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1 6008 Hörjenblau f. d Ltschn. vuchhanbe. Nichtamtlicher Teil. 291, 14. Dezember 1912. von dort die Weisung an die Oberpostdirektion Dortmund, bis zur Klärung der Lache von allen Maßnahmen Abstand zu nehmen. Es sei ausdrücklich festgestellt: 1. die Wochenschrift ist unpolitisch, unterliegt also an sich nicht dem Postzwang, 2. die einzelnen Zeitungsexemplare sind nicht adressiert soder sonstwie kenntlich gemacht), die Einzelempfänger sind dem Perlag überhaupt nicht bekannt, 3. der Adressat besorgt die Verteilung und Verrechnung auf eigene Rechnung. Der in Frage kommende Artikel 3 betrifft bekanntlich die Ein schränkung der Tätigkeit der Privatpostaustalten im weitesten Sinne. Eine Verletzung des Postzwangs wird von den Postbehörden nicht behauptet. Der Satz im Schreiben der Oberpostdirektion Dortmund »unter eine m Umschlag mit der Aufschrift bestimmter Empfänger« soll offenbar besagen, jede einzelne Zeitungsnummer sei mit Adressen versehen gewesen. Diese Behauptung ist irrtümlich; doch nicht so sehr darauf kommt es an, sondern: Warum soll die Bei gabe der Prospekte in die — angeblich adressierten — Einzelnummern unstatthaft gewesen sein, wenn die Versendung der — angeblich adressierten — Einzelnummern für sich allein nicht unstatthaft mar? Denn nur die Prospekt beilage wird ja beanstandet. Diese Auslegung ist um so bemerkenswerter, als sie von zwei Oberpostdirektioncn ausdrücklich anerkannt ist. Eine endgültige Entscheidung des Neichspostamtes steht ja noch aus. Gerade deshalb wäre es für den Zeitungs- und Zeitschriften verlag von größter Bedeutung, die Frage juristisch und praktisch schon jetzt beleuchtet zu seheu. Die hier vorausgegangene Inter pretation wäre von geradezu ungeheurer Tragweite. Dortmund, 29. November 1912. Kaiserliche Ober-Postdirektivu. IV 1. Es ist wahrgenommeu worden, daß Sie Neklamedrucksacheu der Firma vr. Arthur Erhard G. m. b. H. in Berlin W 35 ge meinsam mit der Nummer 47 der in Ihrem Verlage erscheinenden Zeitschrift »Liboriusblatt« unter einem Umschläge mit der Aufschrift bestimmter Empfänger versandt haben. Nach den ob waltenden Umständen, die das dortige Postamt im Aufträge der Oberpostdirektion mündlich mit Ihnen erörtert hat, verstößt die Versendung solcher Sammelörucksachen gegen Artikel 3 des Ge setzes betr. einige Änderungen von Bestimmungen über das Post wesen vom 20. Dezember 1899 (N.-G.-Bl. S. 715). Sie werden deshalb hiermit auf die Unzulässigkeit des Ver fahrens hingewiesen und ersucht, die für die beanstandete Ver sendungsart verantwortlichen Personen Ihrer Firma darauf auf merksam zu machen. Falls das Verfahren trotzdem nicht einge stellt werden sollte, müßte bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verletzung des bezeichnten Artikels 3 des Gesetzes erstattet werden. (gez.) I. V. Eden. An die Firma Brcer L Thiemanu in Hamm (Wests.). Es ist nicht das erste Mal, daß die Postbehörden dem unten stehend mitgeteilten 8 3 des Gesetzes betr. einige Änderungen von Bestimmungen über das Postwesen vom 20. Dezember 1899*) eine *) Artikel 3: Anstalten zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder Verteilung von unverschlossenen Briefen, Kar ten, Drucksachen und Warenproben, die mit der Aufschrift bestimm ter Empfänger versehen sind, dürfen vom 1. April 1900 ab nicht betrieben werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 1500 oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft. Abgesehen von den bezeichneten Anstalten ist die gewerbsmäßige oder nicht gewerbsmäßige Beförderung von unverschlossenen poli tischen Zeitungen innerhalb der Gemeindegrenzen eines Ortes, ins besondere auch wenn sie durch die Post oder durch Expreßboten dorthin befördert wurden, jedermann gestattet, auch an Sonn- und Feiertagen während der Stunden, in denen die Kaiserliche Post be stellt. Auslegung geben, die weder mit dem Wortlaut, noch mit dem Sinne ! dieses Paragraphen in Einklang zu bringen ist. Denn nur um die Auslegung dieser postalischen Bestimmung handelt es sich, da