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13104 Börsenblatt f. d. »tschu. vuqhandel. Nichtamtlicher Teil. 236. 9. Oktober 1912. ständen, die auf einen Kunstwert Anspruch machen können, sofern sie über 100 Jahre alt sind. Zollpflichtig sind alle anderen Kunstwerke, also in der Haupt sache die modernen Gemälde und Skulpturen. In der nachstehenden Tabelle ist die Einfuhr der drei letzten Jahre nach der Zolleinteilung zusammengestellt. 1910 1911 1912 r r r Kunstwerke amerikanischer Künstler, tm Ausland hergestellt <zollfret> . . . 753 396 84V 568 880 554 Kunstwerke, die über 28 Jahrcaltsind (zollfrei) 18 834 131 20 264 115 34 250 005 Alle anderen Kunstwerke (zollpflichtig) 1 701193 1 591167 1 042 036 Zusammen 21 088 720 22 495 842 36 092 595 Die Gesamteinfuhr zollfreier und zollpflichtiger Kunstwerke verteilte sich auf die verschiedenen ErzeugungS länder wie folgt: 1910 1911 1912 r » S England . 8 883 002 7 142 788 15 216 303 Frankreich . 9 500 821 11 327 315 17 088 388 Deutschland 987 803 1 210 256 1 254 088 Italien . 678 847 972 738 748 592 Kanada 305 755 589 468 784 944 Eine Statistik, die zeigt, wie groß die Beteiligung der einzelnen Erzeugungsländer in den drei Gruppen der Kunstwerke ist, liegt zurzeit nur für die Jahre 1910 und 1911 vor. Die Zu sammenstellung ergibt folgendes Bild: Kunstwerke von amer. Altere Moderne Künstlern im Ausland Kunstwerke Kunstwerke 1910 1911 1910 1911 1918 1911 Wert in 1000 Dollar Frankreich . . 466 348 8 441 10 582 594 397 England . 141 113 8 250 6 805 472 224 Deutschland . 50 37 803 1023 133 151 Italien . . . 60 95 335 583 288 295 Spanien 1 2 80 158 9 369 Kanada . . 3 6 284 534 18 50. Die Einfuhr von Kunstwerken, die von amerikanischen K ü n st l e r n im Ausland hergestellt sind, bedarf einer beson deren Besprechung nicht. Auffallend ist die Vermehrung der Einfuhr der zollfreien älteren Kunstwerke. Diese Einfuhr hat im Jahre 1912 den erstaunlichen Wert von 34 250 005 K erreicht und ist innerhalb der letzten zwölf Monate um 68°/, gestiegen. In den drei Jahren, die seit dem Inkrafttreten der neuen Zollbestimmnngen (6. August 1909) vergangen sind, wurden zollfreie Knnstgegenstände im Gesamtwert von rund 73 150 000 8 oder von reichlich 307 Millionen eingc- fiihrt. Wie aus den Tabellen ersichtlich, sind in der Hauptsache nur Frankreich und England an diesem Handel beteiligt. Es dürften aus Frankreich etwa für 36 Millionen 8 nnd aus England etwa für 28 Millionen 8 an Kunstgegenständen nach den Vereinigten Staaten verkauft worden sein. Welchen Anteil an diesem Handel die Ge mälde, Agnarclle, Zeichnungen und Skulpturen haben, läßt sich zahlenmäßig nicht seststcllen. Nach sachverständiger Schätzung dürfte der größere Teil der zollfreien Einfuhr älterer Kunstwerke ans kunstgewerblichen Gegenständen, die einen Kunstwert haben und über 100 Jahre alt sind, bestehen. Vornehmlich kommen in Be tracht alte Porzellane, Gebrauchs- nnd Schmnckgcgenstände ans edlen und unedlen Metallen, Schnitzereien, Glas, Gobelins, echte Spitzen nnd ähnliche Gegenstände. Bemerkenswert ist das Verhältnis zwischen den großen Summen, die für ältere Kunstgegenstände ansgegeben worden sind, und den geringen Werten der Einfuhr von modernen Kunst werken, die stetig zurückgegangen ist. Der Wert der Einfuhr moderner Kunstwerke betrug 1912 nur 1 042 036 8: er hat um 35°/, abgenommen. Man kann annehmen, daß in dem Verhältnis der Anteile der verschiedenen Länder an der Einfuhr moderner Kunst werke wesentliche Veränderungen nur bei Spanien vorgekommen sind, dessen Ausfuhr von Kunstwerken nach den Vereinigten Staaten sehr schwankend ist. (Bericht des .Handelssachverständigen beim Kaiser!. General konsulat in New Nork vom 29. August 1912 in den Nachr. f. Handel, Industrie etc.) 8k. Ein Bibliothekenmarder. Urteil des Reichsgerichts vom 7. Oktober 1912. (Nachdruck verboten.) — In den Jahren 1908 bis 1911 waren aus der Bibliothek der Königlichen Regierung zu Trier, ebenso