Volltext Seite (XML)
16022 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Fettige Bücher. ^4 2SI, 14. Dezember 1»2. Neun Spalten im „Tag (Nr. 286) veröffentlicht Julius Hart über die soeben erschienenen Vierzeiler des Neuen Omar Khajjam drosch. 2 „H, 1.40 .-6 no„ 1.20 .chb bar; eleg. ged. 3 2 bar; (wenn aus beiliegendem Zettel bestellt bis zum 20. XII. mit 50"/») eines der wertvollsten Weihnachtsbücher für denkende Menschen. Von seinen geistvollen Aussührungen seien die folgenden im Auszug hier angeführt: „Reinkarniert spricht der alte Perser zu uns aus dem Munde eines neuen Omar Khajjam („Die Vierzeiler des neuen Omar Khajjam". Erste Sammlung: Mit schwarzen Segeln. Verlag «an Curt Hamel, Berlin-Charlottenbnrgs mit der Stimme unserer Zeit und neugewordener Weltanschauung, und sich stützend und berusend aus den Geist und die Geister der Naturphilosophie von heute, im besonderen der „Pragmatistenschule" der Gegenwart, der Ernst Mach, William James, Jacques Loeb, Vaihinger usw. Als Ver mächtnis und Erbe eines angeblich bereits verstorbenen unge nannten Dichters und Lebensweisen legt uns das Buch 184 Ge- dichtspriiche in der Form des Rubaj, der persischen Vierzeiler, in die Hand, doch diese 184 Sprüche sind nur eine erste Sammlung, eine Auslese aus den etwa tausend Sprüchen im Nachlaß unseres deutsche» Omar Khajjam. Aus den tiefe» dunkle» und vollen Töne» der mit großer lakonischer Sprachkunst behandelten, schars gemeißelte» und geprägte» Form spricht die Kraft echt dichterischen Schaucns, und unverkennbar ist, daß Altersweisheit, ein reifster, mit der Welt und mit sich völlig fertig gewordener Mensch hier fei» Testament „ns gibt, sei» Lcbensbekcnntnis ablegt, der durch alle Himmel und Höllen des Denkens hindnrchging und als ein großer Kämpfer, den Leib voller Narben und Wunden, befreit und versöhnt über die Tragikomödie unseres Daseins und Lebens hinblickt. Von dem alten persischen Omar Khajjam unterscheidet sich dieser neue deutsche Omar Khajjam aufs tiefste und wesentlichste. Der neue Khajjam weist selber darauf hin und hebt ihn hervor. Ganz unter „schwarzen Segeln" nur fährt sein Schiff, und seine zwecklose Welt der Fiktionen, des Wahnes und Nichts, der ver gehenden Formen, der lilauvaiso plsissvteris eines ewigen Lebens, — wo „wir nur eines Weltspuks flüchtige Gebärden sind", berührt doch am meisten uns wie die pessimistische Leibenswelt eines Schopenhauer und Buddha und ist voller Trauerflöre. Nur der Tod steht in ihr als der Gott der Götter aufgerichtet, und tn einem sehr schönen mächtigen Rubaj sagt uns der Dichter, wie er im Sternenbild des Orion den Sensenmann erblickte, und eine Zeichnung macht es uns deutlich, wie leicht diese Sternengruppc als Todesgestalt gesehen werden kann. Ergreifende Gedichte ruft der Weise seinem toten Weibe nach, der Tragödin und Heroine, „der letzten Künderin einer großen Zeit", von dem Wildenbruch an Litzmann als einem „königlichen Weibe" schrieb. Frei hat sich auch der neue Omar gemacht von allem Ruhmestrachten, lächelnd blickt er aus die „Mächtigen" herab, und daß er sich von ihrem Willen zur Macht erlöste, nur noch ein liebender und mitleidender Mensch sein will, das preist auch er als höchste» Daseinsgewivn. Dennoch kann man nur nicht sagen, daß über diesem unter schwarzen Segeln dahinztehenden Schiff gerade die Sonne aller Heiterkeiten leuchtet, das Lachen eines Welthumoristen aus ihm hervortönt und der Jubelrus einer höchsten Lebensfreude und Lebenstrunkenheit. Nur den Weinbecher hebt uns der neue Omar nicht entgegen, und sein Todesschiff ist nur nicht die rosen- umkränzte Zecherschenke des alten Khajjam. Sondern diese Welt der Fiktionen, deS Scheines und Wahnes, der Zweck- und Sinn losigkeiten ist gerade die ewig-alte, ewig dieselbe Bernunstwelt der zweiundsiebzig Religionen und Sekten, die Welt der Sünde, des Übels, die eben dem Menschen der alten Paradieseslehre zufolge zuteil wurde, als er die Frucht nicht vom Lebensbaum, sondern vom Erkcnntnisbaum pflückte, und damit den Tob in seine Welt brachte, sei» Leben in ein Sklavenleben umwandeltc und sinnlos- zwecklos, unsruchtbar stets nur unter Dornen und Disteln säte. Diese Welt des neuen Omar Khajjam ist also gerade nicht die wiedereroberte Paradieses-, Lust- und Frenden- welt des alten Persers, die Welt der seligen Zecher, neu wieder- anslcuchtend nur sllr diejenigen, welche sich eben von dem großen Vernunftwahn, dem Wahn der Sekten, Religionen und Wahrheitswissenschasten, allem Dogmen- und Kultenstreit und Lebe» unter Gesetzen erlösen und besreien konnte». Der radikale Kritizismus denkt zuletzt nur; wie alles Denken unfruchtbar, ist er kein Schöpfen und Dichten, und auch für ihm kommt's daraus an, zwischen einer dichtenden und einer erdichteten, fingierten Welt erst noch zu unterscheiden. Doch im Nachlaß unseres Weifen ruhen ja noch einige hundert Vierzeiler. In ihnen leuchtet vielleicht auch die Beltseligkeit aus, erklingt das Lachen, von dem er spricht, und das nicht mir ein Lachen ist über eine Welt des Wahnsinns, der Loren und Narren. In seinem Spruchbuch tönt so viel Mächtiges, Großes und Schönes, daß man nur ungeduldig sagen kan» „Mehr"! Und wenn dieses Mehr auch ein Mehr ist als nur radikaler Kritizismus, in dem der Kritiker zum Dichter aussteigt, welcher die siktive Welt sich zu einer doch'ganz und gar wirklichen Welt wieder machen kann, dann leuchtet die altpersische Khajjam- und Rumi-Weisheit von dem weltschöpferischcn Menschen, dem Gott- Dichter erst ans als echte und wahre Glücks- und Paradieses botschaft." Über die Bedeutung dieses bedeutenden Buches haben sich bereits vor der Herausgabe vier ganz hervorragende Männer der Wissenschaft und Führer unserer Zeit anerkennend geäußert (siehe Börsenblatt Nr. 270): Geheimrat Professor vr. Hans Vaihinger Geheimrat Professor vr. Wilhelm Ostwald Professor vr. Ludwig Stein Walter Schulte vom Brühl Jeder Gebildete ist Käufers — Wenn auf beiliegendem Zettel bestellt brosch. und geb. mit 50°/„. — - Prospekte für das Publikum gratis — Auslieferung nur in Leipzig kinch Rcbert Hosfmaun. Berlin Charlottenburg. Curt Hamel, Wihlebenstr. 32 Abt. Buchverlag