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602 Vörse«bl»t1 f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 11. 15. Januar 1912. die Steuerbehörden in Preußen bereits mit den Vorarbeiten für die Steuerveranlagung für dieses Jahr begonnen haben und die Steuerpflichtigen zur Abgabe von Steuererklärungen verbun den sind, wird es nicht unangebracht fein, dieses Thema in etwas ausführlicher Weise zu behandeln und darin in theore tischen Ausführungen und an praktischen Beispielen besonders zu zeigen, wie das steuerpflichtige Einkommen aus Handel und Gewerbe zu berechnen ist. Da man ohne Kenntnis der ein schlägigen Vorschriften des Einkommensteuer-Gesetzes eine Steuererklärung nicht gut abgeben kann, sei hier zunächst ein Auszug der wichtigsten Bestimmungen wiedergegeben, wobei bemerkt sei, daß den nachfolgendeil Ausführungen das preu ßische Einkommensteuer-Gesetz zugrunde gelegt ist. Die Steuer gesetze der anderen deutschen Staaten weichen aber von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht sehr ab, jedenfalls sind etwaige Abweichungen leicht selbst festzustellen. 2. bei Einkommen aus Grundvermögen : Welche Grund stücke der Steuerpflichtige durch Verpachtung, eigene Be wirtschaftung, Vermietung oder als Wohnung für sich und seine Familie nützt. Handelsgeschäft oder Gewerbe der Steuerpflichtige betreibt. 4. bei gewinnbringender Beschäftigung (Beruf): Welche Tätigkeit der Steuerpflichtige ausübt. Ermittelung des Roheinkommens und Abzüge davon. nächst das Noheinkommen. Um das steuerpflichtige Einkommen zu ermit teln, find abzuziehen die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Ertrags (Werbungskosten oder Geschäftsunkosten). Was Betrachten wir nun zunächst, was zu den obigen vier Einkommens quellen im einzelnen zu rechnen ist. Zu dem Einkommen aus Kapitalvermögen Zinsen, Ausbeuten und sonstige Gewinnanteile von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, stillen Gesellschaften, Komman ditgesellschaften auf Aktien, vereinnahmte^Gewinne aus zu S^ekulations- Das Einkommen aus Grundvermögen umfaßt die Beträge sämtlicher Grundstücke, welche dem Steuerpflichtigen eigentümlich gehören oder aus denen ihm infolge von Berechtigungen irgendwelcher Art ein Einkommen zufließt. Bei verpachteten oder vermieteten Grundstücken gilt als Einkommen der jährliche Pachtzins bzw. der Jahres-Mietszins des letztvergangenen Kalenderjahres. Für vom Eigentümer selbst benutzte Gebäude oder Räume, z.B. die eigene Wohnung, ist derMietswert zu berechnen; außer Ansatz bleibt der Mietswert solcher vom Eigentümer zu einem gewerb lichen Betriebe benutzten Gebäude oder Räume, deren Nutzungswert in dem Einkommen aus Gewerbebetrieb enthalten ist. Vom Mietsertrage sind in Abzug zu bringen Einkommen aus Handel und Gewerbe. Als Einkommen aus Handel und Gewerbe ist der Geschäftsgewinn anzusehen. Für dessen Berechnung und Schätzung gilt folgendes: 1. Die Zinsen des im Handels- und Gewerbebetrieb angelegten eigenen Kapitals des Steuerpflichtigen sind als Teile des Geschäfts- geminnes zu betrachten. Dies trifft namentlich auf die zum Betriebs kapital eines kaufmännischen Geschäfts oder sonstigen gewerblichen Be triebes gehörigen Wertpapiere sowie auf die Forderungen zu, welche im Geschäftsverkehr der Gewerbetreibenden entstehen. 2. Der von einer offenen Handelsgesellschaft oder einer anderen Erwerbsgesellschaft erzielte Geschäftsgewinn ist den einzelnen Teil- auf das Grundkapital gemachten Einlagen. 4. Der Gewinn aus den zu Spekulationszwecken abgeschlossenen Geschäften, abzüglich etwaiger Verluste aus derartigen Geschäften, und und Vorteile irgendwelcher Art. Hierzu gehören u. a. das Gehalt, der Lohn und Arbeitsverdienst der Handlungs- und Gewerbegehilfen, der Handarbeiter und Dienstboten, ferner auch der Gewinn aus der Tätigkeit als Schriftsteller, Privatlehrer, als Aufsichtsrat bei Aktiengesellschaften, sowie aus jeder persönlichen Tätigkeit, welche nicht als selbständiger Betrieb von Handel und Gewerbe anzusehen ist. Auch Tantiemen, Gratifikationen, Honorare, Gebühren zählen unter diesen Abschnitt. Alle Bezüge werden nach dem Ergebnis des letztvergangenen Kalenderjahres angesetzt. ^Das Einkommen aus Rechten auf pe^riodisck^e Hebungen und Vorteile Erträge aus derartigen Vermögen seinem eigenen Einkommen gutzu rechnen. Nach dem Gesetz steht dem Vater und nach dessen Tode der Mutter die Nutznießung an dem Vermögen der Kinder bis zur Groß jährigkeit zu. Der Verdienst der Kinder durch Arbeit oder ein Erwerbsgeschäft ist dem Einkommen des Vaters nicht anzurechnen. Was nicht als steuerpflichtiges Einkommen an- zusehen i st. Außerordentliche Einnahmen aus Erbschaften, Schenkungen, Lebensversicherungen, aus den nicht gewerbsmäßig oder zu Spekulations zwecken unternommenen Verkäufen von Grundstücken und ähnliche Er werbungen gelten nicht als steuerpflichtiges Einkommen, sondern als Vermehrung des Stammvermögens und kommen ebenso wie Verminde rung des Stammvermögens nur insofern in Betracht, als die Erträge des letzteren dadurch vermehrt oder vermindert werden.