aus der Handbibliothek eines Geheimrats, die sich in dessen Amtszimmer befand, fortwährend Bücher verschwunden, ohne daß man des Täters habhaft werden konnte. Auf mehrmalige Rundfrage des Regierungspräsidenten verneinten sämtliche Be amten, im Besitz der Bücher zu sein. Eines Tages beobachtete ein Beamter den Regierungssupernnmerar Franz .Hassenmüller, wie er aus der Handbibliothek ohne Erlaubnis ein Bürgerliches Gesetzbuch herausholtc. Es wurde daraufhin bei .Hassenmüller eine Unter suchung eingeleitet, bei der auch zwölf der Regierung gehörige Bücher anfgefunden wurden. Am 3. Mai 1912 verurteilte das Landgericht Trier den untreuen Beamten zu 200 ^ Geldstrafe. H. legte dagegen Revision beim Reichsgericht ein wegen Verletzung formeller Rechtsnormen. Der höchste Gerichtshof verwarf jedoch, dem Anträge des Neichsanwalts gemäß, die Revision als un begründet. (Aktenzeichen IO 728/12.) Personalnachrichteu. Jakob Minor s. — Am 7. Oktober ist, nach einer Meldung der »Neuen Freien Presse«, der Univcrsitätsprofessor Hofrat vr. Jakob Minor im 58. Lebensjahre an Herzlähmung gestorben. Jakob Minor wurde am 15. April 1855 in Wien geboren. In seiner Vater stadt und in Berlin widmete er sich germanistischen und literatur geschichtlichen Studien, 1880 habilitierte er sich an der Wiener Uni versität, 1884 folgte er einem Rufe an die Universität Prag als außerordentlicher Professor der deutschen Sprache und Literatur, schon ein Jahr darauf ging er in gleicher Eigenschaft nach Wien, wo ihm 1888 eine ordentliche Professur übertragen wurde. Von seinen zahlreichen Schriften seien nur genannt: »Studien zur Goethephilologie« (mit A. Sauer, 1880), »Die Schicksalstragödie in ihren Hauptvertretern« (1883), »Schiller, sein Leben und seine Werke« (2 Bde., 1890), »Goethes Faust (1. Teil) Entstehungs geschichte nnd Erklärung« (2 Bde., 1901). Auch gab er Werke von Friedrich und A. W. Schlegel, Arnim, Brentano, Tieck, Novalis u. a., sowie einige Bände in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur« und das »8peeulum vitae kumanae« des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol (1889) heraus. Sprechsaal. Mein Buchhändler. <VgI. Nr. 228.) Die Verfasserin des Aufsatzes »Mein Buchhändler«, abgedrnckt im Börsenblatt vom 26. September, hat sicherlich allen Grund, mit ihrem Buchhändler zufrieden zu sein, daß sie aber den wahren Grund für seinen geschäftlichen Zusammenbruch gefunden hat, er scheint mir mehr als fraglich. Sic hat zweifellos recht, daß der Deutsche im allgemeinen ein schlechter Bücherkänfer ist, und es ist nur dankenswert, daß sie in einem Blatt wie »Der Türmer« von neuem auf diese bedauerns werte Tatsache hinmeist. Es kann denen, die es angeht, nicht oft genug gesagt werden, daß es Anstandspflicht jedes Gebildeten ist, auch eine seinen Verhältnissen entsprechende Bücherei sein eigen nennen zu können. Vielleicht bringen diese Mahnrufe mit der Zeit Besserung und dem Buchhandel erhöhten Umsatz: nur fürchte ich, daß der Buchhändler von heute sich noch keinen allzu großen Illusionen hingeben darf. Die geringe Kauflust des deutschen Publikums mag mit schuld an dem Zusammenbruch der Firma N. sein: ob dies aber der Hauptgrund ist? Ich glaube es nicht. Ein Buchhändler, der einen Kredit »dehnbar wie Kautschuk« einräumt, der n i e Paket porto berechnet, mag ein nobler Buchhändler sein, sicherlich aber kein »nobler Kaufmann«! Es klingt ja sehr schön, »Kulturträger« genannt zu werden, nur schade, daß man hiervon nnd von Idealen allein schlecht leben kann. Fort mit dem langen Kredit, fort mit jeglichem Ra batt! Mehr kaufmännischen Geist in manchen alten Bnchhändler- laden! Dann wird auch bei uns vieles besser und gesünder werden, und mancher, der schon glaubte, seinen Beruf an den Nagel hängen zu müssen, wird sehen, daß der kaufmännisch geleitete Buchhandel auch heute noch seinen Mann ernährt. Berlin. Ernst Schm er fahl i. Fa. Simon Schropp'sche Landkarten-Handlnug.