschataldscha-Linie geworfen sein. Wie sehr die Lage wieder auf Kampf steht, ist aus einer soeben erfolgten Kundgebung der Ammre (Anstalt für mechanisch-musikalische Rechte) er sichtlich. Die Verleger haben bisher in der Ausführungsfrage die 6vr unter Hintansetzung ihrer eigenen Interessen unter stützt. Wenn aber jetzt die 61)1 dazu übergeht, ihre durch die Mithilfe der Verleger erworbene Macht zum Kampfe gegen dieselben zu verwenden, so ist dies eine schlechte Vergeltung für die Dienste, die sie noch in jüngster Zeit seitens der Ver leger, z. B. bei den Verhandlungen mit der Wiener Autoren gesellschaft und mit der Zoeiötö äss auteurs, eompositeurs et eckiteurs in Paris, sich hat leisten lassen. Erst in den letzten Tagen erschallte in Mustkhandel und Musikpflege der Ruf: Verleger, seid solidarisch! Deshalb auch heute! Werdet eins! Dann sind wir frei! dl. dl. Sitzungsbericht. Die gut besuchte Mitgliederversammlung begrüßt der Vorsitzende, Herr Max Merseburger, herzlich, insbesondere die »Weißen Raben« und Neuausgenommenen. Den vorgetragenen Jahresbericht in »Musikhandel und Musikpflege« zu veröffent lichen, schlägt Herr Ernst Eulenburg vor, was auch gutgeheißen wird mit der Feststellung, daß das auch früher schon stets ge schehen sei, leider manchmal verspätet, bedingt durch die Er scheinungsweise des Blattes, z. B. in Doppelnummern. Dem Kassenbericht nach standen ^ 435.50 Gesamtein nahmen, «kk 245.— Ausgaben (einschl. «« 200.— Prozetzkosten- beitrag) gegenüber. Das Vereinsvermögen beträgt in Effek ten -tk 2300.—. Das Amt der Kassenprüfer versahen die Her ren Adolf Hetz und Richard Leede, die die einstimmig erteilte Entlastung beantragten. Der Vorstand wird durch Zuruf in seiner Gesamtheit wiedergewählt und nimmt die Würde dankend an. Durch die Bekanntgabe bezüglicher Stellen aus dem Sitzungsberichte der Kommission zur Revision der Verkauss- bestimmungen des Vereins de- deutschen Musikalienhändler trug Herr vr. Astor wesentlicksizur Erläuterung der Rabatt frage bei. Die Behauptung, daß die Warenhäuser und dem Verein nicht angehörende Musiksortimenter offen, manche andere im geheimen schleudern, konnte nicht widerlegt werden. Der Vorsitzende wiederholte deshalb die schon vorm Jahre abgegebene Erklärung, daß der bisherige Kundenrabatt als Notventil gelten und bestehen bleiben müsse, um dem Sorti menter einen Ausgleich zu ermöglichen. Herr Richard Linne- mann empfiehlt noch recht genaue und ausführliche Beant wortung des Fragebogens, den die Kommission verschicken wird, was vom Vorstände durch Herrn Willibald Fritzsch unterstützt wurde. In den Stand des Prozesses gegen das Kaufhaus Brühl gibt die vorgelesene Berufungsschrift für die zweite Instanz des Dresdner Vertreters Rechtsanwalt Kloeppel Einblick. Die Klarheit und Allgemcinverständlichkeit fand den ungeteil- ten Beifall der Versammelten, welche wünschten, daß die Kri tik der reinen Vernunft und nicht die falsche Spitzfindigkeit obsiegen möchte. Ter für den 8. Dezember anberaumt ge wesene Termin vor dem Oberlandesgericht Dresden wurde, auf Anraten unseres hiesigen Beraters, des Herrn Rechtsan walts vr. Hillig, vertagt, weil ernstliche Verhandlungen zwi schen dem Kaufhaus Brühl und dem Börfenverein wegen An schlusses an diesen schweben. Die Vorbehalte allerdings, die daran geknüpft werden, muten etwas merkwürdig an. Herr Alfr. Hoffmann schlägt vor, die Berufungsschrift durch den Hinweis ergänzen zu lassen, daß es doch viele angeschlossene Warenhäuser gäbe, die den Musikalienhandel auf anständige Weise betreiben. Dem soll entsprochen werden! — In Ver bindung mit diesem Thema bemängelt Herr Paul Zschocher den Verkauf des Schlestngerschen Verlags durch die Waren häuser und weist darauf hin, daß zugleich mit dem Erscheinen des Herrn Birnbaum von der Firma Schlesinger hier am Platze auch deren Verlags-Artikel in den Warenhäusern aus getaucht seien. Die Herren vr. Astor und Richard Leede heben dagegen hervor, daß sich die Firma Schlesinger stets mit be müht habe, den Hintermann der Warenhaus-Lieferanten zu ermitteln. 2080»