die . Zulässigkeit des Prospekts als Zeitungsbeilage an sich nicht ! bestritten wird. Der Prospekt ist aber in diesem Falle überhaupt kein Ding an sich, sondern als Teil der Zeitschrift, nämlich als »außergewöhnliche« Beilage (im Gegensatz zu den »gewöhnlichen« Beilagen, Nebenblättern oder Zeitungszugaben) anzusehen, für die in diesem Zusammenhänge ja auch eine preßgesetzliche Haftung des Verlags besteht. Man wird daher die Auslegung der Postbehörden als abwegig bezeichnen müssen, da nicht die Prospekte von dem Ver lage kollektiv versandt werden, sondern die betreffenden Zeitungs- uummern. Für die Anwendung des 8 3 des infragestehenden Ge setzes fehlt es aber auch insofern an der Voraussetzung, als weder die einzelnen Prospekte noch die betreffenden Zeitungsnummern »mit der Aufschrift bestimmter Empfänger versehen sind«. Was das Gesetz mit dieser Bestimmung hat treffen wollen: die Fern haltung privater Konkurrenz, kann nicht in Frage kommen, solange der Versand mehrerer Zeitungsnummern unter einer Adresse so wenig verboten ist wie das Beilegen von Prospekten in die einzelnen Nummern. Red. Nationalgefühl, Deutschtum und kein Ende?) <Bgl. Nr. 2S8, 274 u. 287.» Die »Erwiderung« des »Kieler Schriftbundes Deutscher Hoch schullehrer« auf meine gegen Herrn Ruprecht gerichtete Erklä rung vom 5. November zwingt mich zu einer kurzen Verteidigung meines »Tones«. Ich gebe gerne zu, nicht zu den Säuselfritzen zu gehören. Aber daß mein Ton so graulich sei, daß man darauf nicht erwidern könne, muß ich heiter bestreiten. Wer so empfindlich ist, wird wohl überhaupt nie erwidern können. Ich muß nun »zur Sache« leider mich wiederholen: Ich kün digte einen »Faust« in Antiqua an. Darauf griffen mich Herr Walter Weichardt im Bücherwurcki und nach ihm Herr Ruprecht im Börsenblatt an unter der lieblichen Spitzmarke, die auch diese Notiz krönt: mau stritt mir ganz einfach das »Nationalgefühl« ab, und unter diesem Titel ging bis heute der ganze Streit! Ja, bitte: hört denn da nicht einfach alles auf, bei diesem »Tone«? Ist es nicht einfach ein ganz erheblich schlimmerer »Ton«, wenn man jemanden sozusagen aus der Nation ausschließen will, als wenn ich einer Schar von tausend Professoren, die durch die Anzahl ihrer Stimmen einen von mir als National gut empfundenen Schatz vernichten wollen, protestierend entgegen halte, daß wir uns nicht »schulmeistern« lassen wollen? Und ist denn die Zumutung, unsere Überzeugung der Autorität zu beugen, die durch Stellung und Zahl der Hochschullehrer betont wurde, nicht genau das, was wir unter »schulmeistern« gemeinhin verstehen? Ist sie nicht typisch »schulmeisterlich«, diese eifernde Art auf der einen und die pedantische auf der anderen Seite, wie hier durch ein Massen de kr et eine ästhetische Frage in eine »nationale« ver wandelt und dadurch der Parteimacht unterworfen werden soll, und wie uns einfach vorgeschrieben wird, was wir jetzt für schön und richtig und national zu halten haben und was nicht? Der Herr Lehrer spricht mir das N a t i o n a l g e f ü h l ab, weil ich tat, was ich nach ehrlicher Prüfung für richtig hielt, und ich er widere ihm, daß ich es ablehne, mich schulmeistern zu lassen. Wer von uns beiden hat da den böseren »Ton« geredet? Zur Sache einen Vorschlag zum Guten: Wie wäre es, die ganze Frage noch auf achtzehn Monate zu vertagen und dann auf der Bugra an der Hand von Beispielen, von guten und schlechten Anwendungen aller der verschiedenen Schriften zu deut schen und ausländischen Zwecken sich allerseits die ganze Geschichte noch einmal zu überlegen? Vielleicht heißt die Frage dann nicht mehr »Fraktur oder Antiqua?«, sondern »Deutsche oder fremde Antiqua und deutsche oder fremde Bruchschriften?«, hauptsächlich aber: »Gute oder schlechte Schriftanwendung?«. Das ewige Schreiben und Reden ist nur ein Hcrumkrauchen um deu heißen Brei: Ein jeder wirke durch seine Erzeugnisse selbst! München. Hans von Weber. *) Nationalgefühl und Deutschtum sollen kein Ende finden, aber mit diesen Auseinandersetzungen möchten wir nunmehr doch Schluß machen. Red.